Köniz Spezial

«Im Schloss soll das Herz von Köniz schlagen»

Das Schloss Köniz soll neu erblühen, der Stiftungsrat unter Präsident Hans Traffelet hat die Arbeit aufgenommen. Wird sich das Schloss neben den zahlreichen Berner Eventarealen etablieren?

Traffelet ist Direktor des Migros Kulturprozent, Iris Widmer Bundesrichterin.
Beide sind im Stiftungsvorstand für die Sanierung und die Neupositionierung des Schlosses Köniz.
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© Danielle Liniger
«Einmalige Kombination»: Stiftungsratspräsident Hans Traffelet im Schlossgarten. (Bild: Danielle Liniger)

Eigentlich ist das Schloss Köniz gar kein Schloss. Auf jeden Fall nicht ein klassisches, wie man es sich vorstellt – trutziger Bau, prunkvolle Säle, fürstliche Treppen. Das Schloss Köniz wirkt mehr wie ein kleines Dorf. Es besteht aus einer mehrteiligen Häusergruppe mit landwirtschaftlichen Namen – Rossstall, Haberhuus, Chornhuus, Rittersaal und Schüür – die sich auf dem Kirchenhügel von Köniz um einen oasenhaften Innenhof gruppieren. Zum Schloss gehören aber auch ein grosser, biologisch bewirtschafteter Garten sowie der frühere Friedhof, der jetzt ein friedlicher Park ist.

«Es macht etwas mit einem, wenn man an den Häusern vorbei in diesen Innenhof kommt», sagt Hans Traffelet. Er sitzt in einem der gediegenen Räume des Chornhuus, durchs Fenster geht der Blick in den Innenhof: «Das Zusammenspiel von schönem Aussenraum und schönen Innenräumen, das ist ziemlich einmalig.» Selbst wenn der Himmel grau ist und die Bise zieht.

Fasziniert vom Schloss

Traffelet ist ein Gastro- und Kultur-Profi. Der gelernte Koch führte einst mit seiner Frau das Casino, danach war er «23 Jahre lang Hüttenwart auf dem Gurten», wie er selbstironisch sagt. Traffelet gestaltete als Betriebsleiter für die Migros den Wandel vom einst verlotterten Kurhotel zum heutigen Park im Grünen mit. Bis vor kurzem präsidierte er die Casinokommission der Burgergemeinde. Seit 2023 leitet Traffelet die Abteilung Kulturprozent und Wirtschaftsförderung bei Migros Aare.

Dazu kommt nun eine neue Nebenbeschäftigung, die ihn ziemlich gepackt habe, wie er sagt: Hans Traffelet ist seit Januar 2025 Präsident der neu gegründeten Stiftung Schloss Köniz: «Uns allen hat es den Ärmel richtig hineingezogen.» Mit ihm im Stiftungsrat sitzen Sandra Lagger (Delegierte der Gemeinde Köniz), Roland Röthlisberger (Delegierter der Kirchgemeinde), Herbert Mössinger (Immobilienspezialist) und Iris Widmer (Vorstand Kulturhof Köniz).

Traffelet ist Direktor des Migros Kulturprozent, Iris Widmer Bundesrichterin.
Beide sind im Stiftungsvorstand für die Sanierung und die Neupositionierung des Schlosses Köniz.
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Perfekte Symbiose von Stadt und Land: Schlosshof Köniz. (Bild: Danielle Liniger)

«Das Schloss ist ein vielseitiger Ort, der quasi von der Wiege bis zur Bahre seine Bedeutung hat», sagt Iris Widmer, die mit Traffelet zum Gespräch gekommen ist. Man kann auf den gleichen paar Quadratmetern getauft werden, Geburtstage feiern, heiraten, Festessen zelebrieren, Kultur geniessen, Firmenworkshops veranstalten, abtanzen, politisieren, abhängen und zu Grabe getragen werden. «Unsere Herausforderung besteht nun darin, einen Plan zu entwickeln, wo wir Akzente setzen, damit wir wirklich für jede Lebenslage etwas anbieten können», sagt Widmer.

Bröckelnde Substanz

Die Beziehung zwischen der Gemeinde und ihrem Schloss ist alt. Stabil, aber auch zähflüssig. 1996 kauften die Kirch- und die Einwohnergemeinde Köniz dem Kanton das Schloss, das bis 1798 als Landvogten-Sitz diente, ab. Mangels Geld blieben Investitionen in die historischen, aber mehr und mehr bröckelnden Immobilien weitgehend aus.

Eine private Gruppe um das heutige Stiftungsratsmitglied Herbert Mössinger renovierte immerhin den Rossstall. Dieser ist inzwischen ein Veranstaltungslokal, in dem unter anderem die Könizer Parlamentssitzungen stattfinden. Als eigentlicher Betreiber des Schlossareals etablierte sich der Veranstalter Kulturhof Köniz. Die grösste Kulturinstitution der Gemeinde hat zwar regionale Ausstrahlung, erwirtschaftet aber trotz beliebtem Kulturprogramm die finanziellen Mittel nicht, mit denen die aus feuerpolizeilichen Gründen teilweise unbenutzbaren Gebäude auf Vordermann gebracht werden könnten.

Traffelet ist Direktor des Migros Kulturprozent, Iris Widmer Bundesrichterin.
Beide sind im Stiftungsvorstand für die Sanierung und die Neupositionierung des Schlosses Köniz.
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Prinzip Perlenkette: Hans Traffelet. (Bild: Danielle Liniger)

Das soll nun die neue Stiftung Schloss Köniz bewerkstelligen. Im Herbst 2024 stimmten die Könizer Stimmberechtigten ihrer Gründung zu, statteten sie mit einem Kapital von 4,5 Millionen Franken aus. Ihr Auftrag: In den nächsten Jahren 25 bis 35 Millionen Franken zu beschaffen, um die Gebäudegruppe aufzuwerten und besser bespielbar zu machen. «Das Schloss Köniz soll zu einem regionalen Leuchtturm mit nationaler Ausstrahlung und Wirkung werden», gab Gemeindepräsidentin Tanja Bauer (SP) die Flughöhe vor.

Er sei einer, der mit grossen Worten sparsam umgehe, sagt Hans Traffelet jetzt am Tisch im Chornhuus. Der Plan des Stiftungsrats sei es nicht, das Schloss mit einem grossen Paukenschlag in eine neue Ära zu katapultieren. Er hat ein anderes Bild vor Augen: «Wir müssen festlegen, wo wir in zehn Jahren stehen wollen. Und dann die einzelnen Massnahmen wie an einer Perlenkette  aneinanderreihen, so dass wir der Vision schrittweise näherkommen.»

Wichtig sei: Das Schloss liege nicht, wie einst der Gurten, am Boden und müsse neu aufgebaut werden. «Wir operieren am offenen Herzen», sagt Traffelet, «wir müssen mit Bedacht und gleichzeitig entschlossen vorgehen.» 

Gastro auch im Schlossgarten

Wie stellt sich der Stiftungsrat das Schlossareal in zehn Jahren vor? «Man wird sich nicht die Augen reiben und denken: Das hätte ich mir nie vorstellen können», sagt Hans Traffelet. Letztlich, ergänzt Iris Widmer, gehe es darum, «zu intensivieren, was jetzt schon gut läuft». 

Ausgemacht ist, dass die Gastronomie eine wichtige Rolle spielt. Das (zurzeit geschlossene) Restaurant soll vom zu engen Haberhuus hinüber ins Chornhuus wechseln, dessen grosse Räume, sobald sie saniert sind, grössere Flexibilität zulassen. Das Berner Gastrounternehmen KG Gastrokultur (Le Beizli, Du Nord, Eiger) hat sich per Ende 2024 aus dem Schlossrestaurant zurückgezogen. Neu übernimmt die im Haus des Sports in Ittigen ansässige Eventmakers AG, die unter anderem im Zentrum Paul Klee tätig und exklusiv für das Catering im Berner Rathaus zuständig ist. Mit ihr wird die Schloss-Stiftung den Wechsel ins Chornhuus angehen. Gut vorstellen können es sich Traffelet und Widmer, dass der lauschige Schlossgarten dereinst ins gastronomische Konzept eingebunden würde.

Traffelet ist Direktor des Migros Kulturprozent, Iris Widmer Bundesrichterin.
Beide sind im Stiftungsvorstand für die Sanierung und die Neupositionierung des Schlosses Köniz.
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Kulturlokal und Könizer Rathaus: Rossstall. (Bild: Danielle Liniger)

Im Schloss der Zukunft sollen Tagungen und Seminare stattfinden, sich unter Umständen sogar kleinere Firmen niederlassen oder Private an Co-Working-Stationen arbeiten. Gleichzeitig soll das Schloss ein populärer, zugänglicher Ort bleiben, den auch Menschen mit kleineren Budgets aufsuchen oder Leute, die ein aussergewöhnliches Format mögen – wie etwa die Salsa-Nächte oder die monatlichen Dienstagabend-Raves im Rossstall. Mit dem Schulmuseum und der Musikschule soll das Schloss ein Ort der Bildung bleiben. Und auch das Trauzimmer soll weiterhin zur Verfügung stehen. Im Schlossareal «soll das Herz von Köniz schlagen», sagt Iris Widmer. Es verbinde den urbanen und ländlichen Teil von Köniz.

«Unglaublich schön»

Logischerweise muss das dereinst aufgewertete Schloss genügend Einnahmen erzielen, um selbsttragend wirtschaften zu können. Die Frage stellt sich, ob es genügend Anziehungskraft und Umsatz entwickelt. Die Konkurrenz ist ja da – das breit aufgestellte Bernexpo-Areal mit der neuen Festhalle etwa, der Gurten oder Kunstorte wie das Zentrum Paul Klee, das auch mit Events und Tagungen Zusatzeinnahmen erwirtschaftet.

Hans Traffelet und Iris Widmer sehen die Wettbewerbsvorteile. «Die Kombination im Schloss Köniz ist einmalig», sagt Traffelet. Eine so luftige, grosszügige, mit historischem Charme ausgestattete Anlage finde man sonst wohl höchstens im Emmental, wo aber die Erreichbarkeit das Problem sei. Das Schloss Köniz hingegen hat sogar eine eigene Busstation und ist vom Bahnhof Bern in 15 Minuten erreichbar. «Es ist einfach ein unglaublich schöner Ort», sagt Iris Widmer, «ich wüsste niemanden, dem er nicht gefällt.»  

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