«Mittlerweile springen mich die Geschichten richtig an»

Fotoporträt #25: Werner Adams (80) schreibt historische Romane. Er liebt es, zu recherchieren und möchte seinen Figuren einen Charakter geben.

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Rund einen Drittel der Zeit für ein Buch widmet Werner Adams der Recherche. (Bild: Danielle Liniger)

«Schreiben ist mein Hobby. Ich möchte authentische Geschichten über historische Figuren verfassen. Die Hauptfiguren in meinen Romanen lebten wirklich. Deswegen recherchiere ich in Archiven, um mehr über ihren Alltag und ihr Handeln zu erfahren. Für meinen neusten Roman «Seitz» habe ich dessen Verhör-Akten im Staatsarchiv des Kantons Bern analysiert.

Es geht mir dabei um die Menschen. Ich finde es faszinierend, ihnen Leben einzuhauchen. Am Ende meines Schreibprozesses sollen sie nicht mehr nur Namen auf einer Papier-Akte sein, sondern Personen mit Gefühlen und Emotionen.

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Die Romane von Werner Adams spielen oft im Kanton Bern. (Bild: Danielle Liniger)

Ich konzentriere mich auf eine spezifische Zeit: ab dem Ende der Aufklärung bis zur Restauration (ca. 1770 – 1848). Ich denke, es ist eine wahnsinnig spannende Zeit. Damals gab es grosse Umwälzungen in der Gesellschaft und prägende Ereignisse wie die Französische Revolution, die Napoleonischen Kriege oder auch den Beginn der Industrialisierung. Mittlerweile bin ich so gut in dieser Zeit daheim, dass ich mir vorstellen kann, wie die Leute in dieser Zeit getickt haben.

Beim Schreiben versetze ich mich in meine Schauplätze hinein. Dann sitze ich zum Beispiel selber mit den Protagonist*innen in der Bauernstube, die ich beschreibe. Ich stelle mir vor, dass die Wanduhr tickt oder eine Magd den Kaffee bringt.

Geschichte hat mich schon immer interessiert. Zu einem runden Geburtstag meines Vaters habe ich mich dann mit unserer Familienhistorie auseinandergesetzt. Diese Suche ging länger als geplant und die Spuren führten auch ins Ausland. In dieser Zeit habe ich meine Faszination für die Familienforschung und Archivforschung entdeckt.

Mein allererstes Buch handelt von einem Vorfahren, meinem Ururgrossvater mütterlicherseits. Mit 34 Jahren erkrankte er an einer «Seelenstörung» (Schizophrenie) und kam in eine Heil- und Pflegeanstalt. In einem Archiv fand ich seine umfangreiche Krankenakte, die mir sein ganzes Leben wie ein aufgeschlagenes Buch offenbarte.

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Bei seiner Recherche erfährt Werner Adams auch, welche alltäglichen Probleme seine Figuren beschäftigten. (Bild: Danielle Liniger)

Zu Beginn dachte ich, dass mir irgendwann die Grundlagen fehlen würden, um mehr zu schreiben. Aber mittlerweile springen mich diese Geschichten richtig an. Es haben sich auch schon Leser*innen mit Vorschlägen gemeldet.

Mein neuestes Buch «Seitz – Die Geschichte eines Schweizer Söldners und Bandenführers» ist eines von drei Büchern, die zusammengehören. Sie erzählen eine Geschichte rund um den Hof der Familie Münger im Wiler bei Seedorf. Die Hauptfigur, Seitz, war der Anführer einer Gruppe, die den Hof im Jahr 1800 überfiel. Dabei tötete er zwei Bauern in einer Messerstecherei.

Wie Seitz sind auch meine anderen Hauptfiguren Anti-Helden, es sind Loser. Zu ihnen gibt es natürlich nur deshalb Unterlagen aus dieser Zeit, weil sie verhört wurden.  Diese kleinen Leute gehen in die Geschichte ein, weil sie Dreck am Stecken hatten. Aber wenn man sich mit deren Geschichte befasst, entdeckt man auch noch ein paar andere Seiten an ihnen. Seitz ist nicht als Mörder auf die Welt gekommen. Ich wollte versuchen nachzuvollziehen, wann und warum es bei ihm gekippt ist.»

Werner Adams (80) ist in Zürich geboren und aufgewachsen. Jetzt wohnt er mit seiner Frau in Wichtrach. Beruflich war Adams als Personalleiter in verschiedenen mittleren und grossen Industrieunternehmen tätig. Während 25 Jahren hat er die Genealogisch-Heraldische Gesellschaft Zürich geführt, die sich mit Familiengeschichtsforschung und Wappenkunde beschäftigt. Sein erstes Buch veröffentlichte er im Jahr 2012. Seitdem hat er 13 weitere Werke geschrieben, die er selbst verlegt.

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