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Verherrlichte Essstörungen

In Pro-Ana-Chat-Gruppen wird Magersucht zum Ideal verklärt, oft unter Beihilfe dubioser Coaches. Die Podcast-Staffel «Das Netz» leuchtet diese Internet-Subkultur aus.

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In Pro-Ana-Gruppen wird die Gewichtsreduktion zum ein und alles. (Bild: zvg)

Pro-Ana ist eine Bewegung, die Anorexie, also Magersucht, verharmlost und verherrlicht. Junge Menschen treffen sich in Chats im Internet und suchen dort Unterstützung beim Abnehmen. Neben anderen Betroffenen treiben sich in den Gruppen auch so genannte Coaches herum.

«Das Netz» in der «Hauptstadt»

«Das Netz» ist eine Redaktion, bestehend aus neun Journalist*innen, die den Masterstudiengang Multimedia Communication and Publishing der Hochschule der Künste Bern (HKB) absolvieren. Sie haben eine gleichnamige Podcast-Serie zu Subkulturen im Internet recherchiert, produziert und im Mai 2022 erstmals publiziert. Die «Hauptstadt» macht die vier Podcast-Staffeln im Original inklusive Illustrationen ihren Abonnent*innen zugänglich.

Die vier «Netz»-Staffeln, die jeweils mehrere Folgen umfassen, behandeln die Themen Schweizer Memes, Incels, Pro-Ana, und NFTs. Hier findest du die vierte und letzte Staffel zum Thema Incels.

Oft sind es Männer, die den Kontakt zu jungen Frauen suchen und ihnen beim Abnehmen «helfen» wollen. Diese «Coaches» treiben sie nicht nur weiter in die lebensgefährliche Essstörung, sondern auch in die Falle der sexuellen Ausbeutung.

Die Journalist*innen Anna Kreidler, Marisa Jill Haring und Nathalie Schaffner haben für diese Staffel der Podcast-Serie «Das Netz» recherchiert, wie Pro-Ana-Gruppen funktionieren, und stellen ihre Begegnungen und Erkenntnisse in drei Podcast-Episoden.

Für alle drei Episoden gilt die Inhaltswarnung Magersucht.

Folge 1: Gewicht verlieren, Zugehörigkeit finden

Die 20-jährige Sina* ist aktives Mitglied einer Pro-Ana-Gruppe – jeden Tag protokolliert sie dort, wie viel sie isst und tauscht sich mit anderen aus, wie man am besten abnimmt. Dabei gerät sie immer tiefer in die Magersucht.

Wir wollen herausfinden, was in diesen Gruppen vor sich geht und schleusen uns verdeckt in Pro-Ana-Chats ein. Dabei treffen wir auch auf «Coaches», die ein eigenes Interesse daran haben, Betroffene weiter in die Krankheit zu treiben.

Wieso diese Gruppendynamik so gefährlich ist, erklärt uns die Psychotherapeutin Verena Müller. (*Name geändert)

Inhaltswarnung: Magersucht

Folge 2: Chats mit «Coaches» und ein Blick in deren Psyche

Selbsternannte Pro-Ana-Coaches suchen online den Kontakt zu Personen, die an Magersucht leiden und Unterstützung beim Abnehmen suchen. Hilfe bieten diese «Coaches» allerdings nicht an – jedenfalls nicht diejenigen, die uns in der Recherche begegnen.

Wir chatten verdeckt mit zwei Coaches und sprechen mit Lara*. Sie ist 13 oder 14 als sie selber Kontakt zu Coaches hat, die von ihr unter anderem Fotos in Unterwäsche verlangen. Heute ist sie 22 Jahre alt und leidet immer noch an Anorexie.

Wir wollen verstehen, wieso man magersüchtige Personen tiefer in die Krankheit treiben möchte und reden mit dem forensischen Psychologen Jérôme Endrass, der uns Einblick in die Psyche der Coaches gibt. (*Name geändert)

Inhaltswarnung: Magersucht

Folge 3: Sterben oder gesund werden – der Ausstieg

Wir outen uns im Chat als Journalistinnen und konfrontieren die selbsternannten «Coaches» mit ihrem Verhalten.

Im Gespräch mit Fachpersonen wird klar, dass es in Bezug auf Pro-Ana und die Coaches eine Wissenslücke gibt. Darüber sprechen wir auch mit der Psychotherapeutin Barbara Widmer. Sie zeigt auf, was sich in Therapien und der Forschung ändern muss.

Ausserdem wollen wir erfahren, wie man den Ausstieg aus Pro-Ana-Gruppen schafft. Helena* ist 25, sie wurde in frühen Jugendjahren anorektisch und war in mehreren Pro-Ana-Chats aktiv. Bis heute spürt sie die Nachwirkungen der Krankheit – aber sie hat gelernt, mit ihr umzugehen. (*Name geändert)

Inhaltswarnung: Magersucht

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Diskussion

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Georg Graf
10. Februar 2023 um 22:21

Brandgefährlich, solche Gruppen! Spannender Podcast.