Grossspende an SP-Kandidat
SP-Kandidat Adrian Wüthrich bestätigt gegenüber der «Hauptstadt» eine Wahlkampfspende von 40’000 Franken von Travailsuisse. Pikant: Offenlegen müsste er die Grossspende trotz neuen Tranparenzregeln nicht.
Mit den neuen Offenlegungspflichten für Politiker*innen müssen bei den anstehenden Wahlen Kampagnenbudgets über 50’000 Franken sowie Einzelspenden über 15’000 Franken bei der Eidgenössischen Finanzkontrolle deklariert werden. Diese führt ein öffentliches Register dazu. Die Regelung führt zu mehr Transparenz bei den Wahlkampffinanzen. Allerdings führt sie auch zu schwer verständlichen Situationen.
So sind auf der Offenlegungsliste der Finanzkontrolle unter den Berner Kandidat*innen viele SVP- und FDP-Politiker*innen aufgeführt, aber derzeit keine Grünen und Sozialdemokrat*innen. Das heisst aber nicht zwingend, dass diese keine Grossspenden erhalten haben, wie der Fall von SP-Kandidat Adrian Wüthrich zeigt.
Grösste Einzelspende unter Berner Kandidat*innen
Wüthrich erhielt vom Arbeitnehmer*innenverband Travailsuisse – deren Präsident und Geschäftsführer er ist – eine Wahlkampfspende von 40’000 Franken, wie er auf Anfrage der «Hauptstadt» bekannt gibt. Da Wüthrich mit seinem Wahlkampfbudget von 48’000 Franken unter der Meldeschwelle von 50’000 Franken bleibt, müsste er die Grossspende gemäss den Regeln gar nicht deklarieren. Dabei sind die 40’000 Franken mutmasslich die grösste Einzelspende unter den Berner Nationalratskandidat*innen.
Von den bürgerlichen Berner Politiker*innen, die ihre Finanzen offenlegen mussten, weist SVP-Nationalrat Lars Guggisberg mit 30’000 Franken vom TCS bisher die grösste einzelne Spende aus. Guggisberg deklarierte ein Wahlkampfbudget von 106’000 Franken.
Wüthrich wollte den Wahlkampfbeitrag seiner Arbeitgeberin aber nicht verheimlichen. Nachdem er am 9. September als Präsident wiedergewählt worden sei und die Spende auf seinem Wahlkampfkonto eingegangen sei, habe er der Finanzkontrolle eine Meldung gemacht, sagt Wüthrich. «Derzeit ist das Anmeldeprozedere in Gang, um die Meldung online zu erfassen.» Sobald dieses abgeschlossen sei, werde die Spende auf der Website der Finanzkontrolle öffentlich sein.
Wüthrich meldete die 40'000-Franken-Spende, weil er der Ansicht ist, dass alle Spenden über 15’000 Franken deklariert werden müssten. Er habe die Transparenz-Initiative seiner Partei unterstützt und die Spende gemäss Ehrenkodex der Partei auch der SP-Parteileitung gemeldet, sagt der SP-Kandidat.
Dank der Travailsuisse-Spende dürfte Wüthrich im Kanton Bern unter den linken Nationalratskandidat*innen wohl das grösste Budget haben. Wüthrich wurde vor vier Jahren aus dem Nationalrat abgewählt und hofft nun wieder einzuziehen. Seine stärksten Konkurrenten auf der SP-Männerliste geben weniger Geld für den persönlichen Wahlkampf aus. Nationalrat Matthias Aebischer beziffert sein Budget auf Anfrage mit 22'374 Franken. Der ehemalige Kassensturz-Moderator Ueli Schmezer nannte in der Glückspost die Zahl von 22’000 Franken.
Dennoch gibt es noch eine linke Nationalratskandidatin, die über ein grösseres Wahlkampfbudget verfügt. Es ist Ständeratskandidatin Flavia Wasserfallen. Sie bezifferte im «Hauptstadt»-Interview ihr Budget für die Ständeratswahlen mit 200’000 Franken. Grossspenden habe sie nicht erhalten. Die höchste betrage 5000 Franken. Bei der Finanzkontrolle hat aber Wasserfallen noch nichts deklariert, da für Ständeratswahlkämpfe eine andere Regelung gilt. Nur die gewählten Ständeräte müssen im Nachhinein ihr Budget und Grossspenden offenlegen.
Für einmal sind bürgerliche Kandidaten offener
Wenn aber Politiker*innen für beide Räte kandidieren, wie das Wasserfallen tut, lassen sie die beiden Wahlkämpfe schwierig trennen. In einem Merkblatt schreibt dazu die Finanzkontrolle: «Ist eine zweckmässige Aufteilung der Kampagne nicht möglich oder sinnvoll, ist die ganze Kampagne vor der Wahl als Nationalratskampagne einzustufen.» Auf Anfrage erklärt Wasserfallen, sie habe ihr Wahlkampfbudget von aktuell 220’000 Franken auf ihrer Website offengelegt, jedoch nicht der Finanzkontrolle gemeldet, da sie einen reinen Ständeratswahlkampf betreibe, der keine Erwähnung ihrer Nationalratskandidatur beinhalte.
Für einmal sind bürgerliche Ständeratskandidaten etwas offener als die SP, welche die Transparenzvorschriften immer gefordert hatte. So hat sich Mitte-Ständeratskandidat Lorenz Hess für eine Offenlegung bei der Finanzkontrolle entschieden und sein Budget von 160’000 Franken für beide Wahlkämpfe schon deklariert. Auch SVP-Ständerat Werner Salzmann, der ebenfalls auf der Nationalratsliste steht, hat mit 72’000 Franken einen Teil seines Budgets bei der Finanzkontrolle angegeben.
Kein Eintrag auf der Finanzkontroll-Liste findet sich zum grünliberalen Kandidaten Jürg Grossen und dem grünen Ständeratskandidaten Bernhard Pulver. Doch letzterer fungiert auch nicht auf der grünen Nationalratsliste. Sein Wahlkampfbudget beziffert er im «Hauptstadt»-Interview mit «rund 100’000 Franken». Sofern er gewählt werde, werde er, wie das seine Partei macht, Spenden ab 5000 Franken offenlegen.