Im Plan stehen nun schwarze Zahlen

Der neue Gemeinderat korrigiert im Finanzplan der Stadt Bern die negativen Budgets der kommenden Jahre ins Positive. Erreichen will er sie mit einem noch nicht definierten Verzicht auf Aufgaben.

Medienkonferenz Stadt Bern Rechnung 2024
Der Gemeinderat hat die Jahresrechnung 2024 verabschiedet.
Melanie Mettler
Reto Rutschi
Moritz Jäggi
hauptstadt.be
© Danielle Liniger
Das Wachstum bei den Steuereinnahmen, das die neue Finanzdirektorin schon bei der Präsentation der Rechnung 2024 im April zeigen konnte, half auch beim Budgetieren im Finanzplan. (Bild: Danielle Liniger / Archiv)

Die Ausgaben und die Schulden der Stadt Bern steigen. Ebenfalls aufwärts geht es mit den Steuereinnahmen. Jährlich versucht die Stadtregierung diese Situation, die gesetzlichen Aufgaben der Verwaltung und die Aufträge des Parlaments in ein Budget für das Folgejahr und einen Finanzplan für die nachfolgenden Jahre zu giessen.

Im letztjährigen Finanzplan resultierte diese Planung in einer Reihe von roten Budgets, in denen Verluste zwischen 12,9 und 28,2 Millionen Franken geplant waren. 

Die aktuelle Regierung, in der drei neu gewählte Gemeinderät*innen sitzen, darunter auch die neue Finanzdirektorin Melanie Mettler (GLP), setzt sich nun positivere finanzielle Ziele. Sie legt ein Budget 2026 vor, das einen kleinen Gewinn von 2,6 Millionen Franken vorsieht. In den Folgejahren 2027 bis 2029 plant sie Überschüsse zwischen 0,2 und 11,9 Franken.

Vergleich von Finanzplan 2025 und 2026

Finanzplan 2025-2028, Juni 2024

Defizite

Finanzplan 2026-2029, Juni 2025

Überschüsse

2025

-28 Mio. Franken

2026

-12,9 Mio. Franken

2,6 Mio. Franken

2027

-21 Mio. Franken

3,9 Mio. Franken

2028

-28,2 Mio. Franken

0,2 Mio. Franken

2029

11,9 Mio. Franken

Im Bereich der Ausgaben hat der Gemeinderat ein positives Budget 2026 errechnet, indem die Gemeinderät*innen die Globalbudgets der jeweiligen Direktionen einhalten sollen und allfällige Mehrausgaben in einem Bereich mit Minderausgaben in einem anderen Bereich kompensieren. So könne der Gemeinderat das Ausgabenwachstum von 10 Millionen Franken fast vollständig durch Priorisierungen in anderen Bereichen kompensieren, wie Finanzdirektorin Melanie Mettler an einer Medienkonferenz ausführte. 

Die Finanzdirektion habe zum Beispiel im Beschaffungswesen die Limite, ab welcher Beschaffungen öffentlich ausgeschrieben werden, heraufgesetzt auf einen Wert, den auch viele Kantone pflegen würden. Das ergibt weniger Aufwand und damit weniger Ausgaben.

Wie die Regierung die schwarzen Budgets der nachfolgenden Jahre 2027 bis 2029 erreichen will, ist noch nicht definiert. Sie wolle mit einer neuen Herangehensweise versuchen, Sparmassnahmen auszuloten und zu beschliessen. Es sollen zum Beispiel nicht einfach in allen Abteilungen pauschal Stellen gestrichen werden. 

Weg vom Gärtlidenken

Melanie Mettler strebt mit dem neuen Gemeinderat hingegen eine «strategische Aufgabenpriorisierung» an. Die Finanzdirektion erarbeite nun ein Konzept für den Prozess, sagte Mettler. Bisher sei die Finanzplanung von Gärtlidenken geprägt gewesen. Bestehende Aufgaben habe man hingegen nicht hinterfragt. 

Nun will der Gemeinderat auch diese durchleuchten und «die Tätigkeiten der Stadtverwaltung mit den vorhandenen Ressourcen in Einklang bringen», wie die Regierung sehr allgemein formuliert. Konkret muss der Gemeinderat damit wohl Standards heruntersetzen oder gewisse Aufgaben streichen. Damit will er in den Jahren 2027 bis 2029 je 15, 30 und 40 Millionen Franken einsparen.

Budgetieren kann die Regierung die schwarzen Zahlen im Finanzplan aber auch dank einem Wachstum bei den Steuereinnahmen. Im kommenden Jahr rechnet die Steuerverwaltung mit einem Wachstum von rund 5 Prozent und damit mit 642 Millionen Steuerfranken. In den Folgejahren rechnet man auch mit einer Zunahme. 

Ohne die neusten Konjunkturprognosen

Laut dem Steuerverwalter Moritz Jäggi basieren diese Zahlen auf einer optimistischen Planung. So habe der Gemeinderat darauf verzichtet, die deutliche Anpassung der Konjunkturprognosen nach dem Verkünden der neuen US-Zollpolitik durch Präsident Donald Trump in die Ertragsplanung einzubauen. 

«Das Vorsichtsprinzip ausgereizt», nannte Jäggi das an der Pressekonferenz. Mit den neuen Konjunkturprognosen hätte man die Steuereinnahmen nach unten korrigieren müssen. Hier sei aber auch angemerkt, dass in den vergangenen Jahren die effektiven Steuereinnahmen oft über den Prognosen lagen.

Trotz der schwarzen Zahlen im Plan segle die Stadt hart am Wind, sagte denn auch Mettler. Der Finanzhaushalt wachse, das Eigenkapital aber stagniere. Ein Einbruch der Steuereinnahmen könne schnell zu Defiziten führen. Und auch die Schulden steigen wegen des grossen Investitionsbedarfs.

Der neu zusammengesetzte Gemeinderat hat also mehrere Kurswechsel gemacht: Er strebt schwarze Budgets an, plant bei den Steuereinnahmen progressiv und will mit einem neuen Prozess einen «nachhaltigen Einsatz der verfügbaren Ressourcen» erreichen, wie er es in einem sogenannten «finanzpolitischen Kompass» formuliert.

Um die Sparmassnahmen dereinst auch umzusetzen, braucht die Regierung aber auch die Zustimmung des Parlamentes. «Für den Gemeinderat ist es eine Herausforderung, das Parlament im Prozess mitzunehmen», sagte Melanie Mettler.

Das sagen die Parteien

Die Parteien sind derzeit mehrheitlich noch nicht auf der Linie des Gemeinderats. Die SP schreibt in einer Mitteilung zwar, der Gemeinderat lege «eine solide Planung» vor. Es sei erfreulich, dass damit wichtige Investitionen möglich bleiben würden. Auch die Grüne Freie Liste nimmt das Budget 2026 positiv auf. Mit Blick auf die Budgetdebatte im Stadtrat fordert die GFL aber eine Priorisierung in den Bereichen Klimaanpassung, Kultur und Soziales.

Der FDP hingegen geht der Gemeinderat zu wenig weit. «Es muss bereits dieses Jahr ein umfassendes Entlastungspaket geschnürt werden», schreibt die Partei. Die Mitte sieht nur «einen kleinen Schritt in die richtige Richtung» und lehnt das Budget ab.

Und auch die Regierungspartei Grünes Bündnis ist unzufrieden. Sie wiederum würde gerne mehr Geld ausgeben: «Statt Leistungsabbau auf Vorrat braucht es Investitionen in Klimaschutz und Armutsbekämpfung.» Der Fokus auf die schwarze Null im Budget sei ein Fehler.

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Diskussion

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Toni Menninger
25. Juni 2025 um 11:37

Soeben hat die Nationalbank den Leitzins wieder auf 0 gesenkt. Das dürfte die öffentlichen Kassen entlasten. Paranoia gegenüber kleinen Defiziten ist völlig unangebracht. Im Gegenteil wenn die öffentliche Hans praktisch kostenlos Kapital besorgen kann, wäre es dumm, zu sparen um des Sparens willen.