Uni Bern Spezial

«Das Theater macht mich zu einem Nachtmenschen»

Anouk Ammann spielt und konzipiert leidenschaftlich Theater. Die 23-Jährige studiert an der Uni Bern Philosophie und Theaterwissenschaften – oder ist zumindest immatrikuliert. Teil 2 der «Uni-Protokolle».

Anouk Ammann fotografiert am Freitag, 1. Maerz 2024 in Bern. (hauptstadt.be / Simon Boschi)
Anouk Ammann ist Stadtbernerin, aufgewachsen im Monbijou-Quartier. (Bild: Simon Boschi)

«Mein Tag beginnt meistens erst ab dem Mittag. Nicht, weil mir das besonders entspricht, sondern wegen meiner grossen Leidenschaft: dem Theater. Im Moment probe ich mindestens zweimal pro Woche. Dazu kommen Sitzungen und Aufführungen. Diese Treffen müssen am Abend stattfinden, da dann mehr Leute Zeit haben. Das Theater macht mich zu einem Nachtmenschen.

Ich bin in verschiedenen Kollektiven aktiv, in denen ich selber Stücke entwickle und spiele. Unter anderem im Schlachthaus Theater, wo ich auch im Vorstand bin. Schon als Kind habe ich meine Freund*innen und mich inszeniert, Szenen aufgeführt. Wenn das Publikum, das fast immer aus meinen Eltern bestand, dann währenddessen anfing zu lachen, fand ich das überhaupt nicht lustig: Sie sollten mich ernst nehmen! So erzählt das zumindest meine Mutter.

Anouk Ammann fotografiert am Freitag, 1. Maerz 2024 in Bern. (hauptstadt.be / Simon Boschi)
Theaterbedingt fängt ihr Tag meistens erst nach dem Mittag an. (Bild: Simon Boschi)

Ich liebe das Theater, vor allem dessen Unmittelbarkeit. In einem Theater-Saal können sich weder Publikum noch Spielende der Situation entziehen: Du bist gezwungen, da zu sein. Das gilt auch für das Arbeiten im Kollektiv. Letzten Herbst habe ich mit meiner Gruppe «Jetski Magenta» ein Stück konzipiert und aufgeführt. Zwei intensive Wochen lang haben wir jeden Tag daran gearbeitet. Zu spielen, was man selbst entwickelt hat, ist aufwändig, aber sehr belohnend. Du verstehst dann wirklich, was du spielst. In unserem Stück ging es um das Kinderhaben, ein sehr persönliches Thema. Der Rückhalt aus dem Kollektiv half, den Mut zu haben und zu sagen: «Fuck it, wir machen das jetzt einfach».

Das Studium ist für mich im Moment ein schwieriges Thema. Meine Matura habe ich 2020 abgeschlossen. Ich mag ja das Wort Zwischenjahr nicht, aber ich habe seitdem einige Zwischenjahre gemacht. Ich war immer in Projekten, zwischendurch mal in einem Praktikum, es war immer etwas los. Das hat sich auch nicht geändert, seit ich studiere. Ich bin jetzt im zweiten Semester immatrikuliert, Hauptfach Philosophie. An der Uni war ich aber fast nie, wenn ich ehrlich bin. Alles andere war immer wichtiger. Ich bin wohl einer dieser «schwarzen Flecken»: Die Studis, die zwar eingeschrieben, aber eigentlich nie wirklich an der Uni sind. In meiner WG ist das auch ein wenig ein Running Gag – alle meine Mitbewohner*innen studieren halt wirklich.

«Uni-Protokolle»

Welche Menschen bevölkern die Uni, welche Lebensentwürfe prallen in den Fakultäten aufeinander? Die «Haupstadt» hat fünf Studierende getroffen – in den «Uni-Protokollen» gewähren sie Einblicke in ihren Alltag, teilen Zweifel, Wünsche und Gedanken.

In Zukunft möchte ich sicher beim Theater bleiben und beruflich in diese Richtung gehen. Dem Studium will ich nochmal eine Chance geben. Seit diesem Semester habe ich Theaterwissenschaften im Nebenfach. Ich freue mich auf die fachlichen Inputs, die mir auch in meiner Arbeit helfen können. Später will ich einen coolen Master machen, etwas mit Theater – dafür brauche ich den Bachelor. 

Am liebsten würde ich aber so weitermachen wie jetzt – von Projekt zu Projekt hüpfen. Das geht aber finanziell nicht auf. Im Moment finanziere ich mir mein Leben mit diversen Nebenjobs. Ich jobbe als Verkäuferin und arbeite in einem Spa. Im Theater gibt es zwar immer wieder eine Gage, aber nicht genug, um davon zu leben. Zudem ist es häufig stressig. Manchmal sehne ich mich nach Ruhe: Ich würde gerne mal eine Sache machen, anstatt ganz viele gleichzeitig.»

Hauptstadt Flagge am Universitaets Hauptgebaeude fotografiert am Donnerstag, 29. Februar 2024 in Bern. (hauptstadt.be / Simon Boschi)
Die «Hauptstadt» an der Uni

Vom 4. bis zum 8. März gastiert die «Hauptstadt» an der Universität Bern. Die Redaktion verlegt ihren Standort für eine Woche ins Sitzungszimmer 102 im 1. Obergeschoss des Hauptgebäudes und taucht ins Uni-Leben ein. Im Fokus steht die Universität nicht nur als Ort der Wissenschaft. Sondern als vielfältiger, dynamischer gesellschaftlicher Lebensraum in der Länggasse. Wir fragen auch: Wie muss man sich ein Student*innenleben – jenseits der Vorurteile – vorstellen? Und wie kommen Studierende in der Länggasse gastronomisch über die Runden?

Parallel zu ihrer journalistischen Arbeit will die «Hauptstadt» auch Raum für Begegnungen schaffen – die Redaktion im Uni-Hauptgebäude ist offen und jederzeit besuchbar. Am Donnerstag, 7. März, ab 10 Uhr, findet eine öffentliche Redaktionssitzung statt. Die Redaktion der Studizytig macht eine Blattkritik. Danach, um 12.15 Uhr, beantworten drei Journalist*innen der «Hauptstadt» an einem Mittags-Podium eine Berufswahlfrage: Wie werde ich Journalist*in?

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