Die Kornelkirsche – so sauer wie rot
Die Kornelkirsche ist mit ihren sonnengelben Blüten als Frühlingsbotin bekannt. Unsere Kolumnistinnen pflücken ihre Kirschen im September und kochen daraus süss-saures Ketchup.
Wenn uns der Winter noch nicht an den Frühling denken lässt, aber wir uns nach Wärme sehnen, geben uns die Blüten der Kornelkirsche Anlass zur Hoffnung. Sie beginnen zu blühen und säumen unsere Wege mit ihren filigranen, aber strahlend gelben Blütenblättern. Im Sommer würden sie uns kaum auffallen, aber zu dieser Jahreszeit macht ihnen nur die Hasel Konkurrenz.
Die sonnengelben Blüten der Kornelkirsche und die kleinen roten Früchte der Pflanze haben seit der Antike die Herzen der Menschen erobert. Die Kirschen sind nicht nur kulinarisch interessant, sondern auch gut für den Körper. Sie weisen einen hohen Vitamin-C-Gehalt auf und sind eine gute Quelle für die Vitamine A und E. Ausserdem enthalten sie die B-Vitamine Thiamin und Riboflavin, die die Entgiftung unterstützen.
Hart wie Horn
Die Kornelkirsche, wissenschaftlich Cornaceae genannt, ist botanisch gesehen aber keine Kirsche, sondern gehört zur Familie der Hartriegelgewächsen.
Der lateinische Name Cornus bedeutet Horn und ist auf die Festigkeit des Holzes, das hart wie Horn sein soll, zurückzuführen. Die Kornelkirsche wird wegen ihres Holzes zum Drechseln, der Herstellung von Spazierstöcken oder Hammerstielen angebaut. Allerdings braucht die Kornelkirsche Geduld: Sie wächst unglaublich langsam und ist nicht für den schnellen Profit geeignet.
Die Kornelkirsche wächst als ein-oder mehrstämmiger Strauch und Baum und wird drei bis acht Meter gross. Die Pflanze hat ihren Ursprung in Südeuropa und der Schwarzmeerregion, sie wächst aber auch in Frankreich, Armenien, der Ukraine und in bestimmten Teilen Asiens. Selbst an manchen Orten in Sibirien ist sie zu finden.
Dementsprechend fühlt sie sich in unserem Klima wohl, und du findest sie in Hecken, am Waldrand, in Parks und Gärten sowie in lichten Mischwäldern. Wer sich achtet, wird staunen, an wie vielen Ecken man sie antrifft. Die Kornelkirsche wird im deutschsprachigen Raum auch Dirndlstrauch, Tierlibaum, Herlitze oder Gelber Hartriegel genannt.
Finden und Sammeln
Im September erkennst du die Pflanze an ihren dunkelroten, länglich geformten Kirschen. Mit ihrem süss-säuerlichen Geschmack sind sie nichts für den schnellen «Gluscht», sondern mögen etwas Zucker und Hitze bei ihrer Zubereitung.
Wir sammeln nur so viel, dass wir den Vögeln und anderen Wildtieren keine ernsthafte Konkurrenz machen. An unserer Sammelstelle ist das kein Problem: Die Sträucher sind so hoch, dass unser Pflücken auf Augenhöhe kaum ins Gewicht fällt. Für jede reife Kornelkirsche, die wir in unser Körbchen packen, fällt eine runter. So haben sie ihren optimalen Reifezeitpunkt erreicht.
Die Kornelkirsche findet sich oft in bewusst angelegten Wildhecken mit heimischen Gehölzen. Im Gegensatz zu Schlehe, Hagebutte oder Weissdorn hat sie keine Stacheln – eine willkommene Abwechslung.
Kaffee-Ersatz und falsche Oliven
Zuhause lässt sich kulinarisch einiges mit Kornelkirschen anstellen. Die Früchte können sowohl frisch als auch getrocknet genossen werden. Am bekanntesten ist wohl die Herstellung von Konfitüre – aber auch zu Sirup, Puddings, Getränke oder in Süsswaren verarbeitet, schmecken die Früchte sehr lecker.
Zu Kriegszeiten rösteten die Menschen die Steine und stellten einen Kaffee-Ersatz her. Wer die Früchte etwas vor dem eigentlichen Erntezeitpunkt erntet, wenn sie noch nicht ganz weich sind, kann daraus auch falsche Oliven herstellen. Man legt sie dazu einfach in eine würzige Salzlake und serviert sie zum Apéro.
Wir haben uns heute aber etwas anderes ausgedacht. Ihre von Natur aus säuerliche Note kombinieren wir mit etwas Zucker und verarbeiten die Frucht zu Ketchup. Die rote Farbe der Kornelkirsche eignet sich da perfekt, und auf den ersten Blick ist nicht zu erahnen, dass sich hier keine Tomaten verstecken. Wir lieben den süss-säuerlichen Geschmack und finden ihn eine willkommene Abwechslung zum Dippen von Ofengemüse.
Eine süss-säuerliche Alternative zum herkömmlichen Ketchup.
Zutaten für 2 Gläser à 2 dl
Vorbereitungszeit: 10 Minuten
Kochzeit: 25 Minuten
750 g Kornelkirschen
1 rote Zwiebel
6 EL Zucker
1 TL Salz
Zubereitung
Die Kornelkirschen waschen und die Zwiebel fein schneiden. Beides in einem Topf mit Wasser, sodass der Boden bedeckt ist, aufkochen. Unter gelegentlichem Rühren kochen lassen, bis sie weich sind – etwa 25 Minuten.
Das Ketchup durch ein Passevite drehen, um die Steine der Kornelkirschen zu entfernen. Das Mus zurück in den Topf geben und erneut aufkochen. Mit Zucker und Salz abschmecken, allenfalls nach Geschmack noch etwas einkochen lassen.
Sprudelnd heiss in zuvor sterilisierte Gläser füllen und sofort verschliessen. Vor Zugluft geschützt für 24 Stunden auskühlen lassen.
Tipps zum Rezept:
Gläser kannst du am einfachsten sterilisieren, wenn du sie und den Deckel nach dem Abwaschen mit kochend heissem Wasser füllst und fünf Minuten stehen lässt. Stelle die Gläser dabei auf ein Holz- oder Plastikbrett, um Spannungen und damit das Bersten des Glases zu vermeiden.
Im Kühlschrank aufbewahren und einmal geöffnet innert zwei Wochen konsumieren.
Zu den Personen: Die beiden Bernerinnen Pascale Amez und Melissa Knüsel haben sich während ihrer Ausbildung kennengelernt – und dort auch die gemeinsame Liebe für einheimisch Gewachsenes entdeckt. Daraus ist der Blog Urkraut entstanden. Für die «Hauptstadt» widmen sie sich jeden Monat einem anderen Strauch oder Kraut.