Uni Bern Spezial

«50 shades of Aare»

Sheharyar Ahmed Khan ist Pflanzenwissenschaftler aus Pakistan. Der 30-Jährige absolviert derzeit ein Doktoratsstudium an der Universität Bern, das durch ein Exzellenzstipendium des Bundes gefördert wird. Teil 1 der «Uni-Protokolle».

Sheharyar Ahmed khan fotografiert am Freitag, 1. Maerz 2024 in Bern. (hauptstadt.be / Simon Boschi)
Khan lebt seit September 2022 in Bern. (Bild: Simon Boschi)

«Als Pflanzenwissenschaftler richtet sich mein Tagesablauf häufig nach meinen Experimenten. Und die drehen sich immer um Pflanzen, also Lebewesen, die hin und wieder ihrem eigenen Plan folgen. So kann es passieren, dass ich um fünf Uhr morgens zur Arbeit aufbreche. Oder aber um neun Uhr gemütlich am Institut für Pflanzenwissenschaften im Botanischen Garten eintreffe.

Ich lebe in einem Studentenwohnheim in Bern Bümpliz. Um zur Arbeit zu gelangen, nehme ich zunächst den Zug zum Bahnhof Bern. Von dort aus gehe ich dann zu Fuss. Das Spazierengehen habe ich erst in Bern für mich entdeckt. Diese fünfzehn Minuten morgens tun mir sehr gut. Wenn ich die Lorraine-Brücke überquere, schaue ich immer hinunter zur Aare. Was für ein faszinierender Fluss! Jeden Tag fliesst, glänzt und schäumt er ein bisschen anders. «50 shades of Aare», denke ich mir manchmal und muss lachen.

Ich fotografiere in diesen Momenten nie. Ich möchte diese Eindrücke einfach im Kopf abspeichern und vielleicht eines Tages mit nach Hause nach Pakistan nehmen. 

Bevor ich nach Bern gezogen bin, habe ich in Lahore gelebt, der zweitgrössten Stadt Pakistans. Über elf Millionen Menschen sind dort daheim, mehr als in der gesamten Schweiz. Alles ist viel lauter und intensiver als hier. Menschennah.

Sheharyar Ahmed khan fotografiert am Freitag, 1. Maerz 2024 in Bern. (hauptstadt.be / Simon Boschi)
Der Pakistani war schon auf dem Jungfraujoch und sagt: «Die Infrastruktur auf dem Berg hat mich stark beeindruckt.» (Bild: Simon Boschi)

Ich versuche so oft es geht mit meiner Familie in Pakistan zu telefonieren. Wegen der Zeitverschiebung von vier Stunden ist das nicht immer einfach. Samstags kannst du mich häufig mit Kopfhörern an der Aare entlang spazieren sehen – dann spreche ich mit meinen Eltern in Lahore. An der dortigen University of the Punjab habe ich meinen Master in Molekulargenetik gemacht. Ich erforsche den Pflanzenstoffwechsel und wie er durch schädliche Bakterien, Pilze und Krebszellen beeinflusst werden kann. Für meine Promotion wollte ich unbedingt ins Ausland gehen – ich war in verschiedenen Auswahlrunden und scheiterte nur knapp. Als es in Bern geklappt hat, und ich die Zusage durch die Eidgenössische Stipendienkommission in meinem Postfach sah, war meine Freude riesig. Über das Stipendium und meine Anstellung als Doktorand kann ich mir mein Leben hierzulande finanzieren.

Nach anderthalb Jahren in der Schweiz fühle ich mich hier sehr wohl. Im Studentenwohnheim habe ich sofort Menschen aus der ganzen Welt kennengelernt. Leider ziehen sie häufig schon nach einem Semester wieder aus – gerade, wenn man eine Freundschaft geknüpft hat.

«Uni-Protokolle»

Welche Menschen bevölkern die Uni, welche Lebensentwürfe prallen in den Fakultäten aufeinander? Die «Haupstadt» hat fünf Studierende getroffen – in den «Uni-Protokollen» gewähren sie Einblicke in ihren Alltag, teilen Zweifel, Wünsche und Gedanken.

Ein paar Schweizer Freund*innen habe ich auch schon. Das hat zunächst etwas gedauert. Ich würde es so beschreiben: Du musst hier in der Schweiz zuerst anklopfen. Dann aber schliessen sie dich ins Herz.

Wenn ich nicht im Botanischen Garten arbeite oder im Gewächshaus in Ostermundigen forsche, bin ich in der Schweiz und in Europa unterwegs. Wenn es mich nach Zürich oder Genf verschlägt, kaufe ich dort typische Gewürze für die pakistanische Küche ein. Oder feines Roti-Brot. In dieser Hinsicht haben die beiden Städte Bern einiges voraus.

In Pakistan liebte ich das Fussball- und Cricketspiel. In Bern habe ich tatsächlich Gefallen am Eislaufen gefunden. Da musste ich bei Null anfangen. Als nächstes steht Skifahren auf dem Programm. Da bin ich ebenfalls blutiger Anfänger. Zwei Jahre bleiben mir bei meinem Forschungsaufenthalt in der Schweiz noch, um es zu lernen.»

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