Ditaji Kambundji, Könizer Wahlen, Asyl

News vom Samstag, Hauptstadt-Brief #497

Hauptstadt-Brief Apfel weiss
(Bild: Marc Brunner)

So schnell vergesse ich diesen Augustabend im Sommer 2023 nicht. Ich verfolgte, auf Einladung eines Freundes, im Leichtathletik-Stadion Wankdorf einen Wettkampf auf einem super Platz ganz nahe an der Bahn. Ich bin kein grosser Kenner der Leichtathletik, und doch schlug mein Herz ein wenig höher, als sich die Berner Profi-Läuferin Ditaji Kambundji, damals 21-jährig, für den Sprint über 100 Meter Hürden bereit machte.

Kambundji lief an diesem Abend zweimal, und beide Male verbesserte sie vor meinen Augen den Schweizer Rekord. Ich war absolut fasziniert, was Ditaji Kambundji in diesen flüchtigen Moment von gut 12 Sekunden Laufzeit alles hineinpackte: rohe Kraft, wilde Entschlossenheit im Blick, dazu eine filigrane Beintechnik im Tempo einer Nähmaschine, die nicht die geringste Schludrigkeit zulässt.

Ditaji Kambundji, wie ihre Schwester Mujinga in Köniz aufgewachsen, ist in ihrer Disziplin ein Weltstar. Dass sie in ihrer Heimatstadt Bern läuft, ist seit 2023 nie mehr vorgekommen. Bis heute Samstag: Am Citius Meeting, das ab dem frühen Nachmittag im Leichtathletik-Stadion Wankdorf stattfindet, startet Ditaji Kambundji um exakt 18.36 Uhr über 100 Meter Hürden.

Das wiederum ist nur möglich, weil die Organisator*innen des Citius-Meetings ausdauernde unternehmerische Hürdenläufer*innen sind. Als 22-Jähriger liess sich der damalige Berner Berufsmaturand und frühere Leistungssportler Matyas Kobrehel nicht von der Idee abbringen, nach 30 Jahren Unterbruch in Bern wieder ein grosses Leichtathletik-Meeting zu organisieren. Mit ein paar Kolleg*innen stellte er 2018 das erste Citius-Meeting auf die Beine – hart an der Grenze der psychischen und finanziellen Belastbarkeit.

Sieben Jahre später ist Kobrehel, der inzwischen für das Velo-Unternehmen «Thömus» arbeitet, immer noch da. 2024 musste er das Meeting absagen, weil die Finanzierung nicht zustande kam. Auch jetzt sprang ein Hauptsponsor kurzfristig ab, doch Kobrehel und sein Team beschafften im letzten Moment mit einem Crowdfunding 15'000 Franken.

Ditaji Kambundji ist darum so weit gekommen, weil sie es schafft, alle Energie auf den Sprung über die nächste Hürde zu konzentrieren. Dieser Gedanke hilft wohl auch Matyas Kobrehel, wenn er an die Zukunft des Meetings denkt.

Und er hilft, ehrlich gesagt, manchmal auch mir.

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Bilderserie von Gaby Moehl (6/12): Gelateria. (Bild: Gaby Moehl)

Das gebe ich dir ins Wochenende mit:

  • Köniz: In der brütenden Hitze des Augusts beginnt der hitzige Wahlkampf in Köniz. Bereits in sechs Wochen werden Regierung und Parlament neu gewählt. Weil drei Bisherige nicht mehr für den Gemeinderat antreten, kommt es zum Generationenwechsel. Die Nervosität ist gross. Überlebt die Könizer Zauberformel oder kommt es zu einer rot-grünen Mehrheit? Die «Hauptstadt» stellt dir die wichtigsten Personen und Themen vor.
  • Asylpolitik: Der Kanton Bern wandelt die ehemalige Kollektivunterkunft in Büren an der Aare in ein sogenanntes Rückkehrzentrum für Personen mit negativem Asylentscheid um. Wie die Sicherheitsdirektion mitteilt, soll Büren im Herbst in Betrieb genommen und wie alle sechs kantonalen Rückkehrzentren von der Firma ORS geführt werden. Das neue Zentrum ersetzt die unterirdische Unterkunft in Bern-Brünnen. Diese war im Januar 2023 eröffnet worden – laut damaliger Darstellung des Kantons provisorisch für ein Jahr. Daraus werden nun mindestens zweieinhalb.
    • Interessenskonflikte: Der Kanton Bern will den Blick schärfen für Interessenskonflikte bei seinen leitenden Angestellten. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Kantonsparlaments hat Handlungsbedarf festgestellt und schlägt konkrete Massnahmen vor, teilt sie mit. In der Kommission zu reden gaben Fälle, über die auch die «Hauptstadt» berichtete: FDP-Stadträtin Simone Richner etwa, die als Kaderperson des kantonalen Strassenverkehrsamts auch im Vorstand des TCS Bern-Mittelland sitzt und von diesem 2023 eine Spende für ihren Nationalrats-Wahlkampf erhielt. Die GPK empfiehlt unter anderem, den bereits bestehenden Verhaltenskodex zu präzisieren. Die Regierung ihrerseits signalisiert, die Vorschläge der GPK zu prüfen.
    • Rollrasenfelder: Der Kanton Bern vergibt 12 mobile Rollrasenfelder an zehn Gemeinden, um dem wachsenden Bedarf an ganzjährig nutzbaren Trainingsflächen gerecht zu werden. Dieses Projekt gehört zum bleibenden Erbe der Ende Juli zu Ende gegangenen Fussball-EM. Der zuständige Regierungsrat Philippe Müller hielt am Donnerstag in Bern fest, die Rollrasenfelder stünden für «den festen Willen, die Begeisterung für den Frauenfussball zu stärken», schreibt die Nachrichtenagentur sda. Er kickte auf einem der neuen Felder gar mit zwei YB-Fussballerinnen. Der Kanton gibt 700’000 Franken für das Vorhaben aus, die Felder gehen einzeln an Gemeinden im ganzen Kanton, die Stadt Bern und Köniz erhalten je zwei.
    • Klima: Im Monat Juli war der Sommer scheinbar abwesend. Aber: Der feuchte Juli war in der Region Bern wärmer, als er sich anfühlte. Die «Hauptstadt» publiziert Daten des Online Messnetzes Smart Urban Heat Map, die zeigen, dass die mittlere Julitemperatur sogar leicht über dem Durchschnitt der letzten 30 Jahre lag.
    • Junges Theater: Das Festival der Satelliten ist ein aussergewöhnlicher Berner Theaterevent: Fünf Jugendgruppen aus der ganzen Schweiz zeigen ihre von A bis Z selber erarbeiteten Theater-, Tanz- oder Performance-Produktionen. Das Festival, das noch bis zum 24. August dauert, erlebt seine dritte Staffel. Spielort ist die Junge Bühne im Brückenpfeiler am Dalmaziquai. Das Programm findest du hier

    PS: Das Kulturbüro ist eine Institution im Berner Kulturleben. Es vermietet an Kulturschaffende günstig Dienstleistungen und Geräte. Begleitet wird das Kulturbüro aber auch von unsicheren Finanzaussichten. Was tun in einer solchen Lage? Es mit einem Fest krachen lassen. Das passiert heute Samstag ab 14 Uhr an der Brunngasse 58. Es locken verschiedene Acts – unter anderem: Um 22.30 Uhr spielt Soukey.

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