Inspiriert von der Aare
Selma Imhof schreibt für die «Hauptstadt» neu eine monatliche Literatur-Kolumne über die Aare. Bern, findet sie, sei ein guter Ort, um zu schreiben.
Selma Imhof (27), in Bern geboren, studierte am Literaturinstitut Leipzig Literarisches Schreiben und beendete den Studiengang 2021 an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Aktuell arbeitet sie an ihrem literarischen Debüt «Wasser, Taube», das von Stadt und Kanton Bern gefördert wird.
Selma Imhof, was bedeutet dir die Aare?
Die Aare bedeutet mir sehr viel. Ich verbinde sie mit einem Gefühl der Zuflucht und der Zugehörigkeit. Als ich nicht in der Schweiz lebte, war die Aare für mich ein Sehnsuchtsort, den ich von Weitem anschrieb. Mit dem Rückzug nach Bern wurde sie zur örtlichen Verankerung. Ich verbringe viel Zeit an der Aare, wende mich den Uferlandschaften, ihren Bewohner*innen, den Licht-und Wetterverhältnissen zu.
Wie wurdest du Literatin und was willst du mit Schreiben erreichen, vermitteln, schaffen?
Ich begreife mich eher als Schreibende im Werden. Es ist kein fertiger Beruf, der einmal erreicht ist oder nicht. Schreiben entsteht durch eine Praxis. Dadurch, dass der Faden immer wieder aufgenommen wird, sei es durch den kreativen Prozess der Materialgenese, die Weiterverarbeitung zu einem Text oder die Suche nach seiner Form. Ich schreibe, weil ich dem Bedürfnis folgen will, diese Praxis zu pflegen, und mich mit ihr zusammen zu entwickeln.
Wasser (und damit die Aare) steht im Zentrum deines literarischen Erstlingsprojekts. Warum Wasser?
Wasser ist mir als Element sehr nah. Ich liebe kalte und klare Gewässer. Ich schwimme fast jeden Tag. Es ist eine sinnliche Erfahrung, in der ich mich frei fühle und verbunden mit der Welt. Die schottische Dichterin Nan Shepherd schreibt: The most appalling quality of water is its strength. All the mysteries are in its movement. Das berührt mich. Weil ich es nicht beschreiben kann, muss ich es immer wieder auf neue Weisen versuchen.
Warum bist du auf die Idee gekommen, als Autorin eine Kolumne zu schreiben?
Die Kolumne ist ein Gefäss, das es mir erlaubt, Ahnungen nachzugehen und Bilder zusammenzuführen, die bei der Arbeit an den Gedichten aufkommen und nach einer anderen Form verlangen. Sie fordert mich heraus, konkreter zu werden und mich auf andere Weise verständlich zu machen. Darauf freue ich mich sehr und bin dankbar für diese Möglichkeit.
Ist Bern ein guter Ort, um Schriftstellerin zu sein?
Bern ist ein guter Ort um zu schreiben. Ich komme hier mehr zur Ruhe als in anderen Städten. Die Stadt ist eher klein und es ist möglich, in kürzester Zeit in natürlichen Gebieten zu sein. Das schätze ich sehr und hilft mir, wahrzunehmen was gesagt werden will und mich seiner Entwicklung hinzugeben.