Berner Kopf der Woche: Dora Strahm
Drei Jahre lang hat sich Kuratorin Dora Strahm mit der Ausstellung «Mensch, Erde!» im Naturhistorischen Museum beschäftigt. Die Ausstellung dem Publikum zu übergeben, bedeute auch, sie loszulassen.
Seit einer Woche ist die neue Dauerausstellung zu Erdgeschichte und menschgemachtem Klimawandel geöffnet. In diesen ersten Tagen war die «Hauptstadt»-Redaktion Teil davon und ist mit vielen Besucher*innen ins Gespräch gekommen. Ab und zu ging auch Kuratorin Dora Strahm durch die Räume. Wie ist es, quasi die eigene Ausstellung zu besuchen?
Dora Strahm wehrt ab. Sie sei zwar verantwortliche Kuratorin, aber deswegen handle es sich nicht um «ihre» Ausstellung: «So etwas schafft man nur mit ausdauerndem, intensivem Teamwork», sagt sie. Wissenschaftler*innen, Szenograf*innen, Handwerker*innen bis zu den Menschen, die am Schluss die Vitrinen putzen: «Es braucht wirklich alle.»
Seit 25 Jahren arbeitet die Biologin im Naturhistorischen Museum in einem Teilzeitpensum als Ausstellungskuratorin – obschon es diese Funktion zu Beginn noch gar nicht gab. Sie etablierte dieses Jobprofil im Naturhistorischen Museum. Strahm lernte das Ausstellungsmachen «on the job», unter anderem bei Plakatkünstler Claude Kuhn, einst Ausstellungsgestalter am Naturhistorischen Museum. Zusätzlich absolvierte sie eine Ausbildung zur Wissenschaftsjournalistin und bildete sich in Projektmanagement und Öffentlichkeitsarbeit weiter.
Als Kuratorin arbeite man projektbezogen in Teams, die sich auflösen, wenn die Ausstellung eröffnet wird. «Die lange gemeinsame Zeit schweisst zusammen», sagt Strahm, «und sobald die Ausstellung läuft, hat man mit diesen Menschen vielleicht nichts mehr zu tun.» Damit müsse man umgehen können. Mit einem neuen Projekt beginne das Teambuilding wieder von vorne.
Die bereicherndsten Momente entstünden, sagt Strahm, «wenn wir im Team einen Gedanken so weiterentwickeln, dass am Schluss das Gefühl entsteht: Wir haben zusammen eine Super-Idee gehabt». Doch sie wolle nicht schönfärben: Auf dem Weg von der Vision zur Ausstellung gebe es auch zähe Phasen. Es habe etwa unzählige Genehmigungsschritte gebraucht und manchmal viel Überzeugungsarbeit. «Es ist wichtig, sich immer wieder zu hinterfragen, damit man sich nicht zu sehr in der eigenen Blase bewegt.»
Sie habe in diesen ersten Tagen viel positives Feedback zu «Mensch, Erde!» erhalten, sagt Dora Strahm. Trotzdem kommen auch melancholische Gefühle auf. «Man muss eine Ausstellung loslassen können, wenn sie dem Publikum geöffnet wird», sagt sie. Es sei «absolut nicht vorhersehbar, welche Umsetzungen in der Ausstellung bei den Besuchenden funktionieren und welche weniger».
Jetzt gehe sie ab und zu während der Öffnungszeiten durch die Ausstellung. Wenn sie dann Leute zueinander sagen höre: «Hey, das habe ich gar nicht gewusst!» – dann beglücke sie das. Weil die Macherinnen die richtige Flughöhe gefunden haben.
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