Budget – Stadtrat-Brief #14

Sitzung vom 21. September 2023 – die Themen: Budget; Grosse Schanze; Veloverleih; Flugwerbung-Verbot; diverse Verkehrsschilder.

Stadtrat-Brief
(Bild: Silja Elsener)

Nachdem der Rat letzte Woche in stickiger Atmosphäre in Ostermundigen sieben Stunden über das städtische Budget 2024 beraten hatte, behandelte er die restlichen Punkte gestern im luftigeren Berner Rathaus in knapp zwei Stunden. 

Das Wichtigste: Der Ausgabenbarometer blieb bei den von meinem Kollegen Jürg Steiner ausgerechneten 1,84 Millionen Franken Mehrausgaben im Vergleich zum Budget stehen. Gestern kamen keine Änderungsanträge mehr durch. Konkret heisst das: Das Berner Stimmvolk wird am 19. November über ein Budget mit einem Minus von 39,08 Millionen Franken befinden. Gestern Abend kündigten GLP, FDP, SVP und Die Mitte bereits eine gemeinsame Kampagne an, um das Budget an der Urne zu bekämpfen. Sie hatten sich in der Schlussabstimmung gegen das Budget gestellt, scheiterten aber mit 25 zu 45 Stimmen.

Behandelt wurden gestern vor allem Kürzungsanträge von bürgerlicher Seite. So etwa mehrere zur Kürzung des Budgets für die Verkehrsplanung, sie blieben allesamt chancenlos. Die zuständige Gemeinderätin Marieke Kruit (SP) betonte in ihrem Votum, dass die Verkehrsplanung zentral sei, gerade wenn die Finanzen knapp seien: «Wir müssen eine kluge Priorisierung machen und dafür braucht es die Verkehrsplanung.»

Zwei Anträge, die durchkamen, betreffen die Planung nach 2024: So beschloss der Rat mit 44 zu 23 Stimmen, dass das Tiefbauamt die nötigen Ressourcen für die Umsetzung der Stadtklima-Initiative bereitstellen soll. Hierbei handelt es sich vor allem um Gelder zur Entsiegelung, Begrünung und Umnutzung. Ausserdem soll der Verein Casablanca, der Graffitis innerhalb von wenigen Tagen von Hauswänden entfernt, ab 2025 jährlich 40’000 Franken weniger bekommen. Der Antrag der Fraktion AL/PdA wurde mit 37 zu 27 Stimmen angenommen.

Notiz am Rande: Obwohl sie ihn verabschiedeten, nahmen die Ratsmitglieder den Aufgaben- und Finanzplan 2024-2027 negativ zur Kenntnis mit 19 zu 27 Stimmen bei 25 Enthaltungen.

Portrait der Stadträtin Paula Zysset für das Online-Medium Hauptsadt, während Stadtratsitzung vom 6.7.2023 in Bern
Ratsmitglied der Woche: Paula Zysset

Paula Zysset sitzt für die Juso seit März 2023 im Berner Stadtrat. Sie studiert Geschichte und war bis November 2022 Co-Präsidentin der Juso Stadt Bern. Neben dem Studium arbeitet sie bei der Archivsuisse AG und ist Mitarbeiterin im Verband offene Kinder- und Jugendarbeit des Kantons Bern.

Warum sind Sie im Stadtrat?

Weil ich Privilegien habe, die es mir überhaupt möglich machen, ein solches Amt auszuüben. Und natürlich, weil ich mich für die Anliegen und Ideen der Juso einsetzen und die Stadt mitgestalten will. Die Stadtratsarbeit – sich immer wieder mit neuen Themen politisch auseinandersetzen – ist anspruchsvoll, aber auch sehr spannend.

Wofür kennt man Sie im Rat – auch ausserhalb Ihrer Partei?

Aktuell wohl vor allem noch als ganz neues Mitglied.

Welches ist Ihr grösster Misserfolg im Rat?

Dass der Stadtrat die Einführung einer Melde- statt einer Bewilligungspflicht für Kundgebungen abgelehnt hat, war eine grosse Enttäuschung. Ich finde es ernüchternd, dass ein so linkes Parlament wie der Berner Stadtrat es nicht geschafft hat, hier Hürden für politischen Aktivismus auf der Strasse abzubauen.

Worauf sind Sie stolz bei Ihrer Ratsarbeit?

Auf unsere Zusammenarbeit als Juso-Stadtratsmitglieder. Dass wir uns auch zu zweit zwischen den vielen Geschäften und neuen Themen immer ein bisschen besser zurechtfinden und orientieren können.

Welches ist Ihr liebster Stadtteil und warum?

Als Breitsch-Kind bleibt das wohl der Stadtteil meines Herzens. Aber ich mag die Stadt Bern eigentlich als Ganzes am liebsten. Und am allerschönsten ist es sowieso entlang der Aare.

Diese Themen waren ebenfalls wichtig:

  • Grosse Schanze: Die Grosse Schanze soll teilsaniert und neu beleuchtet werden. Der Rat hat einen Bruttokredit in der Höhe von 6,326 Millionen Franken mit 66 zu 2 Stimmen gutgeheissen. Davon werden Partner wie Kanton, EWB und SBB insgesamt einen Anteil von gut 1,5 Millionen Franken übernehmen. Neben der Beleuchtung, die die «Normen der Schweizerischen Licht-Gesellschaft» nicht erfüllt, weil sie zu stark blendet und zu starke Hell-Dunkel-Kontraste hat, handelt es sich im Wesentlichen um nicht sichtbare Sanierungen. Ein Antrag der zuständigen Kommission, zu prüfen, wie die Einstein-Terrasse entsiegelt werden könnte, kam zwar durch. Allerdings gehört die Terrasse dem Kanton und der verweist auf die hochsensiblen Gerätschaften des direkt darunter liegenden Instituts für Exakte Wissenschaften, die weitere Nutzungen schwierig machen. Die Realisierung ist ab Sommer 2025 geplant.  
  • Regionaler Veloverleih: Leihvelos haben sich in Bern und Region etabliert. Allerdings läuft der bestehende Leistungsvertrag von PubliBike und Stadt Ende 2025 aus. Er soll nicht verlängert werden. Auf 1. Januar 2026 soll das Verleihsystem deshalb neu ausgeschrieben werden – aber diesmal unter Einbezug von bisher 12 Partnergemeinden wie Köniz, Zollikofen und Ostermundigen. Für die Vorbereitungsarbeiten der Neuausschreibung hiess das Parlament mit 50 zu 18 Stimmen einen Nachkredit von 200’000 Franken gut, nachdem der Gemeinderat bereits in eigener Kompetenz einen Kredit von 150’000 gesprochen hatte. Die Vergabe soll im ersten Halbjahr 2024 erfolgen. 

  • Flugwerbung-Verbot: Das Parlament lässt prüfen, ob Werbeplakate für Flugreisen und Autos auf öffentlichem Grund verboten werden sollen. Mit 45 zu 27 Stimmen überwies es ein Postulat der JA!. Fliegen und Autofahren dürften aufgrund des Klimawandels «unter keinen Umständen gefördert werden», hiess es dort. Solche Werbungen seien zudem mit einem Warnhinweis analog der Tabakwerbung zu versehen, wonach Fliegen der Umwelt und damit auch der Gesundheit dieser und künftiger Generationen schweren Schaden zufüge. Die Stadtregierung zeigte sich bereit, das Anliegen zu prüfen. Gemeinderätin Marieke Kruit (SP) wies allerdings darauf hin, dass das Verbot nicht auf privatem Grund gelten würde, so wie zum Beispiel dem Bahnhof Bern.  
  • Gendergerechte Verkehrsschilder: Baustellen, Fussgängerstreifen, Verbotsschilder: Überall sind nur Männer zu sehen. Daran stören sich Grünes Bündnis/JA!. In einem Vorstoss forderten sie mehr Diversität auf Strassenschildern, ganz analog zu Genf, das seit 2020 nicht mehr nur Männer zeigt. Der Vorstoss wurde mit 49 zu 14 Stimmen als Richtlinienmotion überwiesen. Gemeinderätin Marieke Kruit zeigte sich offen für das Anliegen, betonte allerdings auch, dass nicht alle Strassenschilder in der Kompetenz der Stadt lägen. Jene, die mit Rechten und Pflichten verbunden seien, wie etwa ein Verbotsschild, seien Bundeskompetenz. Am leichtesten sei die Änderung bei den provisorischen Signalisierungen wie Baustellen. «Die städtischen Baustellen-Signale sind bereits angepasst und zeigen nun geschlechterneutrale Figuren», sagte Kruit.

PS: Ein chancenloser Antrag der SVP in der Budgetdebatte betraf – wie jedes Jahr – das städtische Rebgut. Die Partei forderte, zu prüfen, ob es verpachtet oder im Baurecht abgegeben werden könnte. Interessant: Sprecher Alexander Feuz verriet dabei, dass die SVP nicht in jeder Lebenslage Schweizer*innen bevorzugt: «Ich trinke lieber spanischen Wein», sagte er.

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