Konzertreihe im früheren Kino
Seit diesem Monat gibt es eine montägliche Konzertreihe im L’Ovestino, lanciert von Schlagzeuger Manuel Pasquinelli. Der Auftakt mit seiner Band Akku Quintet ist gelungen.
Die Ungewissheit, wie viele Leute wohl zur Plattentaufe des Akku Quintets im L’Ovestino kommen würden, war gross. Doch das Publikum ist da, bis auf den letzten Platz sind die Stühle besetzt und eine heitere Stimmung verbreitet sich im eher kahlen Raum des ehemaligen Kinos.
«Kinema» heisst die neue Platte, die das Akku Quintet an diesem Abend tauft und mit welcher die Band ihrem Sound treu bleibt: Die Basis bilden clevere Rhythmuselemente, die sich verschieben, weiterentwickeln, von Instrument zu Instrument weitergegeben werden, bis sich die ruhigen, sphärischen Passagen zu einem Sog entwickeln.
Es ist schwierig, diesen Sound zu labeln. Wenn man von Genres sprechen möchte, dann ist die Band um den Schlagzeuger Manuel Pasquinelli wohl irgendwo zwischen Jazz und Minimal einzuordnen.
Untermalt wird das Konzert von Live-Visuals, die auf kreisförmigen Leinwänden hinter der Band projiziert werden und dem Konzerterlebnis eine weitere Dimension geben. Schön zu beobachten ist, wie sich das altersdurchmischte Publikum durchweg auf die Musik einlässt: Alle hören aufmerksam zu, es wird nicht geplaudert, kaum ein Handy kommt zum Vorschein, Köpfe und Füsse wippen im Takt.
Das Konzert hat etwas Intimes, die Vordersten sitzen kaum einen Meter von den Musiker*innen entfernt. In deren Gesichtern ist die Spielfreude gut ablesbar: Immer mal wieder werden Blicke getauscht, ein Grinsen macht sich breit – man spürt, dass sie sich gut kennen und Spass an dem haben, was sie machen.
Auf der Suche nach neuen Formaten
Die Plattentaufe des Akku Quintets war das erste von fünf Konzerten, die im Rahmen der neuen Reihe «Morpheus Monday» im L’Ovestino stattfinden. Die Idee dafür stammt von Manuel Pasquinelli, Schlagzeuger und Komponist aus Bern und Bandleader des Akku Quintets. Das Format ist eine Win-Win-Situation für Pasquinelli und das L’Ovestino: Die Bar L’Ovestino, die bis 2028 die Räumlichkeiten des ehemaligen Kinos Gotthard zwischennutzt, ist bisher vor allem für ihre Club- und Barabende bekannt.
Die Betreiber wollten an den Montagen jedoch etwas Neues ausprobieren und einem Kulturprogramm Platz geben, meint Christian Stoop, Geschäftsführer und Mitinhaber des L’Ovestino. Pasquinelli hingegen war auf der Suche nach einem Format, das ihm die Möglichkeit gibt, mit seinen verschiedenen Bands regelmässig aufzutreten.
Die fünf Konzerte, die im April und Mai geplant sind, dienen nun als Testphase. Manuel Pasquinelli hat die Reihe zusammengestellt und spielt selbst an jedem Abend – einerseits, weil er mit all seinen Projekten neues Material zu präsentieren hat. Andererseits kann so auch das Risiko klein gehalten werden. Denn noch ist die Finanzierung nicht gesichert und die Zukunft von «Morpheus Monday» davon abhängig, ob und wie viel Publikum kommt.
Doch die Konzertreihe soll nicht nur dem Selbstzweck dienen: Wenn es finanziell aufgeht, möchte Pasquinelli auch andere Bands einladen. Gerne auch neue Kombinationen von Musiker*innen, die vielleicht noch nie zusammen gespielt haben.
Morpheus, der Gott der Träume
Ein Hinweis, in welche Richtung sich die Konzertreihe entwickeln könnte, gibt deren Name: «Morpheus» heisst auch der Gott der Träume in der griechischen Mythologie. Dieses «Trippige», wie es Pasquinelli nennt, das Sphärische, das einen eben auch bei der Musik des Akku Quintets mitreissen und abtauchen lässt, soll sich durchziehen. Gleichzeitig ist in Morpheus auch der englische Begriff «to morph» enthalten, zu Deutsch «sich verwandeln, verändern».
Denn die Reihe soll auch etwas Verspieltes haben und Raum geben zum Experimentieren. So sind in den nächsten Ausgaben des Morpheus Monday auch sogenannte Labor-Konzerte geplant. An diesen Abenden werden unter anderem Songskizzen gespielt, die noch nicht fertig sind. Für die Musiker*innen wie auch für die Gäst*innen spannend: Es wird live ausprobiert, was vor Publikum funktioniert und was nicht.
Der Anspruch sei jedoch stets, dass das gespielte Material schon bühnenreif sei. Sie würden sich an diesen Abenden einfach weiter auf die Äste hinauswagen. Und: das Publikum soll bei jedem der Konzerte etwas Neues entdecken können. Songs, die bereits gespielt wurden, werden umgemodelt, Soloparts anders verteilt.
Neben den Labor-Konzerten ist eine weitere Plattentaufe mit dem Duo Schrödingers Katze geplant, das im Vergleich zum Akku Quintet «verspielter, rockiger, wilder» ist. Zudem wird Pasquinelli erstmals mit seinem Soloprojekt auftreten, von welchem im Herbst das erste Album erscheinen wird.
Zugänge zur Musik schaffen
Grundsätzlich sind die Bands, die am «Morpheus Monday» spielen werden, irgendwo im Bereich Jazz einzuordnen. «Aber eigentlich möchte ich gerne von diesem Label wegkommen. Schliesslich ist es einfach Musik», sagt Pasquinelli.
Die Reihe soll eine Ergänzung sein zu den bekannten Jazzveranstaltern in Bern. «Ich finde es cool, dass wir nicht in einem Jazzclub spielen.» Das mache die Konzerte niederschwelliger und ziehe vielleicht auch ein anderes Publikum an.
Darum auch die Preispolitik: Die Gäst*innen können selbst wählen, ob sie den Richtpreis von 20 Franken, einen Soli-Eintritt von 30 Franken oder einen Mini-Preis von 10 Franken bezahlen. Sodass auch diejenigen, die einfach etwas trinken gehen wollten, zum Bleiben verleitet werden. Und wer weiss, vielleicht gibt es Menschen darunter, die so an einem «Morpheus Monday» unverhofft einen Zugang zum Jazz finden – oder einfach neue Musik entdecken.
Nächste Konzerte der Reihe Morpheus Monday im L’Ovestino: 22.4. Akku Quintet – Laborkonzert 29.4. Schrödingers Katze – Plattentaufe «Unscharf» 06.05. Schrödingers Katze – Laborkonzert 20.05. Manuel Pasquinelli Solo