Wo die Aliki steht, ist auch ein Parkplatz
Für die SVP-Gemeinderätin Aliki Panayides wäre die Fusion mit Bern eine Rückkehr. Sie ist an der Zeughausgasse aufgewachsen. Auf einer Fahrt im BMW zeigt sie uns ihr Ostermundigen.
«Hier kann man noch fast aufs Gleis fahren, nicht wie im Bahnhof Bern.» Die Ostermundiger SVP-Vize-Gemeindepräsidentin Aliki Panayides holt uns am Bahnhof Ostermundigen ab und kommt gleich auf ihr Lieblingsthema zu sprechen, das Auto. Panayides fährt einen BMW 320. Seit sie fahre, fahre sie einen weissen BMW, natürlich handgeschaltet. «Ich bin gerne am Schalthebel, das ist wie in der Politik.»
Panayides sitzt seit 14 Jahren für die SVP im Gemeinderat und arbeitet seit 20 Jahren für die Partei. Sie verkörpert wie keine zweite die Bürgerlichen in der Gemeinde. Als wir Panayides in der Vorbereitung auf die Ostermundigen-Woche der «Hauptstadt» nach ihrem Lieblingsort im Dorf fragten, sagte sie: «Die Ladenstrasse, wo ich mit meinem Auto gäbig direkt vor dem Laden parkieren kann.» Diesen Ort wollen wir kennenlernen und steigen darum zu ihr in den BMW.
Mit ihrer Liebe zum Auto erfüllt Panayides das Klischee einer SVP-Politikerin. «Ich entspreche aber auch dem Klischee der 30 Prozent Ausländer*innen in Ostermundigen», ergänzt sie prompt. Denen sei das Auto auch sehr wichtig. «Vielleicht ist das gleichzeitig auch meine griechische Seite.»
Panayides steuert vom Bahnhof auf die Bernstrasse und nach der Unterführung gleich auf den Einspurstreifen zu den Parkplätzen vor der sogenannten Ladenstrasse. «Jetzt muss ich nur noch schauen, wo ich hier parkiere.» Die Parkplätze entlang der Bernstrasse sind alle belegt. Für den Erhalt dieser Parkplätze hatte sich Panayides im Jahr 2007 erfolgreich eingesetzt. Sie stellt den Wagen halb aufs Trottoir, halb auf den Vorplatz des Lebensmittelladens ihres Partei- und Gemeinderatskollegen Erich Blaser. «Wo die Aliki steht, ist auch ein Parkplatz», sagt Panayides und lacht.
Die SVP hatte 2007 die Vorlage für eine Umgestaltung der Bernstrasse im Alleingang bekämpft. Das Seitenband zum Einfahren und Parkieren wäre weggefallen. «Das war für mich schon ein wichtiges Anliegen, weil ich die Einspurstrecke sehr gäbig finde», sagt Aliki.
Hier an der Ladenstrasse gehe sie zur Post, auf die Bank oder zu Blaser. «Schauen wir doch schnell bei Blaser rein», sagt Panayides. Sie kaufe hier vor allem Früchte und Gemüse, sagt sie. «Und wir haben feine Sandwiches und Hotdogs», sagt Blaser, der hinter der Theke steht. «Ich lobe grad die Ladenstrasse», entgegnet Panayides. «Die Ladenstrasse ist nicht mehr, was sie früher mal war», meint Blaser. Der Branchenmix sei weg. «Früher hatten wir hier eine Bäckerei, eine Drogerie, Kleider-, Schuh- und Sportgeschäfte.» Diese Angebote fände man nun bei Migros, Coop und Co. vereint in einem Laden.
Blaser aber hält noch die Stellung. Sein Geschäft gibt es seit 101 Jahren. Er sei die dritte Generation an diesem Standort. «Bei der Gründung 1921 war die Bernstrasse noch nicht geteert», sagt er.
Wie besteht der kleine Laden gegen die grossen Detailhändler? «Mit den Dienstleistungen», sagt Blaser, «wir beliefern Grossraumbüros mit Früchtekörben». «Und mit den Öffnungszeiten», sagt Panayides. Hier könne sie schon um 6.30 Uhr ein Sandwich kaufen.
Wir steigen wieder in den BMW. Panayides biegt zurück auf die Bernstrasse ein.
Die Politikerin arbeitet seit 2007 als Geschäftsführerin der SVP Kanton Bern. Ihr Büro ist in der Stadt Bern an der Optingerstrasse gleich hinter dem Kursaal. Zur Bushaltestelle des 10er-Bus nach Ostermundigen sind es von dort 300 Meter. «Selbstverständlich pendle ich mit dem Auto dahin, denn ich bin auch oft in den Sektionen im ganzen Kanton unterwegs», sagt Panayides. Das Büro habe einen privaten Parkplatz. «Ohne Parkplatz hätte ich diese Stelle gar nicht angenommen.» Und sie habe so schon eine Einbusse in Kauf nehmen müssen. «Beim vorherigen Arbeitsort hatte ich einen Garagenplatz, nun nur noch einen Aussenstellplatz.» Die Fahrt ins Büro dauere zehn Minuten. «Ich kenne mittlerweile die Lücken im morgendlichen Verkehr.» Und abends sei sie selten vor 22 Uhr zuhause. Panayides lebt auch ohne Fusion mehrheitlich in Bern.
Wir fahren jetzt raus aus dem Dorf an die Gemeindegrenze ins Mösli, wo sich neben der Tankstelle in neuen einstöckigen Bauten nach amerikanischem Vorbild Einkaufsläden aneinanderreihen. «Das ist ein weiterer Ort, wo man mit dem Auto bis vor die Ladentüre fahren kann», sagt Panayides. Er sei bei Muniger*innen mittlerweile beliebt. Man treffe sich oft in der Bäckerei Reinhard zum Kaffee am grossen Tisch.
Die Gewerbezone an der Einfallstrasse nach Bern an der Gemeindegrenze soll das dörfliche Ostermundigen symbolisieren? Das sei halt typisch für Mundigen, findet Panayides. «Wir haben den dörflichen Kern, aber auch Agglo-Ecken mit guter Infrastruktur.» Damit meint sie Infrastruktur für das Auto. «Sehen sie, die Parkplätze sind belegt, und es hat auch eine Parkgarage», sagt Panayides und lenkt dann den BMW weg von der Stadtgrenze zurück Richtung Dorf.
Zusammen mit ihren Gemeinderatskolleg*innen steckt Panayides in Fusionsverhandlungen mit der Stadt. «Die Gespräche mit Bern sind intensiv», sagt sie. «Ob die Fusion eine gute Sache ist, kann ich erst sagen, wenn der Vertrag auf dem Tisch liegt.»
Wenn Ostermundigen sich in den Verhandlungen in wesentlichen Punkten durchsetze, könne eine Fusion für Ostermundigen ein Vorteil sein. So zum Beispiel beim Steuerfuss. «Aber wir können für den tiefen Steuerfuss nicht die gute Vereinsunterstützung und die Freiheit des Bauens verkaufen.»
Panayides lebt seit 1996 in der Agglomerationsgemeinde. Aufgewachsen ist sie in Bern. Zuerst als Kleinkind im Spitalacker. «Dann zogen wir in den Hotelbetrieb der Eltern an der Zeughausgasse.» Ihre Mutter führte das «Continental» als Pächterin. Der Vater führte das familieneigene Hotel Touring am Eigerplatz.
Panayides ist also eine waschechte Städterin. «Ertappt», sagt Panayides und lacht. «Ich würde mit der Fusion tatsächlich wieder zur Bernerin, die ich gemäss Heimatort bin.»
Die SVP-Politikerin sitzt jetzt in der Exekutive, nach einer Fusion wäre sie in der städtischen Oppositionspartei. «Kämen die 18 000 Ostermundiger zur Stadt, hätte ich die Hoffnung, dass man die Berner Politik bürgerlicher gestalten könnte», sagt Panayides. Man müsse die Stadt dringend bremsen in ihrer Autoverteibungspolitik. Für die Rückkehr der SVP in die Stadtregierung braucht es laut Panayides zudem es eine bessere bürgerliche Zusammenarbeit. Da könne Ostermundigen was einbringen. «Wir reden miteinander und sind konsensorientiert.»
Panayides bremst abrupt. Ein Lastwagen überholt einen stehenden Lieferwagen und kommt uns auf unserer Spur entgegen. «Hoppla, der setzt sich mit dem Recht des Stärkeren durch», sagt Panayides und setzt den Rückwärtsgang ein. Die von ihr gepriesene Freiheit im Strassenverkehr findet ihr Ende nicht in den Vorschriften der links-grünen Stadt, sondern in der faktischen Macht von mehreren Tonnen Blech.
Eine Strasse weiter zeigt uns Panayides noch ihren Wohnort. «Hier ist meine Garageneinfahrt und da hinten wohne ich.» Sie sehe von ihrem Balkon auf die Migros. «Das finde ich schön, so urban, nahe beim Einkaufscenter.»
Panayides setzt uns dann an der Bernstrasse vor der Post ab und fährt nach Bern. Im Erlacherhof steht an diesem Mittag eine weitere Runde der Fusionsverhandlungen an.