Best of «Hauptstadt» #2
Redaktionsmitglieder stellen ihre Lieblingsartikel aus dem letzten Jahr vor. Heute: Nicolai Morawitz schwelgt in seiner Brotliebe.
Vielleicht hast du vor ein paar Tagen noch auf einer griechischen Insel in den Sonnenuntergang geschaut, den Ätna bestiegen, die schottischen Highlands mit dem Velo unsicher gemacht? Was all diesen Ferienvergnügen womöglich gemeinsam war: Jeweils am Morgen trübte sich die Stimmung kurz.
Erst dachtest du, es sei Heimweh, doch dann liess sich das Gefühl genauer zuordnen. Es stammte aus der Magengegend: Das heissgeliebte Gipfeli, duftende Sauerteigbrot oder knusprige Laugengebäck fehlte beim Z‘morge. Die innige Verbindung zu allem Gebackenen – sie ist im deutschsprachigen Raum wohl besonders ausgeprägt. Bern macht da keine Ausnahme.
Aller Brotliebe zum Trotz, ist das Geschäftsmodell Bäckerei zuletzt unter Druck geraten: «Einfach ein guter Beck zu sein, reicht nicht mehr. Man muss auch ein guter Geschäftsmann sein», sagt Bäcker Patrik Bohnenblust im Gespräch mit Marina Bolzli. Ihr Text aus dem Januar ist aktueller denn je.
Nach dem Konkurs von Chrigubeck in Burgdorf oder den Filialschliessungen von Glatz in der Berner Innenstadt gab es weitere Hiobsbotschaften:Andrea Stucki hängt in diesem Sommer den Backhandschuh in der Bäckerei Coffeebreak an den Nagel. Die Länggasse verliert damit einen alteingesessenen Betrieb. Im Mattenhof schloss der Hirschibeck für immer, weil er keine Nachfolger*innen finden konnte. In Ostermundigen hat Backbord unterdessen angekündigt, die Produktion einschränken zu müssen, da eine langjährige Bäckerin weitergezogen ist und nicht ersetzt werden konnte.
Und doch gibt es Lichtblicke – das zeigt auch das ausgewählte Interview mit drei Grössen des Berner Backhandwerks: Der Sauerteigtrend, glutenfreies Brot oder vegane Backwaren haben in den letzten Jahren viel Bewegung in die Branche gebracht. In meinen Augen setzen auch Berner Mikrobäckereien wie Le Bread, Copain, Sicula oder Caluni wertvolle Akzente. Sie zeigen, wie man ein altes Handwerk neu denken kann.
Diese werden sich langfristig aber nur halten können, wenn die Kundschaft bereit ist, für gutes Brot auch angemessene Preise zu zahlen. Oder wie es Kevin Schmid von Bakery Bakery auf den Punkt bringt: «Bei uns wird ein Aufschlag von zehn Rappen kritisiert. Aber bei einem iPhone juckt es niemanden, ob das jetzt 100 Franken teurer ist.»
Die «Hauptstadt» macht vom 15. Juli bis zum 4. August Sommerpause. Ganz stellen wir den Betrieb aber nicht ein: Einmal pro Woche landet weiterhin der «Hauptstadt»-Brief in deinem digitalen Postfach. Und auf der Website findest du mehrmals wöchentlich Lesestoff, den wir dir ein zweites Mal empfehlen. Denn wahrscheinlich geht es dir gleich wie uns: Im Alltag fehlt oft die Zeit, um alles zu lesen, was sich lohnen würde.
Mitglieder der Redaktion stellen dir deshalb ihre Lieblingstexte aus dem vergangenen «Hauptstadt»-Jahr vor. Aus gegen 500 publizierten Artikeln seit Juli 2023 haben sie je einen ausgewählt, der ihnen aus einem bestimmten Grund in Erinnerung bleibt.
Nicolai Morawitz empfiehlt dir einen Text über Berner Bäckereien. Er arbeitet als Journalist für die «Hauptstadt».