Gewerbe gründet mit Grünen einen Velolieferdienst
Kooperation zwischen VCS und Bern City: Ab Ende März können Stadtberner*innen ihre Einkäufe in der Stadt Bern per Cargovelo aus Innenstadtgeschäften nach Hause liefern lassen.
Als Brigitte Hilty vom VCS Bern und Sven Gubler von Bern-City zur Feierabendzeit mitten in der Kramgasse stolz das fabrikneue Cargobike mit der mit den Aufschrift DingDong präsentieren, tritt spontan Gemeinderätin Marieke Kruit hinzu und begutachtet das Lastenrad: «Das ist ein gutes Projekt, ich unterstütze das sehr», sagt sie.
Der links-grüne Verkehrsverband und die Organisation des Innenstadt-Gewerbes gründen zusammen einen Velohauslieferdienst. Und die sozialdemokratische Gemeinderätin freuts. Das neue Ding-Dong-Cargobike mitten in der Kramgasse wirkt wie ein plakatives Aushängeschild einer progressiven Stadt, die sich bemüht, nachhaltiger zu werden.
Der Lieferservice mit dem Namen DingDong wird ab April auf Bestellung Einkäufe aus Geschäften der Innenstadt mit Cargobikes nach Hause liefern. Die Einzelfahrt kostet 14.90 Franken. Dafür werden bis zu 20 Kilogramm in zwei Einkaufstaschen im Stadtgebiet innert drei Stunden nach Hause geliefert. Wer bei Ding Dong für 200 Franken ein Jahresabonnement löst, zahlt für jede Einzelfahrt nur noch 5 Franken.
Der Service ist kein Online-Handel. Geliefert wird, was man in den angeschlossenen Partnergeschäften vor Ort einkauft. Dazu erhält man im Geschäft einen Aufkleber mit QR-Code. Diesen scannt man mit einer App, gibt Adresse und ein Lieferfenster ein und klebt den QR-Code dann auf die Tasche. Er sei derzeit dabei, möglichst viele Geschäfte für den Service zu motivieren, sagt Gubler: «Migros und Coop sind schon mit dabei.»
Der Anstoss für Ding Dong kam vom VCS, der schon in anderen Städten mithalf, Velolieferservices aufzubauen. «Uns war wichtig, Bern-City an Bord zu haben», sagt Brigitte Hilty, die im Vorstand des VCS Bern sitzt. Der Service funktionere nur, wenn genügend Geschäfte mitmachen, und da sei die Innenstadtorganisation die richtige Partnerin, sagt Hilty. Erfahrungen in anderen Städten seien im Grundsatz gut. «Aber zum Beispiel in Thun machen noch zu wenig Läden mit.»
«Für uns war schnell klar, dass wir dabei sind», sagt Sven Gubler. Bern wolle ja Velohauptstadt sein. «Und wir müssen Mobilität und Stadtlogistik neu denken», ist Gubler überzeugt. Er sitzt in einer Begleitgruppe einer Initiative für nachhaltige Stadtlogistik des städtischen Umweltamts. Unter anderem wird geprüft, wie künftig Lieferungen in der Stadt verkehrsoptimiert und ressourcenschonend organisiert werden können. Heute fahren ja zum Beispiel Lieferwagen verschiedener Kurierdienste täglich an gleiche Adressen.
Auf dieser letzten Meile in der Stadt sei das Cargobike sehr sinnvoll, sagt Gubler. Davon sei er überzeugt. «Nun haben wir mit DingDong in Bern eine Art Pilotprojekt, um diese Bikes im Alltag zu testen.» Dazu haben die beiden Organisationen einen Verein gegründet. Hilty ist dessen Präsidentin, Gubler der Vizepräsident. Der Betrieb soll kostendeckend sein. Gewinn wolle weder Bern-City noch der VCS erzielen, sagt Gubler.
Billig ist das Liefer-Angebot nicht, das sind sich die beiden bewusst. «Aber wenn ich in der Stadt bin und der Einkauf grösser wird, als gedacht, kann ich die Taschen künftig nach Hause liefern lassen», sagt Hilty. Dann sei der Preis attraktiv. Und diese Dienstleistung habe einen Wert, ergänzt Gubler. «Wir wollen ja die Fahrer*innen fair bezahlen.» Das seien zum Teil Menschen, die vom zweiten in den ersten Arbeitsmarkt integriert würden. Zum Vergleich: Eine ähnlich grosse Lieferung auf Stadtgebiet von A nach B innert zwei Stunden kostet beim Velokurier Bern laut Website gut 20 Franken.
Ein Potenzial sieht Gubler in der wachsenden Schicht der kaufkräftigen Senior*innen. «Gerade für ältere Menschen, die doch noch gerne in der Stadt einkaufen gehen, wird unser neuer Service interessant sein.» Darum schaffe man in einigen Geschäften auch die Möglichkeit, den Lieferservice ohne App zu buchen. Das wird laut Gubler vor allem in Geschäften mit Kundendienst möglich sein.
Und für Unternehmen bietet der neue Lieferdienst zudem ein sogenanntes Entsorgungs-Abo an. Damit sichert man sich die Dienstleistung, dass Ding-Dong-Fahrer*innen regelmässig leere PET-Flaschen und anderes Leergut zu Recycling-Stellen transportieren.
Das alles freut die Stadtregierung. Sie ist daher nicht nur spontan beim Fototermin in das Projekt involviert. Laut Gubler zahlt die Stadt auch eine Anschubfinanzierung in der Höhe von 30’000 Franken an den Velolieferservice, zudem hat das Amt für Umwelt auch zwei eCargo-Bikes mitfinanziert.