Die Schafgarbe: Winterharte «Gesundmacherin»

Die Schafgarbe trägt ihre Heilkräfte im Namen. «Garbe» stammt aus dem Althochdeutschen und steht für «Gesundmacherin». Unsere Kolumnistinnen schätzen sie auch ihres Geschmackes wegen.

Schafgarbe Kolumne
Sie wächst am Aargauerstalden, in Bümpliz und im Eichholz: die Schafgarbe. (Bild: Pascale Amez)

Seit wir die Schafgarbe kennen, können wir kaum mehr über eine Wiese schlendern, ohne sie zu entdecken. Ob nun am Aargauerstalden, zwischen den Blöcken in Bümpliz oder im momentan verlassenen Eichholz: An frostfreien Tagen spriessen unermüdlich zartgrüne Blättchen aus der Pflanze. Wollten wir ihr dabei zusehen, würden wir eher festfrieren als das Wachstum wahrzunehmen. Aber es ist da und lässt uns erkennen, dass die Natur im Winter nicht stillsteht.

Eine Pflanze, viele Namen

Ihr Aussehen und ihre Heilkräfte verhalfen der Schafgarbe zu zahlreichen Namen, allen voran «Augenbrauen der Venus»: Mit ihren gefiederten Blättern und schirmartigen Blütenständen erinnert sie an Augenbrauen. Auf ihre Heilkräfte verweist das Wort «Garbe». Es stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet «Gesundmacherin». 

Als «Frauenheil» oder «Mutterkraut» unterstützt die Schafgarbe die Gebärmutter und damit den weiblichen Körper bei Menstruationsbeschwerden und Krämpfen. 

Der Name «Schafzunge» entstand, als Hirten vor vielen Jahren feststellten, dass Schafe die Pflanze fressen, um sich von Darmwürmern zu befreien. Auch Menschen haben sie deshalb lange Zeit verzehrt.

Schafgarbe Kolumne
Die Blüten der Schafgarbe enthalten ätherische Öle, die entzündungshemmend wirken. (Bild: Pascale Amez)

Unter «Herrgottsrücken-», «Soldaten-» oder «Bierkraut» ist die Schafgarbe ebenfalls bekannt. Ihre Verwendung hat eine lange Tradition, die bis in die Antike zurückreicht. «Achillea millefolium», ihr botanischer Name, leitet sich vom griechischen Helden Achilles ab. Der Legende nach heilte er die Wunden seiner Krieger mit der Pflanze. 

Wissenschaftlich legitimiert ist ihr Einsatz in der Volksmedizin: Traditionell wird sie bei der Behandlung von Wunden, Hautausschlägen und Insektenstichen angewendet. Da sie an vielen Orten wächst, ist sie stets zur Stelle, wenn sie gebraucht wird. Ihre Inhaltsstoffe mit einer grossen Menge an ätherischen Ölen sorgen dafür, dass sich Wunden nicht entzünden.

Architektin fürs natürliche Gleichgewicht

Auf sonnigen Wiesen, Weiden, an Waldrändern und Brachen gedeiht die Schafgarbe als winterharte, mehrjährige Pflanze, ohne grossartige Ansprüche an ihren Lebensraum zu stellen. Sie kommt sehr häufig vor, nicht nur in Europa, sondern auch in Nordafrika und Amerika.

Trotz ihres unauffälligen Erscheinungsbildes spielt die Schafgarbe eine entscheidende Rolle im Ökosystem. Mit ihrem Reichtum an Nektar bietet sie einen beliebten Rastplatz für bestäubende Insekten wie Schmetterlinge und Bienen und trägt somit zur ökologischen Vielfalt bei.

Die Pflanze ist auch dafür bekannt, den Boden zu stabilisieren und das Wachstum umliegender Pflanzen zu fördern. Das macht sie zu einer Schlüsselart in verschiedenen Lebensräumen. Hinter ihrer unscheinbaren Fassade verbirgt sich eine Architektin fürs natürliche Gleichgewicht.

Genaues Hinsehen wird belohnt

Bei genauer Betrachtung stellen wir fest, dass die grosse Blüte aus vielen kleinen Blüten besteht, die eine eigene Welt in sich bilden. Ihre Farbpalette reicht von Weiss über Rot bis zu zartem Gelb.

Die Schafgarbe ist ein Blickfang. Mit ihren zarten Blättern, den dekorativen Blütenständen und den langen Stielen ist sie eine Augenweide in jedem Blumenstrauss und lässt unser Herz für Feldblumen höher schlagen. Dank ihres festen Stiels eignet sie sich auch gut als Trockenblume.

Jetzt im Winter sammeln wir nur die frisch ausgetriebenen, zartgrünen Blättchen. Sie können ganzjährig geerntet werden, schmecken aber von Februar bis Mai am zartesten. Im Sommer halten wir Ausschau nach den Blüten. Während wir für diese Kolumne Blätter der Schafgarbe sammelten, sind wir tatsächlich noch auf Exemplare mit offenen Blüten gestossen. Was für ein Anblick inmitten der sonst winterlichen Landschaft!

Schafgarbe Kolumne
Vorsicht beim Sammeln: Die frischen Blätter der Schafgarbe ähneln denen des giftigen Rainfarns. (Bild: Pascale Amez)

Die jungen Austriebe ähneln denen des giftigen Rainfarns, daher sollte man beim Sammeln aufmerksam sein. Bevor wir eine Pflanze verzehren, gehen wir immer auf Nummer sicher. Deshalb beobachten wir ausgewählte Pflanzen im Jahresverlauf. Spätestens mit der Blüte lassen sie sich zweifelsfrei bestimmen und wir wissen im nächsten Winter genau, wie die Blätter aussehen.

Würzig und bitter

In der Nase würzig und auf der Zunge bitter verleiht die Schafgarbe Gerichten eine interessante Note. Aktuell ist frisches, saisonales Grün rar. Deswegen verarbeiten wir die jungen Blätter am liebsten in einem Salat. Aber sie schmecken genauso in Suppen und Eintöpfen. Im Sommer trocknen wir die Blüten und Blätter für Tee. 

Wir mögen die Schafgarbe besonders gerne, weil sie nicht nur medizinisch, sondern auch ökologisch und kulinarisch von grosser Bedeutung ist.

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Cremiger Schafgarben-Aufstrich

Die Schafgarbe verleiht diesem cremigen Aufstrich eine würzige Frische. Mit (selbstgebackenem) knusprigem Brot oder als Dip zu Gemüse schmeckt er besonders gut. 

Zutaten

  • 150 g gekochte weisse Bohnen
  • 1 kleine Knoblauchzehe
  • 2 EL Tahini
  • 1 EL Zitronensaft
  • 20 g Schafgarbenblätter 
  • 0.3 TL Salz
  • 100 g Frischkäse

Zubereitung

    Schafgarbenblätter waschen, die Knoblauchzehe schälen. Die Bohnen in einem Sieb mit kaltem Wasser abspülen und gemeinsam mit Tahini, Zitronensaft und Schafgarbe mit einem Pürierstab sämig pürieren. Dann den Frischkäse daruntermischen und den Aufstrich mit Brot oder Gemüsestäbchen servieren.

Zu den Personen: Die beiden Bernerinnen Pascale Amez und Melissa Knüsel haben sich während ihrer Ausbildung kennengelernt – und dort auch die gemeinsame Liebe für einheimisch Gewachsenes entdeckt. Daraus ist der Blog Urkraut entstanden. Für die «Hauptstadt» widmen sie sich jeden Monat einem anderen Strauch oder Kraut.

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