Kopf der Woche: Bernhard Eicher
Der frühere FDP-Stadtrat Bernhard Eicher (42), der politisch einst für Steuersenkungen kämpfte, wird 2026 Chef der Stadtberner Behörde, die Steuern eintreibt.
Wenn die neue Leitung der Steuerverwaltung ernannt wird, erregt das normalerweise kein Aufsehen. Bei der Ankündigung, die der Gemeinderat am Donnerstag machte, ist das anders. Mit Bernhard Eicher, der ab Februar 2026 die Nachfolge des pensionierten Moritz Jäggi übernimmt, wird ein prominenter FDP-Politiker, der einst pointierte finanzpolitische Positionen vertrat, oberster städtischer Steuerverwalter.
Eicher wird eine der wichtigsten Kaderpersonen von Melanie Mettler (GLP), seit Anfang Jahr städtische Finanzdirektorin. Bemerkenswert: Mit diesem Personalentscheid versorgt Mettler, die 2024 auf der gemeinsamen Liste von SVP, FDP, Mitte, EVP und GLP gewählt wurde, nicht ihre grünliberale Partei mit einer Schlüsselposition in der Verwaltung, wie das sonst gerne gemacht wird.
Melanie Mettler und Bernhard Eicher haben jahrelang gemeinsam im Stadtparlament politisiert. Doch die Politikerin betont, das habe nun keine Rolle gespielt: «Massgebend für Eichers Anstellung war seine fachliche Eignung. Seine ausgezeichneten Kenntnisse der Stadt Bern und ihrer politischen Prozesse ergänzen sein Profil ideal», sagt sie zur «Hauptstadt».
Eicher ist kein Steuerexperte im engeren Sinn, hat aber einen breiten Background. Er studierte Wirtschaft und doktorierte in Verwaltungswissenschaften. Lange arbeitete er für die Berner Kantonalbank, seit 2022 ist Eicher Direktor Bern des Immobiliendienstleisters Wüest Partner. Er sitzt im Verwaltungsrat von Bernmobil, den er verlässt, sobald er in die Steuerverwaltung wechselt. Führungsqualitäten bewies er unter anderem als OK-Präsident des Berner Stadtfests 2022.
In latentem Kontrast zum künftigen Job als Chef der Steuerverwaltung steht die politische Haltung, die Eicher während seiner Stadtrat-Zeit an den Tag legte. Hartnäckig kämpfte er, der die FDP-Fraktion bis 2020 präsidierte und prägte, gegen «das Tabu einer Steuersenkung». Wie sieht er seinen künftigen Job im Licht seines früheren politischen Kurses? «Ich freue mich sehr über die Wahl, die neue Rolle im Dienst der Stadt Bern und das neue Team», sagt Eicher zur «Hauptstadt». Zur Finanzpolitik äussere sich der Gemeinderat, was dieser kürzlich «umfassend getan hat».
Eine Antwort, ganz Marke Eicher: Er gab zwar in Debatten früher gerne und klar wirtschaftsliberale Kante, blieb aber auch freundlicher, lösungsorientierter Diplomat. Bestens geeignet für einen Sitz im Gemeinderat. 2020 führte er einen engagierten Wahlkampf. Alles schien bereit. Doch Eicher wurde nicht in die Stadtregierung gewählt und zog sich aus der Stadtpolitik zurück.
Ab Februar 2026 spielt der fleissige Läufer und begabte Pianist, Teil der parteiübergreifenden Polit-Rockband Fraktionszwang, nun trotzdem eine wichtige Rolle in der Berner Finanzdirektion.