Kopf der Woche – Natalie Urwyler
Eigentlich keine Linke, kämpft die entlassene Insel-Ärztin Natalie Urwyler nun für die Rechte der Frau. Weil sie privilegiert sei.
Natalie Urwyler stand eine Karriere als Anästhesistin und Professorin in Aussicht, als ihr das Inselspital 2014 nach dem Mutterschaftsurlaub kündigte – «aufgrund eines komplett zerrütteten Vertrauensverhältnisses». Vier Jahre später erklärte das Berner Obergericht die Kündigung für ungültig. Seither bezahlt das Inselspital die Lohndifferenz zwischen dem Insel-Lohn und Urwylers aktuellem im Spital Sitten.
Ende Januar hat Urwyler erneut Recht bekommen: Das Inselspital hat sie aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert. Beförderungen und Gelder sind ihr deswegen entgangen.
Das Urteil dürfte sich positiv auf die Gleichstellung auswirken. Denn Urwyler sei kein Einzelfall, sagte ihr Anwalt an der Medienkonferenz. Doch kaum jemand sei bereit, vor Gericht zu ziehen: zu teuer, zu zeitaufwändig.
Urwyler sieht sich durch ihre Privilegien in der Pflicht, den Weg für andere Frauen zu ebnen: «Nicht alle haben die Möglichkeiten, sich zu wehren. Für diese Frauen möchte ich gerade stehen, damit sie zu ihrem Recht kommen», erklärte sie an der Medienkonferenz.
Politisch stehe Urwyler nicht links und habe sich noch nie für Frauenrechte interessiert, steht in einem Porträt in der «annabelle». Trotzdem hatte sie sich bereits während ihrer Zeit an der Insel für schwangere Kolleginnen eingesetzt, bevor sie selbst Mutter wurde.
Urwylers Gefecht mit dem Inselspital geht weiter. Noch ist unklar, wie viel Geld ihr zusteht. Von mehreren Hunderttausend bis zu mehreren Millionen Franken ist die Rede. Urwyler: «Wäre ich ein Mann, würde niemand fragen, ob ich das verdiene und ob es allenfalls zu viel ist.»