Mit Twint oder Karte? – Bar!

Im Berner Café Apfelgold sollen Kund*innen ihren Kuchen mit Bargeld bezahlen. Denn nach der Pandemie sind seine Kartengebühren so hoch wie nie zuvor. Andere Kleingewerbler*innen kennen das Problem.

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Die Botschaft scheint anzukommen: Seit der Kleber hängt, zahlen wieder mehr Kund*innen mit Bargeld. (Bild: Danielle Liniger)

Als Donat Berger Ende April die Jahresbuchhaltung seines Cafés Apfelgold erstellte, stach ihm ein Posten ins Auge. Ein Blick in die Zahlen der Vorjahre bestätigte sein Bauchgefühl: Die Gebühren elektronischer Zahlungsmittel waren 2022 massiv höher.

Die Preise im Café in der Länggasse hat Berger auf dieser Basis kalkuliert. Entsprechend geht die Rechnung nicht mehr auf. Bevor er die Preise von Kaffee und Kuchen erhöht, versucht Berger seine Kund*innen zu sensibilisieren. Anfang Mai hat er auf dem Instagram-Account vom Apfelgold einen Beitrag veröffentlicht, in dem er das Problem schildert und die Kund*innen auffordert, wieder öfter mit Bargeld zu bezahlen.

Vor den beiden Lockdowns haben drei von vier Kund*innen mit Bargeld bezahlt, heute ist es nur noch gut eine*r von vier. 4747 Franken Gebühren für Kredit- und Debitkarten und Twint bezahlte das Apfelgold 2022. «Seit unserer Gründung vor zehn Jahren waren es nie mehr als 2000 Franken im Jahr», sagt Donat Berger.

Merci, dass du mit Bargäud zauhsch
Sticker Action - Apfelgold
© Danielle Liniger
Der Text, den Berger auf Instagram publiziert hat, hängt auch ausgedruckt im Café. (Bild: Danielle Liniger)

Zahlreiche Berner Kleingewerbler*innen – darunter Bazaar58, Phil’s Coffee to go und Chat Noir – kommentierten den Beitrag: Sie hätten das gleiche Problem und wünschten sich, dass wegen der Gebühren mehr mit Bargeld bezahlt würde.

Der Text, den Berger auf Instagram publiziert hat, hängt auch ausgedruckt im Café. Zusätzlich hat er an der Eingangstüre einen Kleber fixiert, der die gleiche Botschaft verkündet: «Merci, dass Du mit Bargäud zauhsch.» Der Kleber stiess auf Anklang bei anderen Kleingewerbler*innen. Viele fragten Berger, ob er ihnen welche verkaufe. 20 Stück hat er inzwischen vertrieben, bis nach Zürich, 5 Franken das Stück, in Bern inklusive Hauslieferung per Velo.

Faire Bedingungen sind gefordert

Aline Trede ist Co-Präsidentin des Gewerbevereins und versteht Donat Bergers Aufruf. Auch ihr Verein, der die Interessen nachhaltig wirtschaftender KMU vertritt, beobachtet eine Zunahme bei den Kartenzahlungen. «Die Banken profitieren übermässig. Und trotzdem müssen die KMU ein Kartenzahlsystem haben, da sie sonst zum Teil nicht mehr konkurrenzfähig sind oder die Menschen weniger ausgeben», so Trede. «Wir müssen fairere Bedingungen schaffen, damit die KMU weniger Gebühren zahlen.»

Auch der Gewerbeverband KMU Stadt Bern – das bürgerliche Pendant zum Gewerbeverein – kennt das Gebührenproblem. Geschäftsführer Leonhard Sitter stört sich vor allem an der Fixgebühr, die Debitmasterkarten auslösen: «Bei kleinen Beträgen sind diese proportional unverhältnismässig hoch. Und bei hohen Beträgen erreichen die Kreditkartengebühren absolute Beträge, welche die Kosten der Dienstleistungen der Kartenanbieter um Weites übersteigen», so Sitter.

Das Apfelgold war Twint-Pionier*in

Im Café Apfelgold fallen vom Buchungsbetrag 2,5 Prozent Gebühren an, wenn Kund*innen mit Kreditkarten bezahlen, bei Debitkarten sind es 1,5 Prozent. Bei Twint profitiert das Apfelgold bis im Juni von Sonderkonditionen, weil es im August 2016 eines der ersten drei Unternehmen in Bern war, die Twint eingeführt haben. Danach betragen die Gebühren bei Twint 1,3 Prozent des Buchungsbetrags pro Transaktion.

Merci, dass du mit Bargäud zauhsch
Sticker Action - Apfelgold
© Danielle Liniger
Im Café Apfelgold werden die Preise steigen. Offen ist einzig wann und wie stark. (Bild: Danielle Liniger)

Nur noch Bargeld anzunehmen kommt für Donat Berger aber nicht in Frage. «Ich bin nicht gegen elektronische Zahlungsmittel.» Sie würden die Abrechnung erleichtern, seien hygienischer als Bargeld und die Sicherheit der Mitarbeiter*innen steige, wenn die Kasse nicht gefüllt sei. «Mir geht es darum, die Leute zu sensibilisieren. Ich möchte ihnen zeigen, dass jemand die Kosten für ihr bargeldloses Leben bezahlt.»

Die Apfelgold-Kund*innen haben die Botschaft offenbar verstanden: Bereits eine Woche nach dem Instagram-Post sei die Zahl der Bargeldzahler*innen um zehn Prozent gestiegen, so Berger. «Ich glaube aber nicht, dass wir je wieder das Niveau von vor der Pandemie erreichen. Die Preise werden wir darum anpassen.» Offen sei einzig wann und wie stark.

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Diskussion

Unsere Etikette
Rolf Helbling
05. Juni 2023 um 13:27

2 % mehr bezahle? Kei Problem, aber nur Bargeld? Auf keinen Fall.

Markus Maurer
21. Mai 2023 um 08:56

Was oft übersehen wird, ist, dass Bargeld auch Kosten verursacht. Der gesamte Umgang mit Bargeld ist aufwändig. Die Kassenabrechnung kostet Zeit. Auch das sind Kosten. Im Norden gibt es viele kleine Geschäfte, die bargeldlos sind. Tagesabrechnung auf Knopfdruck. Fertig.

Ausserdem bietet Bargeldlos auch eine gewisse Sicherheit. Wo kein Geld ist, kann auch nichts gestohlen werden.

Aber ja, wenn die Gebühren als zu hoch empfunden wurden, müsste man politisch versuchen, etwas dagegen zu unternehmen. Die Sympathien waäen einem solchen Vorstoss ziemlich sicher.

Claude Grosjean
17. Mai 2023 um 18:00

Dürften die Gebühren für das bargeldlose Bezahlen offen auf die Kundschaft überwälzt werden, würden die Gebühren rasch sinken. Hier ist die nationale Gesetzgebung gefragt!