Mietpreise – Stadtrat-Brief #39

Sitzung vom 14. November 2024 – die Themen: Mietzinskontrolle; Airbnb; Rosengarten; Pensionskasse Gemeinderät*innen; Citysoftnet; Feriensportlager Fiesch. Ratsmitglied der Woche: Esther Meier.

Stadtrat-Brief
(Bild: Silja Elsener)

Erst spät kam das Parlament in Fahrt. Dann aber richtig. Es wurde leidenschaftlich, es wurde persönlich. Und es zeigten sich zum Teil auch unübliche Allianzen. So stimmte die Mitte plötzlich mit den Parteien des RGM-Bündnisses und die SVP argumentierte mit dem Klima.

Das Thema: steigende Mieten und Wohnraummangel. Mehrere Vorstösse möchten diesen Problemen entgegenwirken. So etwa durch die Einführung einer Mietzinskontrolle nach Sanierungen (interfraktionelle Motion GB/JA!, SP/Juso, GFL/EVP sowie Motion PdA/AL) oder mehr Einschränkungen für Buchungsplattformen wie Airbnb, die laut Studien den Wohnraummangel verschärfen und die Mieten in die Höhe treiben.

«Eigentlich wollen wir doch alle dasselbe», sagte Simone Richner (FDP), «faire Mieten, genügend Wohnraum, mehr Sanierungen.» Allerdings zeigte sich, dass der Disput darüber, wie diese Ziele erreicht werden können, gross ist. Oder wie Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL), in dessen Zuständigkeit die Anliegen fallen, zusammenfasste: «In der Analyse gibt es keine grossen Differenzen. Bei den Lösungen sind wir uns aber extrem uneinig.» 

Für die Parteien des RGM-Bündnisses ist eine Mietzinskontrolle nach Sanierungen anzustreben. Eine solche hat zum Beispiel Basel Stadt vor zwei Jahren eingeführt. Laut ersten Auswertungen werden die Mietzinse nach Sanierungen jetzt tatsächlich weniger erhöht – es wird aber auch weniger saniert. 

Und so hielten die Parteien des bürgerlichen Bündnisses dann auch dagegen: «Es ist überhaupt nicht attraktiv zu sanieren, wenn es eine Mietzinskontrolle gibt», sagte etwa Janosch Weyermann (SVP). Parteikollege Thomas Glauser brachte sogar das Klima ins Spiel. «Uns als Hauseigentümer ist das Klima auch wichtig, es wäre schade, wenn nicht mehr saniert würde», meinte er. Worauf Ursina Anderegg (GB) fand: «Du darfst energetisch sanieren, Thomas. Das einzige, was wir wollen, ist, dass du nicht illegal die Mieten erhöhst.»

Der Graben verlief stark zwischen den Verteidiger*innen von Mieter*innen und denen von Eigentümer*innen. Auch bei der zweiten diskutierten Frage: Der Einschränkung von Buchungsplattformen wie Airbnb. Dazu gibt es eigentlich schon ein Gesetz, das im Februar 2022 mit über 81 Prozent Ja-Stimmen von der Berner Stimmbevölkerung angenommen worden ist und die gewerbemässige Nutzung von Zweitwohnungen in der Altstadt einschränkt. Das Gesetz ist jedoch derzeit blockiert durch eine Einsprache des Hauseigentümerverbands.

Die Motion der SP/Juso-Fraktion möchte die Entwicklung der Angebote von Buchungsplattformen nicht nur in der Altstadt, sondern in allen Quartieren beobachten und bei einer Zunahme die Einschränkung von der Altstadt auf weitere Quartiere ausdehnen können. 

Schweizweit zeige die Entwicklung nach oben, es gebe immer mehr Airbnbs, immer mehr Städte würden die Nutzung regulieren, so etwa Luzern und Thun, sagte Lena Allenspach (SP).  «Es ist für mich völlig unverständlich, dass Bern immer Vorreiterin sein will, in diesem Bereich aber nicht.» Unerwarteten Support erhielt das Anliegen von der Mitte-Partei. «Wir warnen davor, nur den Onlineplattformen den schwarzen Peter zuzuschieben. Aber die Entwicklung lässt sich nicht wegdiskutieren», sagte Sprecherin Sibyl Eigenmann. Die Mitte werde der Motion zustimmen.

Der rotgrün dominierte Gemeinderat plädierte bei allen Geschäften für Ablehnung. So sei etwa der administrative Aufwand für eine Mietzinskontrolle nach Sanierungen zu gross. Und auch die Ausweitung des Lex Airbnb auf andere Stadtteile hätte laut Gemeinderat beträchtlichen Mehraufwand zur Folge. Alec von Graffenried fand jedoch kein Gehör, die Vorstösse wurden allesamt für erheblich erklärt. Im Falle der Buchungsplattformen als Richtlinie, was dem Gemeinderat viel Spielraum lässt; im Falle der Mietzinskontrollen muss er nun eine Vorlage ausarbeiten.

Portrait von Esther Meier im Rathaus Bern, aufgenommen am 31.10.2024 für hauptstadt.be
Ratsmitglied der Woche: Esther Meier

Esther Meier sitzt seit Ende Oktober 2023 fürs Grüne Bündnis im Stadtrat. Die 35-Jährige ist ausgebildete Historikerin und arbeitet als Co-Kampagnenleiterin beim Verkehrs-Club der Schweiz (VCS). Sie hat an der Uni Bern ein Doktorat zur transnationalen Zucht- und Handelsgeschichte des Simmentaler Fleckviehs angefangen, das aus zeitlichen Gründen im Moment aber brach liegt.

Warum sind Sie im Stadtrat?

Ich engagiere mich seit 15 Jahren politisch, weil ich Verantwortung übernehmen und einen Beitrag leisten möchte für eine klimagerechte, solidarische Zukunft. Ich bin vor einem Jahr nachgerutscht und zum ersten Mal Mitglied in einem Parlament. Ich habe das Glück, dass ich mit dem Schweizer Wahl- und Stimmrecht geboren wurde und ich es mir finanziell leisten kann, meine Stellenprozente zu reduzieren, damit genug Zeit für den Stadtrat und mein sonstiges Engagement bleibt.

Wofür kennt man Sie im Rat – auch ausserhalb Ihrer Partei?

Vielleicht für meinen Ostschweizer Dialekt, der bei den Voten offenbar etwas stärker ist als im Gespräch (lacht). Allgemein vermutlich als umgängliche Person, die am Rednerpult Klartext reden kann, wenn es um inhaltliche Sachen geht.

Welches ist Ihr grösster Misserfolg im Rat?

Oft empfinde ich es als frustrierend, zu sehen, wie zögerlich die Stadt Bern agiert – etwa bei der Umsetzung der Klimaschutzmassnahmen (z.B. Stichwort Gasausstieg) oder der Wohnbauförderung. Da wünschte ich mir weniger Angst vor politischem Gegenwind und mehr Mut bei der Umsetzung zukunftsfähiger Lösungen. Bern hätte es aufgrund der politischen Voraussetzungen in der Hand, in der Klimapolitik eine Vorreiterinnenrolle zu übernehmen. 

Worauf sind Sie stolz bei Ihrer Ratsarbeit?

Eine schwierige Frage, da «stolz» keine Kategorie ist, in der ich mein Leben oder mein Handeln denke. Was ich aber sehr schätze, ist die gute Zusammenarbeit innerhalb der Fraktion und die gegenseitige Unterstützung.

Welches ist Ihr liebster Stadtteil und warum?

Mein liebster Stadtteil ist die Lorraine, wo ich vor 14 Jahren, als ich für das Studium nach Bern gezogen bin, zufällig gelandet bin. Seither wohne ich, mit einem kurzen Abstecher nach Holligen, dort. Mir gefallen das lebendige Quartierleben, das Kairo sowie die Nähe zur Aare und dem Lorrainebädli – der besten Badi überhaupt.

Und das wurde auch noch beschlossen:

  • Altersvorsorge für Gemeinderät*innen: Wer die Berner Stadtregierung verlässt, darf nur noch drei Jahre bei der Personalvorsorgekasse der Stadt Bern (PVK) versichert bleiben. Mit 65 zu 0 Stimmen hat der Stadtrat eine entsprechende Reglementsänderung beschlossen. Bisher können ehemalige Gemeinderatsmitglieder unter gewissen Voraussetzungen bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters bei der PVK versichert bleiben. Dabei müssen sie nur einen Beitrag von sechs Prozent des versicherten Lohns übernehmen. Das führt zu hohen Kosten für die Stadt Bern. Neu müssen sie je nach Altersjahr bis 12.33 Prozent übernehmen. Die Neuerung angestossen hatte der Stadtrat mit einer im Juni 2023 überwiesenen Motion der GLP. Und dieser gehen die Änderungen zu wenig weit. «Das grenzt an Diskussionsverweigerung», meinte Corina Liebi. «Das ist keine Totalrevision, sondern maximal eine Teilrevision.» Die neue Regelung wird bereits am 1. Januar 2025 in Kraft treten.  
  • Sanierung Rosengarten: Die Rundum-Erneuerung des Rosengartens rückt näher. Für die Projektierung hat der Stadtrat einstimmig und diskussionslos knapp zwei Millionen Franken freigegeben. Berns bekannteste Grünanlage ist über 100 Jahre alt, die letzte grössere Umgestaltung erfolgte in den 1950er Jahren. Bei der nun geplanten Erneuerung sollen Identität, Charakter und Atmosphäre des Rosengartens erhalten bleiben und ein Fokus auf Barrierefreiheit, Aufenthaltsqualität und Klimaverträglichkeit gelegt werden. Die Planung soll 2027 abgeschlossen sein. Der Antrag für den Realisierungskredit dürfte laut Gemeinderat Anfang 2028 vorliegen.
  • Nachwirkungen Citysoftnet: Ohne Gegenstimmen hat der Stadtrat einen Nachkredit von gut 2,7 Millionen Franken für das Amt für Erwachsenen- und Kindesschutz für das Jahr 2024 gesprochen. Der höhere Bedarf geht insbesondere zurück auf die Einführung der Fallführungssoftware Citysoftnet. Nach dem Aufschalten der Software traten unerwartete Probleme auf, die erst im Betrieb sichtbar wurden. Das führte rasch zu einer hohen Pendenzenlast und vielen frustrierten Kündigungen. Der zuständige Gemeinderat Reto Nause (Mitte) dankte für die «milde» Berichterstattung aus der Kommission und entschuldigte sich noch einmal dafür, was passiert sei.  
  • Feriensportlager Fiesch: Einstimmig und fast euphorisch beschloss der Stadtrat den Leistungsvertrag 2025 und 2026 mit dem Feriensportlager Fiesch. Es handelt sich dabei um 275’000 Franken jährlich. Die zuständige Gemeinderätin Franziska Teuscher (GB) betonte, wie das Fiescher Lager seit 45 Jahren eine Erfolgsgeschichte sei. Die Nachfrage nach den Plätzen sei recht eingebrochen nach Corona. Aber das sei nicht schlimm. «Plätze, die nicht von Berner Kindern besetzt sind, können Fiescher Kinder übernehmen, und das sind halt jetzt etwas mehr.» So seien auch Freundschaften über die zwei Kantone hinweg entstanden.

PS: Auch über die Erneuerung zweier Lichtsignalanlagen (bei der Grabenpromenade und der Neufeldstrasse) wurde befunden. Während der Kredit bei der Grabenpromenade einstimmig gutgeheissen wurde, gab es bei der Neufeldstrasse eine Gegenstimme, die für ein wenig Erheiterung sorgte. Sofia Fisch (Juso) hatte versehentlich den falschen Knopf gedrückt.

PPS: Ablösung User Management Ressource Administrator (UMRA) hiess das etwas sperrige Traktandum Nummer 10. Der Kredit wurde bewilligt, es gab keinen Diskussionsbedarf. Gemeinderat Michael Aebersold trat dennoch ans Rednerpult: «Dafür gibt es nur einen Grund: Es ist mein letztes Sachgeschäft im Stadtrat, ich danke für die Zusammenarbeit mit der Kommission.» Aebersold tritt auf Ende Jahr zurück.

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