Allmenden – Stadtrat-Brief #37

Sitzung vom 17. Oktober 2024 – die Themen: Allmend, Bahnhof Bern, Grundeinkommen, Seehundeanlage, Digitalisierung an Schulen.

Stadtrat-Brief
(Bild: Silja Elsener)

Barbara Nyffeler (SP) findet die Idee, auf der Grossen Allmend eine Einstellhalle zu bauen, «nicht ganz einfach». Aber es sei auch die einzige Möglichkeit, die Allmenden momentan überhaupt weiterzuentwickeln, sagte die Fraktionssprecherin.

Lange diskutierte der Stadtrat über die Kleine und Grosse Allmend im Wankdorf. Eigentlich ging es «nur» um eine Testplanung und den dafür nötigen Planungskredit von knapp 1,5 Millionen. Aber das Parlament kam schnell auf die grossen Fragen zu sprechen: Wie könnte man die Allmenden künftig nutzen? Soll YB Trainingsfelder erhalten? Und: Braucht es wirklich ein neues Parkhaus?

Momentan ist es so, dass Parkplätze bei grossen Veranstaltungen und Messen einen beachtlichen Teil der Allmend belegen. Laut kantonalem Richtplan muss es diese Parkplätze auch geben. Nun sollen sie verlegt werden in ein unterirdisches Parkhaus, das von der Besitzerin des Wankdorf Center, der UBS Asset Management AG, gebaut wird. Sie will damit die innere Verdichtung des Wankdorf Centers vorantreiben. 

Die Möglichkeit, die jetzigen oberirdischen Parkplätze auf der Allmend aufzulösen, gebe überhaupt Raum, über eine Neugestaltung der Allmenden nachzudenken, betonte auch die zuständige Gemeinderätin Marieke Kruit (SP) in ihrem Votum. Die Stadt suche seit Jahrzehnten nach einer Lösung. «Wir könnten die einmalige Chance nutzen: Eine gemeinsame Einstellhalle, ohne dass die Stadt Kosten dafür tragen muss», warb sie für das Anliegen. Ausserdem könnte laut Kruit mit der Einstellhalle auch die Anzahl der Parkplätze im überkommunalen Richtplan deutlich reduziert werden.

Mit ihren Argumenten konnte sie GB/JA! und GFL nicht überzeugen. Sie lehnten die grundsätzliche Unterstützung eines gemeinsamen Parkhauses ab, das möglichst weitgehend unter bestehenden Flächen gebaut werden soll. «Die Versiegelung der Tiefgarage wäre ein riesiger Rückschritt in Bereich Klimaanpassung», betonte GB/JA!-Sprecherin Nora Joos.  

Die anderen Parteien nahmen die Vorlage jedoch in allen Punkten an. So kann der Gemeinderat nun die Testplanung angehen.

Ob YB dann seine Plätze erhält und ob sie wirklich exklusiv sein werden? Auch das soll mit dieser Testplanung ausgelotet werden. Oder, wie Kruit betonte: «Die Nutzungsansprüche der Allmenden sind zahlreich und konkurrieren sich zum Teil.» Letztlich wird die Stimmbevölkerung über die Neuordnung des Nutzungs- und Gestaltungsplans, wie es in Behördensprache heisst, entscheiden können. 

Portrait von Laura Binz im Rathaus Bern, aufgenommen am 16.05.2024 für hauptstadt.be

Laura Binz (43) ist Vize-Fraktionspräsidentin der SP und seit April 2018 im Stadtrat. Die Historikerin arbeitet beim Schweizerischen Nationalfonds und ist Co-Präsidentin von «Läbigi Stadt» und Präsidentin von «StattLand».

Warum sind Sie im Stadtrat?

Ich war schon während des Studiums an der Uni Bern im Studierendenrat aktiv und als ich 2014 nach einem längeren Auslandsaufenthalt zurück nach Bern kam, hat mich die Annahme der Masseneinwanderungsinititative dazu motiviert, mich wieder aktiv politisch zu engagieren. Die Arbeit im Stadtrat und in der Kommission PVS erlauben es mir, mich mit den verschiedensten Aspekten des städtischen Lebens und der städtischen Infrastruktur zu befassen, was mir viel Freude bereitet.

Wofür kennt man Sie im Rat – auch ausserhalb Ihrer Partei?

Mein Engagement für eine nachhaltige Verkehrspolitik und eine klimaangepasste Stadt mit einem lebendigen öffentlichen Raum ist wohl inzwischen über die Parteigrenzen hinaus bekannt. Wir müssen heute Massnahmen ergreifen, um uns an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen und die Lebens- und Wohnqualität in Bern zu erhalten. Zudem mag ich den Austausch mit anderen Ratsmitgliedern, der gerade auch durch die Kommissionsarbeit gefördert wird.

Welches ist Ihr grösster Misserfolg im Rat?

Es fällt mir schwer, einen grössten Misserfolg zu identifizieren. Natürlich läuft nicht immer alles wie gewünscht oder ich würde beim einen oder anderen Geschäft noch weitergehen mit den Forderungen. Dies gehört zur Ratsarbeit dazu.

Worauf sind Sie stolz bei Ihrer Ratsarbeit?

Das Konzept von Stolz ist schwierig. Ich würde eher sagen, dass ich mich freue, dass wir bei der Gestaltung einer lebenswerten und zukunftsfähigen Stadt langsam, aber sicher vorwärtskommen.

Welches ist Ihr liebster Stadtteil und warum?

Im Sommer bin ich sehr gerne zwischen Elfenau und dem Marzili unterwegs. Ich bin aber auch oft im Stadtteil III (Mattenhof-Weissenbühl) unterwegs, der sehr vielfältig und lebendig ist.

Und das wurde auch noch beschlossen:

  • Bahnhof: Im Zuge der Erweiterung des Bahnhofs Bern muss die Stadt den Verkehr im Bahnhofumfeld neu organisieren. Es ist ein emotionales und vielschichtiges Thema. Denn einerseits wollen Regierung und Parlament die Chance nutzen und mit der Neuorganisation auch den MIV (motorisierten Individualverkehr) auf dem Bahnhofplatz und um den Bahnhof reduzieren und die Situation für Velofahrer*innen und Fussgänger*innen verbessern. Andererseits dauern die Diskussionen schon Jahre und wurden durch Einsprachen auch immer wieder verzögert. Die Versetzung des Bubenbergdenkmals oder das Fällen von Rosskastanienbäumen sorgten für Widerstand. Nun liegt endlich eine Überbauungsordnung vor. Die zuständige Gemeinderätin Marieke Kruit betonte in der gestrigen Diskussion, dass diese möglichst nicht mehr geändert werden sollte, weil das zu weiteren Verzögerungen führen würde. «Viele eurer Forderungen sind eingeflossen, die Reduktion des MIV um 60 Prozent streben wir an, es ist aber kein Selbstläufer», sagte sie. Eine Mehrheit des Rats folgte ihr und beschloss die Überbauungsordnung. FDP und SVP sprachen sich dagegen aus.
  • Grundeinkommen: Die Stadt Bern soll einen Pilotversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen durchführen, beschloss die linke Mehrheit im Rat deutlich und überwies eine entsprechende Motion der Kommission Soziales, Bildung und Kultur. Die Diskussion zum Vorstoss hatte bereits an der Sitzung vom 15. August begonnen und wurde am Donnerstag zu Ende geführt.  Die Argumentationen verliefen entlang der traditionellen Parteilinien: Zu teuer sei bereits ein Versuch, geschweige denn die Einführung eines Grundeinkommens für die ganze Bevölkerung, fand FDP-Sprecher Nik Eugster. Befürworter*innen wie Lea Bill (GB) hingegen betonten, dass Menschen sich besser entfalten könnten, wenn sie sich keine Gedanken übers Geldverdienen machen müssen. Da das Anliegen im Zuständigkeitsbereich des Gemeinderats liegt, ist es in seinem Ermessen, inwieweit er es umsetzen will. Er hatte sich aus finanziellen Gründen – und weil sich keine andere Stadt bereit erklärt hatte, am Pilotversuch mitzuwirken – gegen die Motion ausgesprochen.
  • Seehunde: Sichtlich euphorisch vertrat Gemeinderat Reto Nause (Mitte) den Kreditantrag für eine neue Seehundeanlage mit Beschattung im Dählhölzli. «Es ist das Votum, auf das ich mich die letzten 16 Jahre emotional am meisten gefreut habe: eine neue coole Berner Anlage für unsere Seehunde», sagte er augenzwinkernd. Die 2,9 Millionen Franken teure Anlage ist nötig, weil die heutige 20-jährige Anlage optisch und tierhalterisch nicht mehr dem neuesten wissenschaftlichen Standard entspricht. Zudem leiden die Tiere in den letzten Jahren zunehmend unter Augenproblemen. Der Antrag wurde einstimmig genehmigt. Die Seehunde befinden sich bereits im Borås Djurpark in Schweden, wo sie bis zur Fertigstellung der Anlage bleiben.
  • Digitalisierte Schule: Künftig sollen alle Schulkinder ab der dritten Klasse ein Tablet erhalten, und alle Lehrkräfte ein Notebook. Bisher hatten sich die Berner Schulkinder zu zweit ein Tablet geteilt. Der Stadtrat hat einen entsprechenden Kredit von knapp 21,8 Millionen Franken mit drei Gegenstimmen gutgeheissen. Der Kredit wird obligatorisch vors Volk kommen. Den grössten Teil des Kredits (14,7 Millionen) macht der Ersatz der Hardware für Schüler*innen und Lehrpersonen aus. Ein weiterer Teil der Gelder fliesst in die Weiterentwicklung der Schulinformatik-Plattform (WESP).

PS: Auch sportliche Stadträt*innen sind sich nicht immer einig: So betonte Tom Berger (FDP), er habe jahrelang Rugby gespielt, «mehr als 100 Spiele, viele davon auf der Allmend». Sportvereine seien seit Jahren nicht zufrieden mit der Allmend, so fehlten zum Beispiel Flutlichter oder eine Buvette. Was im Anschluss Sibyl Eigenmann (Mitte) auf den Plan rief, die «nicht so viele Spiele und auch nicht Rugby» auf der Allmend erlebt habe. Hingegen hat sie in der Alternativliga Fussball gespielt. «Ich fand es cool dort, gerade weil man die Begrenzungen der Spielfelder selber machen musste und es nicht ganz eben war.»

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