Bärlauch – mehr als bloss Blätter
Unsere Kolumnistinnen haben letztes Jahr einmal zu oft Bärlauchblätter gegessen. Auf der Suche nach neuen Geschmäckern widmen sie sich anderen Teilen der Pflanze.
Der Frühling dieses Jahr ist trüb. Die Sonne lässt sich selten blicken und der Regenschirm ist zu unserem ständigen Begleiter geworden. Während wir mit dem Wetter hadern, ist die Pflanze, um die es hier gehen soll, äusserst zufrieden damit: Der Bärlauch. Er mag schattige, feuchte Orte und ist so heuer ganz in seinem Element.
Für viele ist der Bärlauch ein alter Bekannter – und vielleicht sogar ein alter Hut? Für uns dieses Jahr ganz sicher: Wir lieben seinen knoblauchähnlichen Geschmack, haben uns aber letztes Jahr etwas übertan. Nebst dem klassischen Bärlauchpesto haben wir die Blätter in so vielen Rezepten ausprobiert, dass wir sie nicht mehr schmecken können. Zum Glück bietet der Bärlauch aber noch viel mehr als bloss die Blätter.
Geschmack in allen Teilen
Der Bärlauch stammt aus der Pflanzenfamilie der Amaryllisgewächse und ist mit Schnittlauch, Zwiebel und Knoblauch verwandt. Die früh im Jahr austreibende Pflanzenart ist in Europa und Teilen Asiens vor allem in Wäldern verbreitet. Vielen Menschen sind die Blätter der Wildpflanze als essbar bekannt, doch man kann alle Teile der Pflanze verwerten. Wobei, «können» tut man ja vieles. Aber beim Bärlauch macht die Verarbeitung der ganzen Pflanze Spass und das Resultat schmeckt.
Die noch geschlossenen Knospen schmecken wie die Blätter nach Knoblauch, aber nicht so stark. Aufgeschnitten zeigen sie den faszinierenden Querschnitt der noch jungen Blüte. Wir legen sie in einen Essigsud ein und essen sie dann wie Kapern. Im Salat oder als Topping auf bestrichenen Brotscheiben mögen wir die «falschen Kapern» besonders. Das Rezept dazu findest du am Ende dieser Kolumne.
Während im März und April vor allem die Blätter gesammelt werden können, ist Anfang Mai die perfekte Zeit, um die Knospen zu ernten, bevor sie sich zu weissen Blüten entfalten. Mit den zarten, weissen Blüten verzieren wir dann unsere Frühlingssalate oder frittieren sie im Bierteig. Mit den Samen haben wir selber noch nie etwas gemacht. Man könnte sie aber in Öl einlegen, um ein leckeres Bärlauchöl herzustellen.
Auch die Bärlauchzwiebel findet in der Küche Verwendung. In seinem Buch «Mein Jahr als Jäger und Sammler» schreibt John Lewis-Stempel, wie er versucht, sich ein Jahr lang selbst von seinem Land zu ernähren. Er nutzt die Bärlauchzwiebeln als Ersatz für Zwiebeln und Knoblauch. Mach das aber bitte nicht nach: Wenn man die Zwiebelknolle ausgräbt, wächst der Bärlauch nächstes Jahr nicht mehr wieder. Gerade an öffentlichen Orten ist das nicht im Sinne des nachhaltigen Sammelns.
Achtung, giftige Doppelgänger
Apropos sammeln: Bärlauch sollte man nicht ahnungslos pflücken, Maiglöckchen und Herbstzeitlose sind giftige Doppelgänger. Oft wachsen an derselben Stelle auch Blätter des Aronstab, die ebenfalls giftig sind. Dabei reicht es leider nicht, nur auf den Geruch zu achten. Der Duft der Bärlauchblätter ist so stark, dass er an den Händen haftet und fremde Pflanzen rasch auch nach Knoblauch riechen.
Zum Glück machen die Blattrippen und die Art, wie die Blätter aus der Zwiebel wachsen, den Bärlauch gut erkennbar. Informiere dich bitte über die Erkennungsmerkmale des Bärlauchs, bevor du dich selbst auf die Jagd begibst.
Übrigens: Wer keinen Bärlauch findet oder sich nicht traut, welchen zu sammeln, kann für unser Rezept auch Schnittlauchknospen verwenden. Diese sind mit ihrer intensiven violetten Farbe auch besonders schön.
Gerade bei Bärlauch, der nur wenige Wochen im Jahr zu finden ist, ist es umso spannender, den Geschmack zu konservieren und so die Saison zu verlängern. Die Knospen eignen sich dafür hervorragend – zum Einlegen sollten sie noch verschlossen sein. Im Kühlschrank aufbewahrt, halten sich die Bärlauchknospen über mehrere Monate. Wenn wir die eingelegten Knospen gegessen haben, verwenden wir auch den Sud und geben ihn gerne Salatsaucen bei. Das feine Aroma begleitet uns so durch die Monate.
Zutaten
50 g Bärlauchknospen
65 ml Weissweinessig
50 ml Wasser
10 g Zucker
7 g Salz
Zubereitung
Die Bärlauchknospen in ein ausgekochtes Glas geben.
Für den Sud Essig, Wasser, Salz und Zucker in einem Topf aufkochen, bis sich der Zucker und das Salz aufgelöst haben.
Den heissen Sud über die Knospen giessen und das Glas sofort verschliessen.
Die eingelegten Bärlauchknospen auskühlen lassen und vor dem Verzehr im Kühlschrank ungefähr vier Tage ziehen lassen.
Zu den Personen: Die beiden Bernerinnen Pascale Amez und Melissa Knüsel haben sich während ihrer Ausbildung kennengelernt – und dort auch die gemeinsame Liebe für einheimisch Gewachsenes entdeckt. Daraus ist der Blog Urkraut entstanden. Für die «Hauptstadt» widmen sie sich jeden Monat einem anderen Strauch oder Kraut.