«Die Velobrücke ist gestorben»
Die Stadt Bern rechnet in Zukunft mit Defiziten und Schulden. Eine Steuererhöhung versucht Finanzdirektor Michael Aebersold trotzdem zu vermeiden. Er will stattdessen auf Investitionen verzichten.
Die Stadtberner Finanzen sind rot. Finanzdirektor Michael Aebersold (SP) präsentierte am Donnerstag das Budget 2024 mit einem Minus von 37,2 Millionen Franken. Auch in den Folgejahren rechnet die Stadt mit zweistelligen Millionen-Defiziten. Und die Verschuldung steigt: Von den geplanten Investitionen über 141 Millionen Franken will die Stadt 90 Millionen mit Schulden finanzieren.
Ein Ende der Schuldenwirtschaft ist nicht abzusehen, denn die Stadt wächst und die Ansprüche steigen. In der Investitionsplanung sind bis 2031 jährlich über 100 Millionen Franken vorgesehen. «Die Schulden bereiten uns Sorgen», sagte darum Finanzverwalter Reto Rutschi vor den Medien. Diese werden laut Berechnungen der Stadt Ende 2027 bei 1,8 Milliarden Franken liegen.
Die Einnahmen hingegen entwickeln sich gut: Die Steuererträge wachsen. Für 2024 budgetiert die Stadt Rekordeinnahmen in der Höhe von 568 Millionen Franken. «Die Stadt hat ein Ausgaben-, nicht ein Einnahmenproblem», sagt Steuerverwalter Moritz Jäggi.
Was brächte eine Steuererhöhung?
Kurz gesagt: Die Finanzen der Stadt sind nicht im Lot. Wollen die links-grüne Mehrheit in Regierung und Parlament das Niveau der Ausgaben weiter so hoch halten, braucht es mittelfristig wohl eine Steuererhöhung.
Ein kleines Rechenbeispiel dazu: Will man das Budget 2024 solid ausfinanzieren, bräuchte Bern einerseits zusätzliche 37 Millionen Franken, um das Defizit auszugleichen und andererseits 20 Millionen, um der Verschuldung entgegenzuwirken. Die Stadt müsste also rund 57 Millionen Franken zusätzlich einnehmen. Dazu müsste der Steuerfuss der Stadt per 2024 von 1,54 auf 1,69 erhöht werden. Pikanterweise hätte Bern damit den gleichen Steuerfuss wie die Gemeinde Ostermundigen, mit der man fusionieren will.
Der zuständige SP-Gemeinderat Michael Aebersold will eine Steuererhöhung aber vermeiden. Stattdessen möchte er ein zusätzliches Sparprogramm über jährlich 20 Millionen Franken aufgleisen, das ab 2026 greifen soll.
Doch das allein genügt nicht. «Wir müssen auch alle Investitionen überprüfen und auf Sachen verzichten, die nicht zwingend sind», sagte Aebersold anlässlich der Budgetpräsentation. Ein erstes Projekt der Stadt ist dieser Feststellung bereits zum Opfer gefallen: «Die Velobrücke über die Aare ist gestorben», so Aebersold. Wichtig seien auch Kostenreduktionen. So sucht die Stadt aktuell nach einer günstigeren Variante zu den teuren Bernmobil-Unterständen.
Hilferuf an den Kanton
Einen Hilferuf richtet Aebersold zudem an den Kanton. «Statt der geplanten Steuersenkung, sollte der Kanton die Städte finanziell entlasten», sagt er. Diese seien einerseits Wirtschaftsmotoren, müssten andererseits aber einen übermässig grossen Teil der Wachstumskosten tragen.
Fraglich ist, ob Aebersolds Worte in Kantons- und Stadtparlament auf Anklang stossen. Der Drang der bürgerlichen Mehrheit im Kanton hin zu einer Steuersenkung ist gross. Und die städtischen Regierungsparteien SP und Grüne zeigen wenig Sparwillen. In ihren Medienmitteilungen zum Budget 2024 verlieren sie zumindest kein Wort bezüglich möglicher Sparmassnahmen oder Verzichtsplanungen. Stattdessen thematisieren sie Investitionen in Bildung und Klimaschutz.