Ausbürgern – wie geht das? Askforce-Selection #14

Aus Solidarität mit brüskierten Secondos will sich Herr Nydegger ausbürgern lassen. Aber wie macht man das korrekt? Die Askforce empfiehlt die innere Emigration.

Askforce_schwarz_weiss
Der fragende Denkzustand der Askforce, wie ihn die Illustratorin Pia Zibulski sieht. (Bild: Pia Zibulski)

Herr Nydegger aus Schwarzenburg beteuert, er sei weltoffen, reise gerne und zähle etliche Secondos zu seinem Freundeskreis. Weil der Souverän an der Urne diese Menschen immer wieder brüskiere und zurücksetze, schäme er sich zusehends. Über die Jahre sei in ihm deshalb ein mutiger Entscheid gereift, den er jetzt ordnungsgemäss ausführen wolle. Seine Frage: «Wie lasse ich mich korrekt ausbürgern?» 

Hauptstädter*innen fragen die Askforce

Über 20 Jahre lang erschien die Askforce wöchentlich im «Bund» und erarbeitete sich den soliden Ruf, die schrägste Kolumne der Schweiz zu sein. Im Angesicht der Fusion von Bund und BZ im Herbst 2021 verschwand die Askforce aus dem Traditionsblatt, verewigte sich in einem Buch und tauchte als Startup Anfang 2022 wieder auf. Bis Weihnachten kuratiert die Askforce in der «Hauptstadt» jeden Montag eine spezielle Selection. Das hat Hauptstädter*innen bereits motiviert, die Askforce mit neuen Fragen zu beliefern. Weiter so, und zwar hier: [email protected].

Die Askforce hat Gründe zur Annahme, dass Herr Nydegger ihr eine witzige Frage unterbreiten wollte. Doch sein Anliegen ist weder originell noch eine eigentliche Frage: Die «Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht» ist ein wohl geregeltes, bekanntes Verfahren. Als seltene Ausnahme gewährt die Askforce also nicht Einblick in ihr eigenes Denk- und Folgerungsvermögen, sondern in die Funktionsweise des Staatsapparats: 

Zuständig für die Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht ist der Heimatkanton. Ihrem Ansinnen wird dort Folge geleistet, sofern Sie nachweisen können, a) dass Sie über eine weitere Staatsbürgerschaft verfügen oder man Ihnen eine solche in Aussicht gestellt hat und b) dass Sie nicht als Neu-Ausländer in der Schweiz Wohnsitz nehmen wollen.

Merke: Nur wer auch verreist, wird den Schweizer Pass los, denn unsere Bürgerrechtsbeamten sind angehalten, «keine zusätzlichen Ausländer und keine Staatenlosen zu produzieren», wie dies der für Bern zuständige Fachbeamte in frischer Klarheit sagt. Dieser Verreisezwang ist mit ein Grund dafür, dass im Kanton Bern jedes Jahr nur rund 30 Leute die Ausbürgerung schaffen. 

Unser Bürgerrechtswesen kennt übrigens wohldurchdachte Sicherheitsmechanismen, etwa das Wiedereinbürgerungsverfahren für enttäuschte Ex-Schweizer. In diesem Fall ist das Herz von Mutter Helvetia gross – und die Wiedereinbürgerung erleichtert. 

Als Alternative zu diesen recht aufwändigen Verfahren, Herr Nydegger, empfehlen wir Ihnen den gut schweizerischen Kompromiss: die Reise in die innere Emigration. Dank ihr können Sie friedlich im Irrtum leben, Sie seien in der Lage, jederzeit zu gehen – ohne aber wirklich je gehen zu müssen. Dem Vernehmen nach ist diese Variante auch die preiswerteste.

Askforce-Selection #14, 12. Dezember 2022 

tracking pixel

Das könnte dich auch interessieren

Diskussion

Unsere Etikette
Pecore Ribelli
18. Dezember 2022 um 13:23

eine "Tauschbörse" einrichten: Ausbürgerungswillige tauschen mit Einbürgerungswilligen...;-)