Die Brennnessel: der wilde Spinat
Sie wächst früh und lässt sich nicht verwechseln: In ihrer zweiten Kolumne bereiten die Pflanzenspezialistinnen Pascale Amez und Melissa Knüsel eine Lasagne aus Brennnesseln zu.
Es ist ein warmer Tag im März und wir stehen am Waldrand. Die Sträucher strecken bereits ihre ersten Blüten der Sonne entgegen und zu unseren Füssen wächst ein Feld von Scharbockskraut und Vogelmiere. Es wird Frühling!
Heute richten wir unsere Aufmerksamkeit auf eine alte Bekannte, die Brennnessel. Sie treibt jetzt frisch aus und schmeckt besonders lecker. Die Gattung der Brennnessel umfasst um die 45 verschiedene Arten und ist eine der bei uns meistverbreiteten essbaren Wildpflanzen. In der Naturapotheke hat die Brennnessel ihren festen Platz: Sie kommt bei rheumatischen Erkrankungen und Verdauungsbeschwerden zum Einsatz. Durch ihre Inhaltsstoffe wird die Pflanze gerne auch als heimisches «Superfood» bezeichnet.
Die Pflanze ist reich an Mineralien wie Kalium, Eisen und Magnesium und enthält mehr Vitamin C als Zitrusfrüchte. Daneben bieten die Blätter viel pflanzliches Protein, bis zu 8 g Eiweiss auf 100 g Brennnesselblätter! Dies entspricht etwa dem Eiweissgehalt der gleichen Menge frischer Hülsenfrüchte. So lohnt es sich sehr, die widerspenstige Pflanze in die Küche zu holen. Dort kann sie wie Spinat verwendet werden.
Bereits als Kinder verbrannten wir uns die Hände am wilden Kraut, wenn wir zu neugierig waren. Dabei lernten wir auch gleich, die Brennnessel zu bestimmen: Sie gilt als eine der besten Pflanzen für den Einstieg ins Sammeln von Wildkräutern.
Du findest die Brennnessel auf nährstoffreichen, feuchten Böden. Sie steht oft an Waldrändern, in Parks, neben Teichen und Flüssen. Verwechslungsgefahr besteht vor allem mit der Taubnessel – die aber ebenfalls essbar ist. Wichtig ist, dass du dir eine Sammelstelle suchst, die nicht an einem Weg oder neben stark gedüngten Wiesen liegt. Hundekot und Düngemittel verderben die Freude am Geschmack.
Die Brennnessel wächst fast ganzjährig. Besonders lecker schmecken die frühen Spitzen jetzt, im Frühling. Die jungen Blätter sind zart und würzig, mit zunehmendem Alter werden sie kräftiger. Im Frühherbst bilden sich die Samen aus, die einen nussigen Geschmack haben. Wir essen sie am liebsten geröstet!
Aber auch im Winter findest du die Brennnessel mancherorts. Dann ist sie eine willkommene grüne Abwechslung zum Wintergemüse. Doch Vorsicht beim Pflücken – Im Winter brennen die Blätter besonders stark.
Wenn du beherzt zugreifst, knicken die Brennhaare um und können dich nicht brennen. Das braucht aber einiges an Mut. Für unsere Lasagne benötigen wir eine ganze Menge Brennnesselblätter, die wir deshalb mit dicken Handschuhen pflücken.
Zuhause rollen wir die Blätter als erstes mit einem Wallholz flach. Durch den Druck werden die feinen Härchen geknickt und brennen nicht mehr. Anschliessend waschen wir die Brennnesselblätter in einem Wasserbad, bevor sie den Weg in unsere saisonale und vegane Lasagne finden.
Zutaten
Für die Füllung
- 400 g Champignons
- 200 g Brennnesseln
- 2 Birnen
- 1 Zwiebel
- 3 Zehen Knoblauch
- 1 EL Öl
- 600 g gehackte Tomaten
- 500 g Lasagneblätter
Für die Béchamel-Sauce
- 130 g Margarine
- 3 EL helles Mehl (z.Bsp. Dinkelmehl)
- 500 ml ungesüsste Sojamilch
- 4 EL Hefeflocken
- 0.5 TL Muskatnuss
- Salz & Pfeffer nach Geschmack
- Die Brennhaare der Blätter zerstören, indem die Brennnesselblätter mit einem Wallholz zerdrückt werden. Anschliessend die Blätter waschen, grob hacken und beiseite stellen.
- Die Zwiebel und die Knoblauchzehen schälen und fein hacken. Die Champignons putzen und in dünne Scheiben schneiden. Die Birne in kleine Würfel schneiden.
- In einer Bratpfanne das Öl erhitzen, die Zwiebel glasig dünsten, danach den Knoblauch beifügen. Die Champignons hinzugeben und mitbraten, bis die Pilze kein Wasser mehr abgeben.
- Die gehackten Brennnesselblätter hinzugeben und unter Rühren dünsten, bis sie zusammenfallen. Die Birnenwürfelchen hinzufügen und kräftig mit Salz und Pfeffer würzen.
- Die gehackten Tomaten mit Salz und Pfeffer abschmecken.
- Nun die Béchamelsauce zubereiten: Dazu die Margarine in einem Topf zergehen lassen. Das Mehl durch ein Sieb geben und unterrühren, dann die Sojamilch dazu giessen. Die Sauce unter Rühren aufkochen lassen.
- Hefeflocken, Muskatnuss, Salz und Pfeffer hinzugeben und die Béchamelsauce abschmecken.
- Jetzt gehts ans Schichten der Lasagne: Dazu etwas gehackte Tomaten auf dem Boden der Auflaufform verteilen und mit Lasagneblätter bedecken. Dann eine Lage Béchamelsauce und anschliessend die Brennnessel-Pilz-Füllung daraufgeben. So oft schichten, bis die Auflaufform voll ist und die Lasagne mit einer Lage Béchamelsauce und Füllung abschliessen.
- Im vorgeheizten Ofen bei 200°C Umluft für 30–40 Minuten backen, bis die Lasagne eine goldene Farbe annimmt.
Anmerkungen:
- Ersetze die Hälfte der Brennnesseln durch Spinat, wenn du bisher kaum mit grünen Kräutern gekocht hast. An den intensiven Geschmack darf sich dein Gaumen erst etwas gewöhnen.
- 100 g Brennnesselblätter entsprechen ungefähr einem vollen Jutebeutel.
- Sammle achtsam, indem du nur die Spitzen erntest und immer einen Grossteil der Pflanzen stehen lässt.
- Hefeflocken findest du in Bioläden oder in grossen Supermärkten.
Zu den Personen: Die beiden Bernerinnen Pascale Amez und Melissa Knüsel haben sich während ihrer Ausbildung kennengelernt – und dort auch die gemeinsame Liebe für einheimisch Gewachsenes entdeckt. Daraus ist der Blog Urkraut entstanden. Für die «Hauptstadt» widmen sie sich jeden Monat einem anderen Kraut.