Ferien in Köniz
Städtetrips führen selten nach Köniz. Unsere Kolumnistin wittert ungenutztes touristisches Potenzial.
Als eine Freundin kürzlich erzählte, sie habe Ferien in Köniz gemacht, erstaunte mich das nicht weiter. Köniz bietet viel, man kann sogar Kolumnen darüber schreiben. Auch als sie von einer Raftingtour erzählte, fand ich nichts daran. Aareböötle, kennt ja jede*r. Erst als sie Titos Bunker erwähnte, fragte ich nach. In Köniz? Nein, nicht in Köniz sei sie gewesen, sondern in Konjic, ausgesprochen «Koniz», in Bosnien und Herzegowina.
Schade. Denn Köniz hätte durchaus einiges zu bieten: den Gurten, die Aare, das Schloss, historische Gebäude und moderne Architektur, Kultur, Natur, Kulinarik.
Von Reiseführern verleugnet.
Doch wie soll der oder die gemeine Tourist*in das wissen? In den gängigen Reiseführern von Lonely Planet, Michelin und Marco Polo zur Schweiz findet Köniz mit keinem Wort Erwähnung. Für Schlossbesichtigungen im Raum Bern reist man ihnen zufolge besser nach Holligen, Jegenstorf oder Burgdorf.
Einzig der Gurten wird von allen als Ausflugstipp genannt – aber natürlich unter dem Label «Berner Hausberg». Eine Umbenennung in «Könizberg», wie am 1. April zum Scherz von der Gemeinde verkündet, wäre aus Tourismus-Sicht unbedingt ernsthaft zu erwägen.
Selbst in den Reiseführern zu Bern reicht es nur für den Gurten als – nicht so deklarierte – Könizer Attraktion. Allein das «Travel Book Bern» von Dumont mit Fokus auf die «Instagramability» nennt noch einen weiteren Könizer Ort bzw. «Insta-Spot»: den Liebefeld-Park. Dazu heisst es: «Direkt am Teich, wenn du dich an den Rand vors Wasser setzt, entstehen coole Fotos.» Quasi Infinity-Pool. Immerhin ein Anfang, um aus dem touristischen Schatten von Bern treten zu können.
Von Ittigen verdrängt
Wenn Tourist*innen tagsüber schon nicht nach Köniz finden, so könnten sie es zumindest für die Übernachtung tun. Doch obwohl einige Orte mit Bern verwachsen sind, gibt die Hauptstadt kaum Gäste an die Nebenstadt ab. Fast eine halbe Million Hotelbesucher*innen hatte die Stadt Bern laut Bundesamt für Statistik im vergangenen Jahr zu verzeichnen; in Köniz waren es gerade mal knapp 7500. Das mag daran liegen, dass Köniz keine grossen Hotelkomplexe, sondern eher kleine Gasthöfe zu bieten hat. Oder daran, dass zwei andere Gemeinden den Berner Tourismus besser zu nutzen wissen: Belp und Ittigen; Ittigen mit mehr als doppelt so vielen registrierten Hotelgästen wie Köniz.
Urlaubsparadies Ittigen? Na ja. Vielmehr lässt die kurze Aufenthaltsdauer und der hohe Ausländer*innenanteil der Ittiger Gäste vermuten, dass es sich mehrheitlich um Übernachtungen im Hotel Grauholz handelt. Die Raststätte steht auf Ittiger Gemeindeboden.
Einen Hoffnungsschimmer für die Zukunft von Köniz als Feriendestination gibt es dennoch: In Köniz logieren die Besucher*innen im Vergleich mit Bern und den umliegenden Gemeinden am längsten – im Schnitt 2,4 Nächte. Vielleicht ja, weil es in Köniz so viel zu sehen gibt.
Annatina Foppa hat als freie Journalistin bei der «Berner Zeitung» ein besonderes Interesse an Köniz entwickelt. Den Beruf hat sie vor Jahren gewechselt, die Faszination ist geblieben. Für die «Hauptstadt» rückt sie monatlich die «Nebenstadt» Köniz ins Zentrum.