Wahlen 2023

«Reduktion des Fleischkonsums ist der grösste Hebel»

In der Fragebogen-Stafette zu den Nationalratswahlen äussert sich heute der grüne Kandidat Christoph Leuppi.

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(Bild: Aurel Märki)

776 Personen bewerben sich im Kanton Bern um einen der 24 Nationalratssitze. Wen wählen? Da kann die «Hauptstadt» nur bedingt helfen. Allerdings wird in diesem Stafetten-Fragebogen etwas klarer, wo Kandidierende der verschiedenen Parteien stehen.

Das Prinzip ist simpel: Wir haben von jeder Partei, die bisher mindestens einen Sitz im Nationalrat besetzt, ein*e Kandidat*in ausgelost und diesen Personen die immer gleichen Fragen gestellt. Und weil es sich um eine Stafette handelt, bei der der Fragebogen von Kandidat zu Kandidatin übergeben wird, durfte die befragte Person die erste Frage an die nächste Kandidat*in gleich selber stellen.

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SP-Kandidatin Manuela Kocher stellt Ihnen folgende Einstiegsfrage: «Wie würdest Du die Ernährungssicherheit garantierten?»

Christoph Leuppi: Der grösste Hebel liegt wohl bei der Reduktion des Fleischkonsums. Das heisst nicht, dass wir ganz auf Fleisch und Milchprodukte verzichten müssen. Momentan werden auf 40 Prozent der verfügbaren Ackerflächen Futtermittel angebaut. Diese Flächen für den Anbau von pflanzlichen Nahrungsmitteln zu verwenden, wäre sehr viel effizienter.

Welcher Einsatz im Wahlkampf fordert Sie am meisten Überwindung?

Es ist nicht unbedingt meine Lieblingsbeschäftigung, unbekannten Menschen einen Flyer mit einem Foto von mir in die Hand zu drücken. Man gewöhnt sich zwar daran, aber es braucht zu Beginn des Wahlkampfes immer etwas Überwindung.

Wem wollen Sie im Bundeshaus eine Stimme geben?

Mit meiner Politik möchte ich der jüngeren Generation nicht nur eine Stimme geben, sondern eine hoffnungsvolle Perspektive für die Zukunft schaffen. Ich bin mir bewusst, dass dies angesichts der drängenden Klimakrise eine riesige Herausforderung ist. Darum braucht es mehr Mut und Pioniergeist im Bundeshaus.

Wer wird Sie sicher nicht wählen?

Bei Menschen, welche die Erkenntnisse der Wissenschaft ignorieren, werde ich wohl einen schweren Stand haben.

Christoph Leuppi
Christoph Leuppi

Partei: Grüne

Alter: 31 Jahre

Beruf: Wissenschaftlicher Mitarbeiter BAG Abteilung Internationales, Mitinhaber Solar-Startup

Wohnort: Bern

Wann haben Sie die letzte Volks-Abstimmung verpasst und warum?

Das ist mir zu meiner Schande genau bei einer der wichtigsten Abstimmungen der letzten Jahrzehnte passiert – bei der Masseneinwanderungsinitiative im Jahr 2014. Ich habe unter der Woche den Termin für die briefliche Stimmabgabe verpasst und am Wochenende war ich durchgehend für einen Verein tätig.

Was ist für Sie der wichtigste Artikel der Bundesverfassung?

Da gibt es viele gute Artikel. Am wichtigsten finde ich Art. 2, den sogenannten Zweckartikel. Momentan ist für mich besonders Absatz 4 «für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung» prägend.

Welche konkreten Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels soll die Politik im ersten Jahr der Legislatur beschliessen?

In Kürze: Ein ambitionierteres Netto-Null-Ziel, noch konsequentere Förderung der erneuerbaren Energien, ein Förderprogramm für Gebäudesanierungen, eine ÖV-Offensive und eine klimataugliche Landwirtschaftsstrategie. Und da ist noch die Regulierung des Finanzplatzes, einschliesslich des Rohstoffhandels. Dieser Sektor finanziert rund 20-mal mehr CO2-Emissionen als alle Schweizer Haushalte und Unternehmen zusammen.

Steuern gelten oft als verpönt, doch Steuern sind sehr wichtig für den sozialen Ausgleich: Was ist die wichtigste Steuer und warum?

Auch bei den Steuern ist Vielfalt wichtig, um nicht von einer einzigen abhängig zu sein. Mir ist insbesondere der progressive Charakter der Steuern wichtig, damit die stark angestiegene Ungleichheit nachhaltig bekämpft werden kann. Beispielsweise die Spitzensteuersätze auf Einkommen der 80er Jahre ermöglichten einen effektiven Ausgleich.

Wahlen 2023

Hier geht es zu den bisher publizierten Fragebogen und weiteren Artikeln zu den nationalen Wahlen am 22. Oktober 2023.

Der Einfluss von künstlicher Intelligenz wird in den kommenden Jahren viele Lebenslagen betreffen. Fürchten Sie sich davor oder sehen Sie auch Chancen und wenn ja wo?

Richtig eingesetzt bieten sich viele Chancen für unsere Gesellschaft. Grundsätzlich gibt es das Potenzial, durch KI Prozesse im Job und im Lebensalltag zu vereinfachen, wodurch mehr Zeit und Ressourcen für andere Tätigkeiten frei werden. Damit können sich Menschen dort einsetzen, wo sie wirklich gebraucht werden.

Warum politisieren Sie bei den Grünen?

Die Grünen setzen sich seit ihrer Gründung für ein gesundes Klima und eine intakte Umwelt ein. Das ist für mich der wichtigste Grund. Dazu kommen die vielen tollen Menschen, die sich bei den Grünen engagieren. Deshalb fühle ich mich sehr wohl. Besonders in meiner Ortssektion, der Grünen Freien Liste Stadt Bern.

Mit welcher Sportart würden Sie Ihren politischen Stil vergleichen?

Mit dem Velorennfahren. Da braucht man ziemlich viel Ausdauer und es ist ein komplexer Teamsport, bei dem jedes Teammitglied enorm wichtig ist. Alleine gewinnt man keine Rennen. Zudem braucht es auch Anstand und Respekt vor den Gegner*innen, ansonsten gibt es einen Massensturz.

Wer, der nicht in Ihrer Partei sitzt, sollte in den Nationalrat gewählt werden?

Grundsätzlich wünsche ich mir Nationalräte*innen, welche lösungsorientiert und mit einem gewissen Anstand politisieren – egal von welcher Partei.

Mit welchem politischen Erfolg möchten Sie in die Geschichte eingehen?

Es ist mir ziemlich egal, ob ich in die Geschichte eingehe oder nicht. Mir ist jedoch wichtig, mit meiner Lebenszeit etwas Sinnvolles anzustellen. Wenn ich somit einen Beitrag für eine lebenswerte Zukunft leisten kann, bin ich sehr zufrieden.

Was wollen Sie von Mitte-Kandidat Matthias Matti wissen?

Die Schweiz hat das Übereinkommen von der Klimakonferenz in Paris ratifiziert und sich zu einem Reduktionsziel der Treibhausgasemmissionen von minus 50 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 verpflichtet. Bis 2050 sollten die Emissionen auf netto null gesenkt werden. Warum ist es uns aus Deiner Sicht nicht gelungen, die Emissionen bis zum jetzigen Zeitpunkt ausreichend zu senken?

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