Pumptrack – «Hauptstadt»-Brief #284
Donnerstag, 22. Februar 2024 – die Themen: Velo-Spielplätze, Transparenz bei Parteienfinanzierung, Immobilienkäufe der Stadt, Medienfreiheit, eine Kulturkritik und Kritik am Inselspital.
Mit Pumptracks verhält es sich ungefähr so wie mit Pop-up-Bars: Vor gut zehn Jahren schossen die welligen Veloparcours wie Pilze aus dem Boden, und seitdem sind sie aus dem Stadtbild nicht wieder wegzudenken. In der Stadt Bern gibt es allein sechs solcher «Velo-Spielplätze». Geht es nach einem parteiübergreifenden Bündnis im Stadtrat, soll im Rossfeld bald ein weiterer Pumptrack entstehen. Allen voran die Mitte und die SP: Sie haben dafür eine dringliche Motion zuhanden des Gemeinderats ausgearbeitet. Dieser hatte nämlich im Herbst 2023 entschieden, den Pumptrack nicht in die mittelfristige Investitionsplanung aufzunehmen. Das Bündnis im Stadtrat hingegen findet, dass die Sportinfrastruktur im Rossfeld zu wünschen übrig lässt. Das ist auch in einem breiteren Kontext zu verstehen: Das Berner Rossfeld hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. In neuen Überbauungen wie der Reichenbachstrasse 118 sind allein 100 Wohnungen entstanden. Mit Folgen: Das Schulhaus Rossfeld platzt aus allen Nähten. Seit drei Jahren gibt es deshalb auf dem Vorplatz ein Containerprovisorium. Es soll voraussichtlich Ende 2026 durch das neue Kinderhaus Rossfeld ersetzt werden – vorausgesetzt, das Stimmvolk gibt in diesem Sommer grünes Licht. Zurück zum Pumptrack: Als ich am Dienstag die Schule Rossfeld besuchen will, um mir ein Bild vom künftigen Pumptrack-Ort zu machen, ist kaum ein Durchkommen. Ein riesiges Loch hat sich auf der Strasse aufgetan, das Wasser steht knöchelhoch. Ein Rohrbruch. Feuerwehrleute ziehen Schläuche hinter sich her und bemühen sich, das Wasser wieder loszuwerden. Ein «Pump-Track» der anderen Sorte.
Und jetzt noch zu anderen Themen des Tages:
- Städtische Abstimmungen: Bei den vier Vorlagen, die am 3. März zur Abstimmung stehen, gibt vor allem eine zu reden: Soll die Stadt für 33,9 Millionen Franken mehrere Häuser des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) in der Länggasse kaufen? Es wäre einer der teuersten Liegenschaftskäufe in der Stadtgeschichte. Hinzu kämen Kosten für die Umnutzung. Gegner der Vorlage stossen sich vor allem daran, dass noch nicht festgelegt ist, wie die Liegenschaften künftig genutzt werden. Die Stadt führt dagegen ins Feld, dass sie sich Liegenschaften an ruhiger und zentraler Lage sichere, deren Wert zumindest erhalten bleibe. Der SNF erhält im Gegenzug Boden in der Wankdorf-City, wo er einen Neubau plant. Das Grundstück mit einer Fläche von 2’388 Quadratmetern wird im Baurecht abgegeben.
- Transparenz: Bei den nationalen Wahlen im vergangenen Oktober galten erstmals Pflichten zur Offenlegung der Kampagnenfinanzierung. Die «Hauptstadt» berichtete im Herbst über die Kampagnenbudgets der Berner Kandidat*innen. Mein Kollege Joël Widmer hat Nadine Masshardt, eine Vorkämpferin der nun gültigen Transparenzregeln, zum Gespräch getroffen.Laut ihr ist dank der neuen Regelung deutlich mehr über Geld und potenzielle Abhängigkeiten in der Politik geschrieben und diskutiert worden.
- Kulturkritik: Die Autorin Sarah Elena Müller und die Musikerin Milena Krstić haben ein Album geschrieben, das gleichzeitig ein Buch ist. Das Werk vereint ironisch gebrochene Popmusik mit wuchtiger Prosa. Mein Kollege Linus Küng hat die beiden Künstlerinnen getroffen, um über das Projekt zu sprechen.
- Medienfreiheit: Gestern hat das Regionalgericht Bern-Mittelland drei Autor*innen vom Vorwurf der üblen Nachrede freigesprochen. Sie haben 2020 für die beiden Schweizer Nichtregierungsorganisationen Public Eye und Trial International einen Bericht veröffentlicht. Darin wird der Zuger Rohstoffkonzern Kolmar verdächtigt, mit geschmuggeltem libyschen Diesel geschäftet zu haben. Der Konzern verklagte die Autor*innen und die Organisationen auf dem Straf- und Zivilweg. Er fordert unter anderem Schadenersatz von 1,8 Millionen Franken. Der Freispruch vor dem Strafgericht ist ein erster Etappensieg in diesem Rechtsstreit, der für das Recht auf freie Meinungsäusserung und die Medienfreiheit von Bedeutung ist. Meine Kollegin Jana Schmid hat die Verhandlungen besucht und das Phänomen solcher Einschüchterungsklagen, auch «Slapp» genannt, in einem Artikel für die Republik aufgearbeitet.
- Stadtrat: Die Mitglieder des Stadtrats sollen sich künftig bei längerfristiger Verhinderung vertreten lassen können. Der Gemeinderat hat eine entsprechende Vorlage zuhanden des Stadtrats und der Stimmbevölkerung verabschiedet, wie er heute mitteilt. Abwesenheiten sind infolge Mutterschaft, Krankheit oder Auslandsemester möglich. Die Vorlage, die der Gemeinderat verabschiedet hat, sieht Stellvertretungen von mindestens drei und höchstens sechs Monaten vor. Der Grund der Verhinderung muss nicht angegeben werden.
- Inselspital: Der erst im August eingeweihte Neubau des Inselspitals sorgt für Kritik: Mitarbeitende, die mit dem SRF-Regionaljournal gesprochen haben, halten das Anna-Seiler-Haus für eine «Fehlplanung». Nach fünf Monaten monieren die Angestellten am neuen Arbeitsort, dass Aufenthaltsräume und Steckdosen fehlten und nur schlecht gelüftet werden könne. Ausserdem seien die Wege deutlich länger als zunächst angenommen.
- Wildtierkolumne: Eigentlich würde die Saatkrähe gerne auf dem Land leben. Doch in der Stadt findet sie heute mehr hübsche Baumreihen, in denen sie sich wohlfühlt, schreibt unsere Wildtierkolumnistin Irene Weinberger in der letzten Kolumne ihrer Serie.
- Fussball: Die Berner Youngboys spielen heute Abend im Sechzehntelfinal der Europa League gegen Sporting Lissabon. Das Hinspiel verloren die Berner daheim mit 1:3 – sie reisen also mit einer grossen Bürde nach Portugal.
PS: Ins Kino gehen, aber die Leinwand bleibt schwarz? Ab diesem Freitag ist das am Sonohr-Festival im Kino Rex und dem Lichtspiel möglich – zudem wird das Generationenhaus bespielt. Das dreitägige Treffen der Audioliebhaber*innen bietet in diesem Jahr wieder Live-Performances, Audiowalks zu dokumentarischen Features und Recherchen zu experimentellen Hörstücken.