Länggass-Begegnungszone: Bloss keine Buslinie?
Die Begegnungszone im Hochfeld ist noch nicht fertig umgesetzt, da droht schon neues Ungemach: Durch die Neufeldstrasse soll ein Bus verkehren. Anwohnende wehren sich.
Eine Prise Entschleunigung und sichere Schulwege – das hatten sich Anwohner*innen von der Begegnungszone im Hochfeld des Länggassquartiers erhofft. Schon kurz nach der Einführung im vergangenen Sommer wurde deutlich: Autofahrer*innen passten die Geschwindigkeit nicht auf die vorgeschriebenen 20 Stundenkilometer an. Und weil es in der Begegnungszone keine Zebrastreifen mehr gibt, fehlte es Kindern auf dem Weg zur Schule an Orientierung. Das rief den Elternrat Länggasse auf den Plan, der sich schon länger für die Verkehrsberuhigung im Quartier einsetzt.
Rund ein halbes Jahr später zeigt sich: Die Probleme bleiben bestehen. «Autos und E-Bikes geben weiterhin häufig keinen Vortritt», sagt Sebastian Dändliker, der sich im Elternrat mit anderen Mitgliedern um Verkehrsthemen kümmert. Den Verkehrsteilnehmenden sei schlichtweg nicht bewusst, dass sie sich in einer Begegnungszone befänden. Der Elternrat will deshalb selber zum Farbeimer greifen und die Strassen bemalen. Ausserdem sollen Wimpelfahnen aufgehängt werden. Beide Ideen müssen sich noch im Austausch mit der örtlichen Schule und der Stadt beweisen.
«Es muss deutlich werden, dass dort Kinder leben», sagt Dändliker. Wenn alles gut laufe, seien die Änderungen bis zum Ende der Herbstferien umgesetzt.
Auch die Stadt will sich für eine bessere Sichtbarkeit der Begegnungszone einsetzen, wie es auf Anfrage heisst. Sie will diese im Sommer einer «Hauptevaluation» unterziehen. Mitarbeitende der Stadt messen dann die Geschwindigkeiten und befragen gezielt Quartierbewohner*innen. Mit weiteren Anpassungen sei zu rechnen. Während bei der Begegnungszone also noch Nachbesserungen nötig sind, entwickelt sich verkehrstechnisch bereits das nächste Reizthema: Weil sich der Berner Westen (Stichwort Ausserholligen) in den kommenden Jahren rasant entwickeln wird, soll eine sogenannte Bus-Tangentiallinie entstehen, die Bümpliz und das Viererfeld verbindet.
Schwierige Routenplanung
Die zuständige Regionalkonferenz Mittelland führte dafür eine Mitwirkung durch. Insbesondere bei der Linienführung in der Länggasse gab es Widerstand: Die ursprünglich geplante Route durch die Mittelstrasse wurde fallen gelassen. Es handle sich um eine verkehrsberuhigte Begegnungszone, in der viele Schulkinder unterwegs seien, argumentierten die Kritiker*innen. Obschon sie die Mittelstrassen-Route aus ÖV-Sicht als «optimal» einstufte, gab die Regionalkonferenz nach und legte in ihrem Schlussbericht die Neufeldstrasse als Ausweichroute fest.
Das erstaunt Anwohnende wie Sebastian Dändliker. Der Vater von Schulkindern findet, dass die gleichen Konflikte wie auf der Mittelstrasse auch auf der Neufeldstrasse auftreten: Es gibt dort vier Kindergärten, eine Tagesbetreuung, ein Schulhaus und ein Blinden- und Behindertenzentrum. In der Mitwirkungsphase der Regionalkonferenz sei ihnen nicht bewusst gewesen, dass die Neufeldstrasse überhaupt als Alternative in Frage käme, so das Mitglied des Elternrats. Denn die entsprechende Neufeldvariante sei in den Unterlagen gar nicht zur «Vertiefung» empfohlen worden. Der Elternrat hat nun der Regionalkonferenz geschrieben, um seine Sicht darzulegen.
Was die Lage zusätzlich verkompliziert: In der Länggasse besteht keine Einigkeit über die ideale Linienführung: Der Länggass-Leist beispielsweise hat nach Veröffentlichung des Schlussberichts bei der Regionalkonferenz dafür geweibelt, dass die Mittelstrasse doch noch in die Route aufgenommen wird.
Die Stadt Bern hält in Anbetracht der gegensätzlichen Ansichten aus dem Quartier fest, dass es aktuell noch unklar sei, wann, wie und wo die Tangentiallinie eingeführt wird. In einem Schreiben an den Elternrat, das der «Hauptstadt» vorliegt, schreibt die Tiefbaudirektorin Marieke Kruit, dass nochmals eine «Interessensabwägung» mit allen Anspuchsgruppen erfolgen soll. Nur so könne verhindert werden, dass die neue Buslinie am Widerstand gegen eine relativ kleine Teilstrecke scheitere.
Den ursprünglichen Start der neuen Buslinie hatte die Regionalkonferenz auf 2027 festgelegt. Diese spielt den Ball nun der Stadt Bern zu. Die Stadt könne bei der Umsetzung entscheiden, ob die Route durch die Neufeldstrasse oder Mittelstrasse verlaufe, heisst es auf Anfrage. Nur eine allfällige Variante über die Bremgartenstrasse werde von Seiten der Regionalkonferenz explizit ausgeschlossen.