Berner Kopf der Woche: Alena Marx
Die Berner Spitzen-Kanutin Alena Marx (24) ist in Australien Weltmeisterin im Zeitfahren im Kajak Cross geworden – zu ihrer eigenen Überraschung.
«Die Gefühlsachterbahn ist noch im Gang», sagt Alena Marx in Sydney in die Kamera, mit noch nassen Haaren, die Goldmedaille um den Hals. Die Bernerin gehört seit ein paar Jahren zur Elite in den verschiedenen Disziplinen des Kanusports. Sie war letztes Jahr schon Doppel-Europameisterin. Aber jetzt WM-Gold? «Es war ein super harter Lauf, aber alles ging auf, a super good feeling», sagt sie. Zuletzt sei es ihr im Einzelzeitfahren im Kajak Cross nicht immer gut gelaufen, deshalb sei sie nun echt überrascht, dass sie ihre Konkurrentinnen auf rund eineinhalb Minuten Fahrzeit um mindestens eine Sekunde hinter sich gelassen habe – eine Weltreise im Spitzenkanu.
Kanuslalom ist ein komplexer Sport. Erforderlich sind Kraft in Rumpf und Oberkörper, eine gewisse Furchtlosigkeit – und, wie Alena Marx immer betont, ein intuitives Gefühl fürs Wasser, das man sich nicht antrainieren kann. Es gibt die Bootstypen Kajak (sitzend mit Doppelpaddel) und Kanadier (kniend mit Stechpaddel). Im Cross gibt es auch eine wildere Variante, ähnlich dem Ski-Cross. Vier Fahrerinnen stechen gleichzeitig von einer Rampe ins Wildwasser und absolvieren den Hindernisparcours gegeneinander, wobei sie einander auch abdrängen dürfen. Auf der Strecke obligatorisch ist eine Eskimorolle. In dieser Disziplin startete Alena Marx in der Nacht auf Samstag.
Die Kanuarena, in der die WM stattfindet, ist auch für eine mit allen Wassern gewaschene Kanutin eindrücklich: Das Penrith Whitewater Stadium in der Nähe der australischen Millionenstadt Sydney gehört zu den grössten künstlichen Wildwasseranlagen der Welt. Auf einem 300 Meter langen flussähnlichen Becken mit erheblichem Gefälle werden mit mobilen Hindernissen wilde Strömungen erzeugt.
Alena Marx ist Mitglied des Kanu Klubs Bern, dessen Homebase sich an der Aare in Worblaufen befindet. In der Schweiz findet die Topathletin jedoch nirgends Strömungen, in denen sie wettkampfmässig trainieren könnte. Deshalb studiert Alena Marx in Basel (Sport und Ethnologie), zweimal täglich pendelt sie zum künstlichen Wildwasserkanal in Hüningen im Elsass.
An den Olympischen Spielen 2024 gewann sie zwei Diplome, zuvor hatte sie in einem Crowdfunding Geld zur Finanzierung ihrer Wettkampfboote gesammelt. Obschon Kanu in der Schweiz eine Randsportart ist, lebt Alena Marx seit 2025 davon. Sie hat eine der begehrten neun Zeitmilitär-Anstellungen für die Sommerdisziplinen, mit denen die Schweizer Armee Spitzensportler*innen fördert. Weil Marx olympische Medaillenchancen hat, arbeitet sie bis zu den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles zu 50 Prozent bei der Armee als Profisportlerin.
Kanu ist für Marx eine Familienangelegenheit. Sie paddelt, seit sie 8-jährig war, ihr Bruder Dimitri ebenso. Vater André Marx ist Wettkampfleiter beim Kanu Klub Bern. Die Familie Marx lebt im Obstberg-Quartier in Bern, im Nachbarhaus von Peter Matti, der einst Kanu-Olympiateilnehmer war. Auch deshalb war die Leidenschaft nie zu bremsen.