Das Rätsel Mensch – Askforce-Selection #53

Die Frage, warum Menschen Tiere ausstopfen, motiviert die Askforce zu einer vertieften Auseinandersetzung mit der rätselhaften Spezies Mensch.

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(Bild: Pia Zibulski)

«Warum stopfen Menschen Tiere aus?» Das fragt Rahel B. von der Heitere Fahne in Wabern auf einer Postkarte, die ausgestopfte Krokodile des Naturhistorischen Museums Bern zeigt.

Eine formidable Frage, liebe Frau B. Sie reiht sich nahtlos in die Reihe der ganz grossen Fragen unserer Zeit ein: Warum bauen Menschen dreimastige Modellsegelschiffe in Glasflaschen? Warum widmen sich Menschen der Amateurradioastronomie, wobei sie mit selbst gebauten Yagi-Uda-Antennen elektromagnetische Wellen aus dem Weltraum einfangen, die beispielsweise von Eruptionen der Sonne herrühren? Oder eben, liebe Frau B.: «Warum stopfen Menschen Tiere aus?»

Die generell abstrakte Antwort auf all diese Fragen: Das Subjekt Mensch ist von Natur aus rätselhaft. Es wirft mehr Fragen auf, als es beantworten kann. Darum braucht es die Askforce.

Fragt die Askforce, Hauptstädter*innen!

Die Askforce nennt sich selber «Berns bewährte Fachinstanz für alles, die Antworten auf Fragen liefert, die viele nicht zu stellen wagen». Mit anderen Worten: Keine Frage ist zu abwegig. Das ist eine Aufforderung an alle Hauptstädter*innen: Deckt die Askforce mit euren lebenswichtigen Fragen ein – an diese Adresse: [email protected].

Über 20 Jahre lang erschien die Askforce wöchentlich im Bund und erarbeitete sich den Ruf, die schrägste Kolumne der Schweiz zu sein. Als Bund und BZ im Herbst 2021 fusionierten, verschwand die Askforce aus dem Traditionsblatt, verewigte sich in einem Buch und tauchte als Startup Anfang 2022 wieder auf.

Unterziehen wir also Ihre Frage, werte Frau B., einer vertieften Betrachtung. Wir begeben uns dafür auf das weite Feld der Taxidermie, der Kunst, Körper haltbar zu machen. Sie begegnet uns in auf Wild spezialisierten Landgasthöfen, wo uns die Köpfe der erlegten Zicklein und Böcke aus ihren schwarzen Glasaugen mit bemerkenswert unbeteiligtem Blick von der Wand herab beim Verspeisen ihres Restkörpers zuschauen. Wir kennen sie aus dem Vereinshaus der Fischer, wo der präparierte Hecht mit weit aufgerissenem Mund nach Luft schnappt, als hätte er vergessen, dass er ein Kiemenatmer ist. Lebhaft auch unsere Erinnerung an den Biologieunterricht mit Herrn Fuchs, als die Klasse feststellte, dass aus dem Fell des ausgestopften Iltis Flöhe hüpften, wenn man sie mit dem Bleistiftspitz anschubste. Oder waren es Wanzen, Herr Fuchs? Und wie bestaunten wir schliesslich bei der Grossmama im Fotoalbum die Bilder unserer Urgrossmutter, wie sie auf einem ausladenden Hut einen ausgestopften Pirol balancierte. 

Nicht zu verwechseln sind all diese taxidermischen Präparate mit Lenin, der auf dem Roten Platz einen ewigen Mittagsschlaf hält. Er ist nicht ausgestopft, sondern wird vom «Allrussischen Institut für Heil- und Aromapflanzen» mit biochemischen Salbungen in Schuss gehalten.

Zugegeben: Wir sind abgeschweift. Das war allerdings nötig, um dem Text eine gebührende Länge zu verleihen. Denn in Tat und Wahrheit, liebe Frau B., ist die Antwort auf Ihre Frage so kurz wie einfach: Würde das Krokodil nicht ausgestopft, wäre es eine Handtasche.

Askforce-Selection #53, 19. April 2024

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