Wirtschaftsverbände finanzieren Mitte-Rechts-Liste
An den Wahlkampf der Liste «Meh Farb für Bärn!» zahlen Verbände 132’000 Franken. Die Rot-Grün-Mitte-Kampagne wird finanziert von Parteien und den gewählten Politiker*innen.
Für die städtischen Wahlen vom 24. November gelten erstmals Offenlegungspflichten für Wahlkampfbudgets und -spenden. Listen und Kandidierende für Berner Gemeinde- und Stadtrat müssen ihre Budgets zwischen dem 1. Juli und dem 9. September bei der Stadtkanzlei deklarieren. Da die Wahlkampfvorbereitungen bei allen Parteien schon fortgeschritten sind, hat die «Hauptstadt» bei allen Akteuren im Rahmen eines Fragebogen-Interviews nachgefragt. Und fast alle gaben Auskunft über ihre finanziellen Planungen.
Die Listen
Das Budget der Kampagne der Liste Rot-Grün-Mitte, beträgt laut Angaben von SP und GB voraussichtlich 88‘000 Franken. Beiträge kommen von der SP (12'700 Franken), dem GB (6'400 Franken), der GFL (6'400 Franken) und dem Gewerkschaftsbund (2’500 Franken). Zudem würden die gewählten Gemeinderatsmitglieder nach der Wahl 60'000 Franken beisteuern.
Auf der Liste Rot-Grün-Mitte kandidieren Alec von Graffenried (GFL), Marieke Kruit (SP), Matthias Aebischer (SP) und Ursina Anderegg (GB)
Die Liste «Meh Farb für Bärn!» gibt auf ihrer Website den aktuellen Stand ihres Wahlkampfbudgets mit einer Summe von 152’500 Franken an. Den Grossteil des Budgets tragen mit 132’000 Franken die Wirtschaftsverbände. Der grösste Beitrag kommt mit 50’000 Franken vom Hauseigentümerverband, 40’000 Franken zahlt der Handels- und Industrieverein Sektion Bern, 22’000 Franken der Gewerbeverband KMU Stadt Bern, 15’000 der Verband Arbeitgeber Region Bern und 5’000 Franken die Vereinigung BernCity. Dazu kommen unterschiedlich hohe Beiträge der beteiligten Parteien. Die GLP zahlt 6’500 Franken, die FDP 5’000 Franken, die Mitte 4’000 Franken, die SVP 3’000 Franken, die EVP 2’000 Franken. Diese Verteilung entspricht laut einer Quelle den Listenplätzen der Parteien.
Auf der Liste «Meh Farb für Bärn!» kandidieren Melanie Mettler (GLP), Florence Pärli (FDP), Béatrice Wertli (Mitte), Janosch Weyermann (SVP) und Bettina Jans (EVP)
Laut SVP-Präsident Thomas Fuchs zahlen die Stadtberner Wirtschaftsverbände erstmals seit langem wieder substantielle Beiträge für den Wahlkampf einer Liste. Der Grund dafür sei, dass die Mitte-Rechts-Parteien mit einer gemeinsamen Liste die Wahlchancen verbessert hätten. «Vor vier Jahren gaben die Verbände nur bescheidene Beiträge an einzelne Kandidaten», so Fuchs.
Die Präsidiums-Kandidat*innen
Die grössten individuellen Wahlkampfbudgets kommunizieren aktuell die Kandidat*innen für das Stadtpräsidium. Sowohl Alec von Graffenried (GFL), als auch Herausfordererin Marieke Kruit (SP) rechnen mit einer Kampagne für Gemeinderat und Stadtpräsidium im Umfang von rund 100’000 Franken. Das sei aber eine Momentaufnahme, sagt Kruit, da das Fundraising noch laufe. Sie werde natürlich sämtliche Kampagnenaufwendungen gemäss den Transparenzvorschriften ausweisen.
Die «Hauptstadt« fragte alle Kandidierenden, wie hoch – nebst der Kampagne für die Liste – das Wahlkampfbudget Ihrer Kandidatur sei: Also ihr persönliches Budget und der Beitrag Ihrer Partei an ihren Gemeinderatswahlkampf.
Die grünliberale Präsidiumskandidatin Melanie Mettler gibt einen aktuellen Zwischenstand von 60'000 Franken an. Wie bei vielen anderen Kandidierenden läuft bei ihr das Sammeln von Spenden noch. Sie werde das Budget und die definitive Abrechnung mit der Aufteilung der Kosten zwischen Partei und Kandidatin gemäss den Fristen der Transparenz-Gesetzgebung deklarieren, sagt Mettler.
Am wenigsten Geld budgetiert aktuell Janosch Weyermann, der SVP-Kandidat für das Präsidium. Er gehe aktuell von 20'000 bis 25'000 Franken aus, sagt Weyermann.
Die übrigen Gemeinderats-Kandidat*innen
Auch unter den weiteren Gemeinderats-Kandierenden sind die Angaben zu den Budgets divers.
Gar keine Angaben macht vorläufig – als einzige – FDP-Kandidatin Florence Pärli. Sie schreibt: «Es wäre nicht aussagekräftig, hierzu bereits jetzt und also zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine Wasserstandsmeldung zu geben.» Sie werde ihr Budget beim offiziellen Einreichen ihrer Kandidatur preisgeben, so, wie es die Transparenzregeln der Stadt Bern vorgeben würden.
Béatrice Wertli (Mitte), die wie Pärli auf der Liste «Meh Farb für Bärn!» kandidiert, rechnet mit einem Budget von 35’000 bis 40’000 Franken. Sie habe keinen Beitrag der Partei. Diese brauche ihr Budget für die Stadtratswahlen, sagt Wertli. Sie werde darum für ihren Wahlkampf selbst Geld sammeln und beisteuern, sagt Wertli. Dazu komme viel ehrenamtliche Arbeit in der Partei und im Wahlkampfteam.
Letzteres gilt wohl für alle Kandidat*innen.
Mit einem beachtlichen Budget plant GB-Kandidatin Ursina Anderegg. Das Wahlkampfbudget des Grünen Bündnisses für die Gemeinderatskandidatur beträgt laut Anderegg rund 75'000 Franken. Die Partei finanziere rund 50’000 Franken, rund 15'000 Franken würden durch zusätzliche Spenden finanziert und sie selbst werde den Wahlkampf persönlich mit 10'000 Franken mitfinanzieren.
Etwas moderater sind die geplanten Ausgaben bei SP-Kandidat Matthias Aebischer (SP). Seine persönlichen Auslagen werden wohl zwischen 5000 und 10'000 Franken liegen, sagt er. Zudem werde seine Partei für den SP-Gemeinderatswahlkampf zusammen mit Marieke Kruit rund 25'000 Franken ausgeben.
Am wenigsten Geld für den Wahlkampf wird gemäss den bisherigen Angaben EVP-Kandidatin Bettina Jans ausgeben. Das Budget ihrer Partei für den Gemeinderatswahlkampf werde wohl zwischen 2'000 und 3'000 Franken liegen, sagt sie.
Die Budgets der Gemeinderatskandidat*innen liegen angesichts dieser Angaben in einem ähnlichen Rahmen, wie vor vier Jahren. Damals gab zum Beispiel Alec von Graffenried der Berner Zeitung bekannt, dass er 110’000 Franken ausgeben werde. Ebenso viel deklarierte damals FDP-Kandidat Bernhard Eicher. Franziska Teuscher (GB) gab ein Budget von 70’000 Franken und Reto Nause (Mitte) eines von 45’000 Franken.