Hauptstadt-Avatar ohne Kreis, Logo

10 Fragen an Millionenerbin Marlene Engelhorn

Die berühmte Erbschafts-Kritikerin Marlene Engelhorn steht diese Woche auf der Bühne des Schlachthaus Theaters bei der Schweizer Erstaufführung des Theaterstücks «Geld ist Klasse».

19.09.2024   Düsseldorf

„ Geld ist Klasse “ - Marlene Engelhorn, Volker Lösch, Marlene Reiter, Lothar Kittstein

Ungleichheit und Überreichtum
Theaterstück
fft Düsseldorf

(c) Foto: Christian Knieps


Pressefotos - Verwendung durch Medien honorarfrei ausschließlich im Zussammenhang mit der Berichterstattung über die Aufführung.
Keine Weitergabe an Dritte durch belieferte Medien.


Die Lieferung von Bildmaterial der von Ihnen bei mir in Auftrag gegebenen Fotoproduktion beruht auf meinen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) die. auf der Internetseite www.christianknieps.de einzusehen sind.
Der Fotograf (Christian Knieps) übernimmt keinerlei Haftung für die eventuelle Verletzung von Persönlichkeitsrechten.


Marlene Engelhorn spielt im Theaterstück sich selbst – eine Millionenerbin. (Bild: Christian Knieps/zvg)

Marlene Engelhorn, am 30. November kann die Schweiz darüber abstimmen, ob Erbschaften von über 50 Millionen Franken mit 50 Prozent besteuert werden sollen. Was halten Sie von diesem Anliegen der Juso?*

Ich halte es für konservativ, weil es gegen die Vermögensungleichheit kaum etwas ausrichten kann. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es würde zu Mehreinnahmen führen, die wiederum der gesamten Gesellschaft zugutekommen könnten.

Die Initiative wird voraussichtlich von einer grossen Mehrheit abgelehnt werden. Sind wir Schweizer*innen doof?

Das müssen Sie mir sagen. Interessant wird es doch, wenn man sich die Gründe für die Ablehnung anschaut. Die allermeisten Menschen haben überhaupt keine Vorstellung davon, wie unkontrolliert die Vermögensungleichheit wachsen konnte und wie gefährlich sie für die Demokratie ist. Das liegt auch an der katastrophalen Datenlage, denn Vermögen schützt sich immer selbst. So wird sowohl die Forschung als auch die politische Reaktion auf das Problem erschwert. Ausserdem werden die immerselben Mythen von den immerselben Menschen wiederholt. Ihr einziges Interesse besteht scheinbar darin, sich mit Händen und Füssen gegen eine demokratische und sozial gerechte Lösung für das Problem der Ungleichheit zu wehren.

Haben Sie sich für das Theaterstück, das nun erstmals in der Schweiz gezeigt wird, mit den Schweizer Eigenheiten bezüglich Geld auseinandergesetzt?

Nein, es ist im Endeffekt keine Frage der Nationalität. Vermögende Menschen gehen in der Regel sehr ähnlich mit ihrer Macht um: Sie leugnen, dass sie welche haben, nutzen sie gleichzeitig, wo sie nur können und sind blind für ihre strukturelle Bevorzugung. Es herrscht oft Unwille, sich damit auseinanderzusetzen, dass man Macht ohne Mandat hat. Das halte ich für sehr peinlich. Die meisten Menschen in der Schweiz sind nicht vermögend, sie sehen dieses Problem in der Regel auch klar.

Zur Person

Die 33-jährige Marlene Engelhorn ist eine österreichisch-deutsche Aktivistin und Publizistin. Sie ist Nachfahrin von Friedrich Engelhorn (1821–1902), Gründer der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik AG. Ihre Grossmutter war Traudl Engelhorn-Vechiatto, die 1955 Peter Engelhorn geheiratet hatte, den Urenkel von Friedrich Engelhorn und Mitgesellschafter der Boehringer-Mannheim-Gruppe. Diese wurde 1997 für elf Milliarden Dollar an Hoffmann-La Roche verkauft. Davon hat Marlene Engelhorn einen zweistelligen Millionenbetrag geerbt, den sie seit 2024 durch einen Bürger*innenrat an verschiedene Organisationen verteilt.

In Bern wird ein grosser Teil der Kulturförderung von der Burgergemeinde betrieben. Sie kritisieren die Philanthropie. Was ist denn schlecht daran, wenn die Burgergemeinde ihr Geld für wohltätige, oft kulturelle Zwecke ausgibt?

Warum machen wir eine gute öffentliche Infrastruktur und eine blühende Kunst- und Kulturlandschaft vom Wohlwollen einiger weniger Menschen abhängig? Warum sorgen wir als Gesellschaft nicht selbst dafür? Und zwar über ein Steuersystem, das fair ist: Alle tragen nach ihren Möglichkeiten dazu bei. Das würde diese Förderung sichern. Und es könnte nicht mehr eine kleine, elitäre Gruppe über ihr Gönnertum Einfluss ausüben. Wenn wir die Demokratie ernst nehmen wollen, dann müssen wir die Überreste des Feudalismus abschaffen. Es ist ja nicht so, dass wir keine modernen, transparenten und demokratischen Alternativen haben.

Sie sind berühmt, weil Sie als Millionärin eine stärkere Besteuerung von geerbten Vermögen wollen. Redet Ihre Verwandtschaft eigentlich noch mit Ihnen?

Klar, ich habe Verwandte, die demokratisch sind. Sie verstehen, dass es nicht nur wichtig ist, dass wir teilen, was wir haben, sondern dass die Verteilungspolitik grundsätzlich fair gestaltet ist. Da habe ich Glück, denn viele andere Vermögende sehen nicht ein, warum sie nicht immer das Sagen haben sollen. Es kann doch nicht sein, dass in einer Demokratie 99 Prozent der Bevölkerung nach der Pfeife von einem Prozent tanzen, nur weil die das gewöhnt sind.

Warum schaffen Sie es nicht, dass Ihre Verwandtschaft es Ihnen gleichtut und einen Teil ihres Vermögens auch verschenkt?

Wer sagt denn, dass ich das nicht schaffe? Sie wissen vielleicht nicht davon, weil nunmal nur ich die Öffentlichkeit gewählt habe. Aber vor allem ist es auch wirklich egal, denn was viel wichtiger ist: Wir brauchen ein demokratisches Mittel, keine Familienlobby. Es müssen die gleichen Regeln für alle gelten. Wenn wir Vermögen und Erbschaften gerecht besteuern, dann haben wir es als Gesellschaft hinbekommen, alle gleichermassen zum Teilen zu verpflichten. Das ist mein Ziel und das schliesst meine Familie mit ein.

19.09.2024   Düsseldorf

„ Geld ist Klasse “ - Marlene Engelhorn, Volker Lösch, Marlene Reiter, Lothar Kittstein

Ungleichheit und Überreichtum
Theaterstück
fft Düsseldorf

(c) Foto: Christian Knieps


Pressefotos - Verwendung durch Medien honorarfrei ausschließlich im Zussammenhang mit der Berichterstattung über die Aufführung.
Keine Weitergabe an Dritte durch belieferte Medien.


Die Lieferung von Bildmaterial der von Ihnen bei mir in Auftrag gegebenen Fotoproduktion beruht auf meinen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) die. auf der Internetseite www.christianknieps.de einzusehen sind.
Der Fotograf (Christian Knieps) übernimmt keinerlei Haftung für die eventuelle Verletzung von Persönlichkeitsrechten.


Engelhorn ist bekannt dafür, in der Öffentlichkeit über die Privilegien von Millionär*innen zu reden. (Bild: Christian Knieps/zvg)

Wann haben Sie begonnen, über Geld zu sprechen?

Wer vermögend aufwächst, sieht alles nur durch die Brille des Vermögens und der finanziellen Sorglosigkeit. Das Bild der Gesellschaft ist dadurch so verzerrt, dass viele nie verstehen, wie privilegiert sie sind und welche Macht sie über das Leben anderer haben. Ich habe mich besonders in meinen Zwanzigern intensiv mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit beschäftigt. Das hat mir die Augen geöffnet. Ich hätte das ohne Unterstützung meiner Freund*innen nicht gekonnt. 2021 habe ich dann begonnen, öffentlich darüber zu sprechen. Da ich wusste, dass ich ein Multi-Millionen-Euro-Vermögen erben würde, war mir wichtig, diese Ungerechtigkeit politisch anzugehen. Es ist kein privates Problem, sondern ein öffentliches.

Inwiefern ist es eine Bürde für Sie, so reich zu sein?

So ein Unfug. Es ist keine Bürde, reich zu sein. Dafür gibt es auch einen Begriff: «Rich tears». Das meint das Selbstmitleid von überreichen Menschen, die so blind für ihre Privilegien sind, dass sie nicht merken, dass sie niemand zwingt, überreich zu sein. Man kann das Geld auch rückverteilen und das ist eine ganz wunderbare Arbeit.

Wie geht es Ihnen, seit Sie den grössten Teil Ihres Erbes verschenkt haben?

Ich werde 2026 fast 100 Prozent meines Erbes rückverteilt haben. Es ist kein Geschenk, denn es hätte nie meins sein sollen. Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass wir in einer Welt leben können, in der weder die Geburt noch der Kontostand darüber entscheiden, ob es einem Menschen gut geht im Leben. Sondern dass wir eine Gesellschaft bilden, die sich am Herzschlag der Demokratie orientiert: dem Teilen.

* die Fragen wurden schriftlich gestellt.

19.09.2024   Düsseldorf

„ Geld ist Klasse “ - Marlene Engelhorn, Volker Lösch, Marlene Reiter, Lothar Kittstein

Ungleichheit und Überreichtum
Theaterstück
fft Düsseldorf

(c) Foto: Christian Knieps


Pressefotos - Verwendung durch Medien honorarfrei ausschließlich im Zussammenhang mit der Berichterstattung über die Aufführung.
Keine Weitergabe an Dritte durch belieferte Medien.


Die Lieferung von Bildmaterial der von Ihnen bei mir in Auftrag gegebenen Fotoproduktion beruht auf meinen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) die. auf der Internetseite www.christianknieps.de einzusehen sind.
Der Fotograf (Christian Knieps) übernimmt keinerlei Haftung für die eventuelle Verletzung von Persönlichkeitsrechten.


Zum Stück

Im Theaterstück «Geld ist Klasse» zeigen Millionenerbin Marlene Engelhorn, Theatermacher Volker Lösch, Schauspielerin Marlene Reiter und Autor Lothar Kittstein, wie Vermögen in undemokratische Macht umschlägt. Dabei verbinden sie Dokumentarisches mit persönlichen Geschichten und grotesken Spielszenen zu einem hybriden Ganzen. Mit Marlene Engelhorn spricht erstmals eine Superreiche auf der Theaterbühne selbstkritisch über Reichtum.

«Geld ist Klasse» wird aufgeführt von Do, 23.10., bis Sa, 25.10., je 20 Uhr, Schlachthaus Theater Bern.

Ohne Dich geht es nicht

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Das unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Das geht nur dank den Hauptstädter*innen. Sie wissen, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht und ermöglichen so leser*innenfinanzierten und werbefreien Berner Journalismus. Dafür sind wir sehr dankbar. Mittlerweile sind 3’000 Menschen dabei. Damit wir auch in Zukunft noch professionellen Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 3’500 – und mit deiner Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die «Hauptstadt» und für die Zukunft des Berner Journalismus. Mit nur 10 Franken pro Monat bist du dabei!

Ohne Dich geht es nicht

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Das unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Das geht nur dank den Hauptstädter*innen. Sie wissen, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht und ermöglichen so leser*innenfinanzierten und werbefreien Berner Journalismus. Dafür sind wir sehr dankbar. Mittlerweile sind 3’000 Menschen dabei. Damit wir auch in Zukunft noch professionellen Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 3’500 – und mit deiner Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die «Hauptstadt» und für die Zukunft des Berner Journalismus. Mit nur 10 Franken pro Monat bist du dabei!

tracking pixel

Diskussion

Unsere Etikette
Hélène von Aesch
23. Oktober 2025 um 20:59

Illusionen

Die SchweizerInnen sind Realisten. Mit Vermögen umzugehen ist nicht jedermanns/frausache wie die Geschichte und die Stadt Bern zeigen. Nett sind diese sozialistischen Ideen ja schon aber eben völlig unrealistisch.

Anton Koller
21. Oktober 2025 um 13:25

Engelhorn ist zu bewundern ....

... weil sie die "Rückverteilung" ihres Vermögens nicht als privaten, sondern als politischen Akt versteht. Und weil sie weiss: Überreichtum bedeutet nicht nur ein Leben in Saus und Braus, sondern vor allem nicht legitimierte Macht.