Faustschlag fast ohne Folgen

Bei einer Festnahme in Bern schlug ein Polizist einem am Boden liegenden Mann gegen den Kopf. Zu Recht, findet nun die Polizei nach einer internen Untersuchung.

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(Bild: Pia Zibulski)

Der Vorfall sorgte vor ein paar Monaten schweizweit für Schlagzeilen: Bei einer Festnahme auf der Stadtberner Schützenmatte schlägt ein Polizist einem bereits am Boden liegenden Mann mit Wucht gegen den Kopf. Und das, während zwei Kollegen in Zivil den Mann an Armen und Beinen festhalten. Beim Geschlagenen handelt es sich um einen Schwarzen Mann. Der Vorwurf der unverhältnismässigen Polizeigewalt stand im Raum.

Die «Hauptstadt» hatte vergangenen Dezember als erste über den Vorfall berichtet, nachdem ihr ein Video, das ein Passant bei der Verhaftung aufgenommen hatte, zugespielt worden war. Gegenüber der «Hauptstadt» betonte die Polizei damals, sie kläre den Einsatz intern ab.

Hinweis: Das nachfolgende Video enthält Gewaltszenen. Der Schlag gegen den Kopf ist ca. bei Minute 0:03 zu sehen. Die Gesichter der Involvierten wurden durch die «Hauptstadt» unkenntlich gemacht.

Fünf Monate später hat sie nun ihre internen Abklärungen zum Einsatz auf der Schützenmatte abgeschlossen. «Dabei wurde festgestellt, dass die involvierten Mitarbeitenden nicht widerrechtlich gehandelt und grundsätzlich die ausgebildeten Techniken angewendet haben», schreibt Mediensprecherin Ramona Mock auf Anfrage der «Hauptstadt».

Die Kantonspolizei beurteilt den Schlag gegen den Kopf des angehaltenen Mannes somit als rechtens. Sie kommt damit zu einem anderen Schluss: Ein ausgewiesener Experte für Polizeirecht hatte den Schlag im Dezember gegenüber der «Hauptstadt» noch als «unverhältnismässig» taxiert – insbesondere, weil der Mann bereits am Boden lag und von zwei weiteren Polizisten festgehalten wurde.

Was passierte vor dem Video?

Grundsätzlich sind Schläge gegen den Kopf bei Festnahmen nicht verboten. Sie werden als «Ablenkungsschläge» bezeichnet und sind schweizweit Teil der Polizeiausbildung. Gegen den Kopf sind solche Schläge jedoch nur in einer akuten Notwehrsituation zulässig. «Im Video lässt sich keine Notwehrsituation mehr erkennen», sagte Experte Markus Mohler damals gegenüber der «Hauptstadt». Mohler ist ehemaliger Kommandant der Kantonspolizei Basel-Stadt und spezialisiert auf Polizeirecht.

Mohler betonte jedoch bereits im Dezember ausdrücklich, dass im Video nicht zu sehen ist, was vor Beginn der Aufnahme vorgefallen war.

Auf diesen Standpunkt stützte bereits damals auch die Polizei ihre Argumentation: Sie rechtfertigte den Schlag damit, dass der Mann anlässlich einer Kontrolle «aufbrausend» reagiert und «Widerstand geleistet» habe. Konkret habe er sich geweigert, seine Hände aus Sicherheitsgründen aus den Taschen zu nehmen.

Polizei will «expliziter thematisieren und trainieren»

Für die involvierten Polizist*innen dürfte der Vorfall mit dem Abschluss der internen Untersuchung ohne Konsequenzen bleiben. Eine weitere Untersuchung des Vorfalls wäre wohl einzig im Rahmen eines juristischen Verfahrens denkbar– eine Option, die gemäss Wissensstand der «Hauptstadt» bisher nicht erwirkt wurde.

Laut der Medienstelle der Kantonspolizei soll der Vorfall trotzdem nicht gänzlich ohne Folgen bleiben: Man wolle die gewonnenen Erkenntnisse aus der internen Untersuchung «in Zukunft noch expliziter thematisieren und in Erinnerung rufen», schreibt Mediensprecherin Mock. Zum Beispiel, dass Ablekungsschläge möglichst nicht gegen den Kopf ausgeführt werden sollten. «Entsprechende Anwendungsbeispiele werden wir in Zukunft expliziter trainieren.»

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Diskussion

Unsere Etikette
Christoph Grottolo
11. April 2023 um 21:18

Die Glaubwürdigkeit der Polizei würde gerade bei kritischen Menschen steigen, wenn solche Vorwürfe extern untersucht würden. Wer überzeugt ist, recht zu handeln, hat nichts dagegen, sich von aussen auf die Finger schauen zu lassen. Wer es nicht tut, lässt Raum für Mutmassungen - und für Mauscheleien. Gerade die Polizei, die in heiklen Bereichen unterwegs ist, sollte das nicht tun.

Denise Alvarez
11. April 2023 um 05:50

Gibt es eine Möglichkeit einer externen Abklärung?

Gibt es Einsicht, wer bei der Abklärung der Polizei zugezogen wurde?

Schläge auf den Kopf werden "Ablenkungsschläge" genannt.. sowohl Kopfschlag als auch Wortwahl lassen mich "tschuddere"

Ich würde gerne mehr erfahren.