Die Birke: mehr als bittere Blätter
Die Birke ist eine Pionierbaumart – und fast alle ihre Teile lassen sich verwerten. Die Wildkräuter-Kolumnistinnen konzentrieren sich auf einen Eistee aus ihren Blättern.
Unsere Suche nach Birkenblättern bringt eine spezielle Herausforderung mit sich: Wir sind zu klein. Während die Birke (lateinisch Betula) an vielen Standorten in der Stadt Bern wächst, wird sie dabei oft so gross, dass die untersten Zweige nur mit einer Leiter erreicht werden können.
Für ein paar Blätter beim Klettern einen Absturz zu riskieren, scheint uns auch für unsere Verhältnisse übertrieben. Deshalb suchen wir nach dem Besuch der kleinen Schanze weiter und entdecken schliesslich einen schmalen, idyllischen Weg in Ostermundigen. Er ist gesäumt von Bäumen mit niedrig hängenden Ästen, den Hängebirken.
Mit ihren geringen Ansprüchen an Standort und Boden gilt die Birke als Pionierbaumart, da sie kahle Stellen schnell besiedelt. Nach der Eiszeit schaffte sie die Grundlage für das Wachstum anderer Baumarten. Als «Baum des Anfangs und des Lichts» hatte die Birke so unter anderem für die Kelten eine grosse symbolische Bedeutung.
Durch ihre Widerstandsfähigkeit und Kältebeständigkeit kommt sie hierzulande auch heute noch zurecht. Allerdings setzt der Klimawandel den Bäumen zu: Die trockenen Sommer mag die Birke nicht. Deswegen kommt es immer mehr zum «Birkensterben».
Nach dem Winter treibt die Birke als einer der ersten Bäume aus. Die Wurzeln nehmen grosse Mengen an Wasser auf und transportieren täglich um die 70 Liter hoch in die Baumkrone. Diese Höchstleistung braucht der Baum, damit Zweige, Knospen und Blätter austreiben und wachsen können.
Junge Birken erkennen wir an ihrem weissen Stamm. Im Alter bekommt die Borke augenförmige Risse und enthüllt das schwarze Innere. Birke ist aber nicht gleich Birke: Es gibt etwa 40 verschiedene Arten. Neben der Hängebirke gibt es unter anderem Moorbirken und Zwergbirken. Letztere würden wir beim Sammeln gerne antreffen.
Die hellgrünen Blätter erkennst du an ihrer ovalen bis dreieckigen Form. Sie sind an den Rändern gezackt und wechselständig angeordnet. Sie duften aromatisch-herb.
Von der Birke könnten wir fast alles ernten und verwenden: Rinde, Knospen, Blüten, Blätter und der Saft. Wie beim Zuckerahorn kann im Frühling ein kleines Rohr in die Rinde geschlagen werden, um das aufsteigende Wasser, den Saft, zu gewinnen. Allerdings ist dies ein grosser Eingriff in das Baumleben und wir ernten deshalb bloss Blüten und Blätter.
Unserem Körper tut der Baum viel Gutes: Durch seine Inhaltsstoffe ist er ein wichtiges traditionelles Heilmittel und wird besonders bei Harnwegsentzündungen und Problemen mit der Haut eingesetzt. Die jungen Birkenblätter haben zudem einen hohen Vitamin-C-Gehalt. Besonders kurz nach dem Austreiben sind die Blätter noch frisch und zart.
Um ehrlich zu sein: Birkenblätter haben es bislang noch nicht in unsere Küche geschafft. Der erste Eindruck des Geschmacks ist nämlich: bitter. Aber unsere Neugier lässt uns beharrlich experimentieren, bis wir auf eine echte Leckerei stossen.
So haben wir für dich einen erfrischenden Eistee für warme Frühlingstage kreiert. Viel Spass beim Ausprobieren und «cheers»!
Für zwei Gläser à 2.5 dl
Zutaten:
- 1 grosse Handvoll Birkenblätter
- 1 kleine Handvoll Zitronenmelisse
- 5 dl Wasser
- Apfeldicksaft nach Geschmack
Zubereitungsschritte:
- Achte beim Sammeln darauf, dass du Blätter ohne Insektenbefall erntest. Die Bäume sind teilweise unterschiedlich stark betroffen und es kann sich lohnen, bei starkem Befall einen anderen Baum aufzusuchen.
- Die Birkenblätter und die Zitronenmelisse kurz abspülen und dann in einen Krug geben.
- Das Wasser aufkochen und kochend heiss über die Blätter giessen.
- Den Krug abdecken und den Tee ziehen lassen, bis er abgekühlt ist. Dann die Blätter abfiltern.
- Den Eistee nach Geschmack mit Apfeldicksaft süssen und mit Eiswürfeln servieren.
Zu den Personen: Die beiden Bernerinnen Pascale Amez und Melissa Knüsel haben sich während ihrer Ausbildung kennengelernt – und dort auch die gemeinsame Liebe für einheimisch Gewachsenes entdeckt. Daraus ist der Blog Urkraut entstanden. Für die «Hauptstadt» widmen sie sich jeden Monat einem anderen Kraut.