Museumsquartier – Hauptstadt-Brief #432
Donnerstag, 27. Februar 2024 – die Themen: Neubau Alpines Museum; Literaturkritik; Bern in Bildern; Poesie; Kantonswahlen und Zehendermätteli.
Die Burgergemeinde Bern ist bereit, Dutzende Millionen Franken zu investieren, um dem erfolgreichen, aber in seinem heutigen Gebäude eingeengten Alpinen Museum einen Neubau im Kirchenfeld zu ermöglichen. Diese Neuigkeit hat die «Hauptstadt» am Dienstag öffentlich gemacht, nachdem sie Burgerratspräsident Bruno Wild am Vorabend im Burgerparlament kundgetan hatte.
Die generöse Geste der Burgergemeinde lässt die bisher eher schleppenden Bemühungen für ein Berner Museumsquartier plötzlich in etwas anderem Licht erscheinen. Es bewegt sich doch etwas.
Klar, schon sind sechs Jahre vergangen, seit sich Bern mit einer Machbarkeitsstudie in die erste Liga der europäischen Museumslandschaft katapultieren wollte. Wo die sichtbaren Veränderungen bleiben, mag sich jedoch die eine oder andere Stadtbewohnerin fragen, wenn sie den Helvetiaplatz überquert.
Statt mit der grossen Kelle wie beim grossen Bruder in Wien richtet Bern eher in homöopathischen Dosen an: Ein Pavillon, ein provisorischer Museumsgarten und eine Vereinsküche waren bis jetzt die bescheidenen Aushängeschilder.
Der «durchlässige, urbane Kulturraum» von elf im Kirchenfeld ansässigen Kultur- und Bildungsinstitutionen zwischen Helvetiaplatz und Kirchenfeldstrasse lebte bisher nur in der Ankündigung.
Doch nun läutet das Berner MQ die «Realisationsphase» ein, wie der neue Vereinspräsident Bernhard Pulver, ebenfalls Verwaltungsratspräsident der Insel Gruppe, am Dienstag vor den Medien darlegte. Das MQ gibt sich einen frischen Look – am Helvetiaplatz wehen Fahnen mit dem neuen Logo, und auch eine standesgemässe Homepage wurde aufgeschaltet. Eine weitere Neuerung: Mit einem Museumsquartier-Pass können Menschen während fünf Monaten fünf verschiedene Museen des Quartiers jeweils ein Mal besuchen. Kostenpunkt: 30 Franken.
Und wie sieht es bei den baulichen Veränderungen aus? Bis jetzt war nur klar, was alles nicht gebaut wird. Weder ein unterirdisches Zentraldepot noch ein gemeinsames Grossrestaurant. Nun soll ein «Masterplan» erarbeitet werden, der eine langfristige gemeinsame Arealplanung möglich machen soll, erläuterte Stadtbaumeister Thomas Pfluger vor den Medien. Da sind die einzelnen Häuser schon weiter: Das Historische Museum plant ab 2027 eine Gesamtsanierung. Eine südliche Öffnung zum Museumsgarten, der für das MQ zentral sein soll, ist da immerhin schon mitgedacht. Dazu kommt jetzt die Ankündigung der Burgergemeinde für das Alpine Museum. Diese Initiativen sollten dafür sorgen, dass die nun anlaufende Masterplanung nicht zur Trockenübung wird.
Und jetzt noch zu weiteren Themen des Tages:
- Literaturkritik: Wo sind eigentlich die Träume geblieben, die man einmal hatte? Diese Frage dürfte bereits Stoff für viele Filme und Romane gewesen sein. Auch der Berner Autor Flurin Jecker greift in seinem dritten Roman «Santa Tereza» darauf zurück, um dann sehr plastisch das Leben eines 34-Jährigen Friedhofwächters auszuleuchten. Die Journalistin hat Nina Hurni sieht in «Santa Tereza» einen erfrischenden und hoffnungsvollen Roman, der beim diesjährigen Lesefest «Bern liest ein Buch» zu reden geben dürfte.
- Kolumne: In diesem Monat kamen die Bilder der Hauptstadt-Kolumne «Bern in Bildern» nicht wie gewohnt aus der Stadt, sondern aus dem Berner Oberland. Verantwortlich dafür war Romy Streit. Die Fotografin aus Thun sieht ihre Heimat in der Bergwelt – und hat unter anderem die letzten Sonnenstrahlen am Wetterhorn bildlich eingefangen.
- Poesie: Sie ist beschäftigt, sie zieht, fliesst, ist in Bewegung und steht gleichzeitig still. Die Aare inspiriert unsere Literatur-Kolumnistin Selma Imhof im anbrechenden Frühling zu einem Gedicht. Was passiert, wenn die Blätter am Grund liegen, ertrunken im Stein?
- Kantonswahlen: Bei den Berner Regierungsratswahlen im kommenden Jahr stehen gleich mehrere Neubesetzungen an. Nach SVP-Regierungsrat Christoph Neuhaus haben am Mittwoch auch Grünen-Regierungsrätin Christine Häsler und SP-Regierungsrat Christoph Ammann ihren Rücktritt auf März 2026 angekündigt. Bei den Grünen machen sich laut BZ/Bund die Thuner Gross- und Gemeinderätin Andrea De Meuron sowie die Nationalrät*innen Aline Trede und Kilian Baumann Gedanken über eine Kandidatur. Bei der SP steht für die Nachfolge von Ammann der Grossrat Reto Müller – seit 2016 auch Stadtpräsident von Langenthal – im Fokus.
- Gastronomie: Die Burgergemeinde Bern hat neue Betreiber*innen für das Restaurant Zehendermätteli gefunden. Dies teilte sie diese Woche mit. Vier Berner Gastronom*innen mit Erfahrung unter anderem in den Restaurants Serini Eichholz, Haberbüni sowie Klösterli Weincafe übernehmen in den kommenden Wochen die Lokalität in der Aareschlaufe. Die bisherige Mieterin – die Wagen zum Glück AG – musste im vergangenen Jahr Konkurs anmelden. Das dahinter stehende Kollektiv verfolgte grosse Pläne: Landwirtschaft betreiben, Gastronomie, Kultur – und dabei erst noch soziale Arbeitsplätze anbieten. Wie herausfordernd dieses Unterfangen war, zeigte meine Kollegin Marina Bolzli 2023 in diesem Text auf.
PS: Welche Mythenbildung gibt es in Bezug auf die eigene Erzählung? Dieser Frage spürt die südafrikanische Künstlerin Rhoda Davids Abel nach. Ihre kürzlich zusammen mit Sergio Rojas Chaves eröffnete Ausstellung in der Stadtgalerie ist noch bis zum 12. April zu sehen.