Kopf der Woche: Valentina Achermann

Valentina Achermann, SP-Stadt- und -Grossrätin sowie Psychotherapeutin in Ausbildung, organisiert diesen Samstag eine nationale Demonstration zur Versorgungskrise in der Psychotherapie mit.

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(Bild: Jana Leu)

Spätestens seit ihrer Wahl zur Stadtratspräsidentin ist sie in der Berner Politik eine feste Grösse. Valentina Achermann war 2024 «höchste Stadtbernerin» und setzte sich unter anderem dafür ein, dass soziale Fragen wie Armut, Obdachlosigkeit und hohe Mieten stärker in den Fokus rücken.

Nun tritt die Politikerin auch als Demo-Mitorganisatorin auf. Denn eine andere soziale Frage spitzt sich in den Augen Achermanns derzeit zu: Jene der psychotherapeutischen Versorgung. Dies erlebt die 30-Jährige in ihrem Berufsalltag. Achermann ist mit in einem 80-Prozent-Pensum am Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) in Wabern tätig. Hier werden in die Schweiz geflüchtete Menschen behandelt, die aufgrund von Krieg, Folter und Fluchterlebnissen unter Traumata leiden. Ab Herbst arbeitet sie zusätzlich selbständig in einer Gemeinschaftspraxis in der Stadt Bern.

«Auch wir haben einen Aufnahmestopp», sagt Achermann. Die Nachfrage übersteige das Angebot – ein schweizweites Phänomen. «Menschen, die dringend eine Therapie brauchen, bekommen sie nicht», so Achermann. Mit Folgen: «Der Krankheitsverlauf verschlechtert sich und kann chronisch werden. Das kann zu Arbeitsunfähigkeit, sozialer Isolation und im schlimmsten Fall zum Suizid führen.»

Achermann hat sich deshalb mit rund 100 Mitstreiter*innen aus verschiedenen Verbänden und Interessengruppen zusammengetan, um auf die «Versorgungskrise» aufmerksam zu machen. Sie rufen am Samstag zu einer Demonstration auf dem Berner Waisenhausplatz auf, um sich Gehör zu verschaffen. 

Warum ausgerechnet jetzt? Dies sei auch auf die jüngste Ankündigung der Krankenkassen zurückzuführen, die provisorischen Tarife für psychotherapeutische Leistungen zu senken. Das setze Psychotherapeut*innen noch stärker finanziell unter Druck, so Achermann. Denn dieser sei schon an anderer Stelle beträchtlich. Achermann erklärt die Lage an ihrem eigenen Beispiel: Die in Nidwalden aufgewachsene Politikerin schliesst im Herbst die Ausbildung zur Psychotherapeutin ab, die nach dem Masterstudium in Psychologie vier Jahre dauerte. Die Kosten dafür belaufen sich laut Achermann auf bis zu 60’000 Franken, wobei die Psychotherapeut*innen für den grössten Teil davon selbst aufkommen müssen. 

Am Samstag geht es Achermann und der Initiative aber auch um etwas, das sich jenseits der finanziellen Realitäten abspielt: «Psychische Erkrankungen werden immer noch zu wenig ernst genommen.» Gemeinsam zu demonstrieren sei ein Ausdruck von Solidarität mit den Betroffenen, so die angehende Psychotherapeutin.

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