Beendete Besetzung in Bümpliz – die Hintergründe
Ein leerstehendes Einfamilienhaus an der Morgenstrasse war knapp zwei Wochen lang besetzt. Die Besetzer*innen geben an, dass sie Wohnraum für Sans Papiers schaffen wollten. Doch diese lebten bereits dort.
Es ist eines der gehobeneren Quartiere in Bümpliz. Gepflegte Gärten säumen Einfamilienhäuser, Fahnen für linke Volks-Initiativen hängen von Fenstersimsen. Hier, am Ende der Morgenstrasse, steht ein Haus seit rund zehn Jahren leer.
Im Mai wurde es während zwei Wochen von Aktivist*innen besetzt. Am Donnerstagmorgen traf ein Polizeiaufgebot vor dem Haus ein, worauf die Besetzer*innen dieses verliessen. Am Tag zuvor war eine Frist der Eigentümerin verstrichen. Die Besetzer*innen halten in Gesprächen mit der «Hauptstadt» fest, dass sie das verwahrloste Haus als Wohnort für Menschen ohne gültige Ausweispapiere – sogenannte Sans Papiers – verfügbar machen wollten.
Keine «einfache Besetzung»
«Wir dachten, das wird eine einfache Besetzung», sagt Daniel zur «Hauptstadt». Der ausgebildete Sozialarbeiter ist Teil der losen Gruppe rund um die Aktion und seit Beginn an dabei. Die Gruppe habe von einem Haus gehört, das seit längerem leer stehe und verwaist sei.
Wie erwartet hätten sie die Liegenschaft in desolatem Zustand vorgefunden: Die Böden zugestellt mit Abfall, die Wände voller Schimmel, Fäkaliengeruch in der Luft. Dass dort jemand lebe, hätten sie sich nicht vorgestellt. Also seien sie eingedrungen und hätten begonnen, aufzuräumen und zu putzen.
Dann aber seien sie einem der eigentlichen Bewohner begegnet. Es habe sich herausgestellt, dass in dem Haus in den letzten zwei Jahren Menschen ohne gültige Aufenthaltsbewilligung übernachtet hätten. Besetzer Daniel nennt sie «prekarisiert» oder «illegalisiert».
In der Nachbarschaft bekannt
In der Nachbarschaft war bekannt, dass im leerstehenden Haus schon länger Menschen übernachteten. Peter Blaser wohnt seit über 40 Jahren im Haus gegenüber und berichtet der «Hauptstadt» von «diskreten» Übernachtungen, die im letzten Jahr beobachtet wurden.
Im Quartier habe man deshalb auch seit längerem eine Besetzung erwartet. Er fände es nicht gut, dass ein Haus so lange leer steht, wollte sich aber auch nicht mit der Besetzung solidarisieren. Sie passe nicht zum Quartier: «Das ist nicht die Lorraine. Wir haben hier keine Sprayereien, es ist ruhig, man kennt sich in der Nachbarschaft.» Eine Besetzung könne ein Quartier abwerten, sagt er.
Als die Besetzer*innen zum Abendessen einluden, kamen vereinzelt Nachbarn vorbei – blieben aber häufig nicht lange. Viele scheinen den Leerstand zu bedauern, die Besetzung aber nicht unbedingt zu begrüssen.
Ihnen sei klar, dass sie ein «Dorn im Auge» gewesen seien, sie wollten aber ein «aushaltbarer Dorn» sein, sagt Besetzer Daniel im Gespräch. Sie hätten an der Morgenstrasse einen Ort der Begegnung schaffen wollen, das Quartier aufmischen und beleben.
Es sei ihnen darum gegangen, einen kollektiven Ort zu schaffen, an dem man Themen wie Leerstand und Migration thematisieren könne, sagt eine Besetzerin, die nicht namentlich genannt werden will. Die Menschen, die in der Morgenstrasse übernachteten, seien minderjährig und würden in den aktuellen Strukturen keinen Platz finden, kritisiert sie. Auf bestehende Angebote wie die Notschlafstellen angesprochen, meint sie, dass es dort oft an Plätzen mangle.
Unmittelbar nach Auflösung der Besetzung wurde das Haus versiegelt. Es wird wohl dauern, bis in der Morgenstrasse wieder jemand übernachtet.