«Man hat schnell zu viel geschnitten»

Fotoporträt #15. Andreas Wiesmann fertigt grossformatige Porträts mit der Motorsäge an. Damit gibt der 70-Jährige der multikulturellen Schweiz ein Gesicht.

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Andreas Wiesmann zwischen zwei seiner Porträts in seinem Atelier in der Felsenau. (Bild: Danielle Liniger)

«Für meine Porträts arbeite ich nach Fotos, die ich selber aufgenommen habe. Das Treffen mit den einzelnen Personen ist mir wichtig. Ich möchte, dass sie direkt in die Kamera blicken. Es sind die Finessen im Blick, die mich interessieren. So wähle ich auch die Vorlage aus. Ein Porträt soll eine Gegenüberstellung mit den Betrachtenden sein, so dass eine Begegnung entsteht.

Zuerst schaue ich die Vorlage an. Wo ist die Rundung des Gesichts? Was sind die wichtigen Linien? Das dauert manchmal ziemlich lange. Wenn ich mit der Motorsäge anfange, geht es dann in der Regel recht zügig. Obwohl ich gelernt habe, nicht ganz so schnell zu arbeiten wie am Anfang. Man hat schnell zu viel geschnitten. Und das kann man nicht rückgängig machen.

Je nachdem, wie ich die Säge halte, gibt es andere Strukturen. Darum habe ich vor gut zehn Jahren auch mit den zweidimensionalen Holzschnitten angefangen: Ich habe gedacht, es würde mich gluschten, mit dieser Technik etwas Figürliches zu machen. Denn wenn ich abstrakt arbeite, ist es egal, wie lang ein Schnitt ist, bei etwas Konkretem wie einem Auge aber nicht.

Momentan arbeite ich an Werken für eine Ausstellung in Steffisburg im kommenden Sommer. Ich fertige 23 Porträts von Menschen, die im Asylzentrum in Steffisburg wohnen. Sie werden dann in der Steffisburger Kirche platziert, auf den 23 Sitzen vorne im Chor, wo früher die Geistlichen sassen, also die, die etwas mehr galten.

Die Themen Rassismus und Asylpolitik sind mir wichtig. Die Schweiz ist multikulturell, und das möchte ich mit meinen Porträts sichtbar machen.»

Andreas Wiesmann, 70, lebt in Bern. Er ist pensioniert und arbeitet schon ein Leben lang künstlerisch.

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Sein Arbeitsgerät ist die Motorsäge. (Bild: Danielle Liniger)
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Für eine Ausstellung in Steffisburg fertigt er 23 Porträts von Bewohner*innen des dortigen Asylzentrums. (Bild: Danielle Liniger)
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