Tricks mit Enkel*innen – Askforce-Selection #66

Was tun, wenn man noch nie auf Enkeltrickbetrüger*innen hereinfiel und es mal erleben möchte? Die Askforce weiss Rat.

Askforce_blau_weiss
Die Denkströme im Hirn der Askforce. (Bild: Pia Zibulski)

Statt einer Antwort liefern wir heute Regieanweisungen. Wir tun dies in der Hoffnung, das Leben von Adelheid-Anastasia Z. möge etwas spannender werden. Die Dame, die bereits auf gut achtzig Jahre Lebenserfahrung zurückblickt, ist nämlich geplagt von der Ereignislosigkeit ihres bestens abgesicherten Daseins: Sie möchte endlich einmal «von Enkeltrickbetrügern kontaktiert werden». 

Fragt die Askforce, Hauptstädter*innen!

Die Askforce nennt sich selber «Berns bewährte Fachinstanz für alles, die Antworten auf Fragen liefert, die viele nicht zu stellen wagen». Mit anderen Worten: Keine Frage ist zu abwegig. Das ist eine Aufforderung an alle Hauptstädter*innen: Deckt die Askforce mit euren lebenswichtigen Fragen ein – an diese Adresse: [email protected].

Über 20 Jahre lang erschien die Askforce wöchentlich im Bund und erarbeitete sich den Ruf, die schrägste Kolumne der Schweiz zu sein. Als Bund und BZ im Herbst 2021 fusionierten, verschwand die Askforce aus dem Traditionsblatt, verewigte sich in einem Buch und tauchte als Startup Anfang 2022 wieder auf.

Adelheid-Anastasias geheimster Wunsch: Sie möchte «voller Entsetzen» ihr ganzes Geld von der Bank abheben und «in einer braunen Papiertüte auf der Strasse einem jungen, netten Mann übergeben». Dann möchte sie genüsslich zuschauen, wie  sich die von ihr zuvor informierte Polizei den adretten Betrüger schnappt. Sie möchte also einen Enkeltrickbetrüger tricksen und meint: «Das wäre doch eine gute Tat.»

Eine gute Tat? Wir lassen die moralische Frage offen, ob sie selber zur Betrügerin würde, betröge sie auf diese Weise einen Betrüger. Wir fokussieren uns besser auf nutzwertige Tipps zu Hebung des Glücks von Adelheid-Anastasia. Doch dazu müssen wir recht stark ins Private vorstossen: Die Askforce schliesst aus ihrer länglich geratenen Zuschrift, dass die Dame gar keine Enkel*innen hat! 

Im Ernst, werte Frau Z., ohne Enkel*innen sinken Ihre Chancen, von Enkeltrickbetrüger*innen kontaktiert zu werden, gegen null. Legen Sie sich also rasch Enkel*innen zu, in Ihrem Fall: Leihenkel*innen. Oder erfinden Sie welche: Trickenkel*innen. Dann schreiben Sie – vielleicht auf Facebook und für alle einsehbar – Ihren geliehenen oder erfundenen Nachfahren: «Warum, Stephanie, meldest du dich nicht?» – «Tobias, wie geht es dir auf der grossen Weltreise?» – «Clarissa, brauchst du noch einen Zustupf ans Studium?» – «Und ihr, Sebastian und Claudia, ruft doch endlich mal zurück auf 031 352 xx xx!»

Bleibt trotz Trickenkel*innen der Erfolg aus, führt nichts am Trickenkeltrickbetrüger vorbei: Sie bieten also einen talentierten, sportlichen Schauspielstudenten auf und studieren mit ihm die ganze Übergabeszene sorgsam ein (die Polizei können Sie bei diesem Szenario gut aussen vor lassen). Sie proben auch, den Schönling mit einem sauberen, theatralischen Handkantenschlag niederzustrecken und ihm die volle Papiertüte wieder zu entreissen. Für den Moment, wo er sichtlich benommen davonrennt, üben Sie zur Untertitelung der Szene noch eine Abfolge derber Kraftausdrücke ein. Und: Vergessen Sie nicht, ihm den Stinkefinger zu zeigen! 

Eine «gute Tat» wäre auch das nicht, aber vielleicht täte es Ihnen gut: All Ihre grantigen Nachbar*innen, die dem Geschehen – sich bleich an die Gardinen krallend – folgten, würden Ihnen künftig voller Ehrfurcht begegnen. Nie mehr müssten Sie damit rechnen, getadelt zu werden, sollten Sie die Waschküche zu spät freigeben. Oder das Altpapier nicht schön genug bündeln. Apropos Altpapier: Die leere braune Papiertüte schnüren Sie demonstrativ und sauber gefaltet zuoberst aufs Bündel.

So, Frau Z., hören wir sagen, entstehen übrigens Heldinnensagen.

Askforce-Selection #66, 3. Januar 2025

tracking pixel