«Sagen wir mal zehn Jahre»
Tiefbaudirektor Matthias Aebischer (SP) will keine losen Kehrichtsäcke mehr in Berns Strassen. Die Containerpflicht soll aber mit einer langen Übergangsfrist eingeführt werden.
Vor gut einem Jahr verkündete Ihre Vorgängerin Marieke Kruit (SP), eine generelle Conterinflicht in der Kehrichtabfuhr sei nicht möglich, sondern nur eine teilweise. Warum schlagen Sie nun dennoch eine Pflicht zur Erstellung von Containerstandplätzen vor?
Matthias Aebischer: Als neuer Vorsteher der Direktion fragte ich in die Runde, was denn eine teilweise Containerpflicht sei. Denn eine Pflicht heisst für mich: Ich muss. Die Frage konnte mir niemand so richtig beantworten. Darum haben wir das Wort «teilweise» gestrichen und sprechen nun von einer Pflicht. Mein Ziel ist, dass wir dereinst in der ganzen Stadt keinen losen blauen Kehrichtsack mehr in den Strassen sehen.
Vor anderthalb Jahren war nicht die Rede davon, alle losen Säcke zu beseitigen. Wann wollen Sie Ihr Ziel einer vollständigen Abdeckung mit Containern erreichen?
Ich will hier keine genauen Daten nennen. Wir beginnen Anfang 2026 im Stadtteil 3 – Marzili, Mattenhof, Weissenbühl – und schauen, wie es läuft. Dann starten wir in den anderen Quartieren.
Sprechen wir von fünf, von zehn oder von 50 Jahren?
Sagen wir mal zehn Jahre. Nun habe ich doch noch eine Zahl genannt.
Vor einem Jahr hiess es, ein Vorgarten-Artikel der Bauordnung und weitere Elemente sprechen gegen eine Pflicht. Wie kann die Stadt nun doch mehr Containerplätze errichten?
Wir haben strengere Vorgarten-Reglemente als zum Beispiel in Zürich. Dort sehe ich auch Containerplätze, die ich so in Bern nicht erstellen würde. Aber ich bin überzeugt, dass es fast überall Lösungen geben wird. Wenn nötig, halt mit mehr öffentlichen Containerplätzen.
Welche Zumutbarkeitskritieren gelten für die Erstellungspflicht?
Bei den Treppenstufen, die mit einem Container zu überwinden sind, sind es zum Beispiel eine Stufe für die grossen Container, drei Stufen bei den kleinen.
Von welcher möglichen Quote von auf Privatgrund realisierbaren Containern sprechen Sie aktuell? Zu Beginn der Planungen war diese bei über 80 Prozent. Vor einem Jahr sprach Marieke Kruit von nur 50 Prozent.
Ich will mich nicht auf eine Quote festlegen. Wir wollen die Containerpflicht nun Schritt für Schritt einführen, zuerst freiwillig mit dem Druck der Ersatzabgabe, später auch mit Zwang.
Um Ihr Ziel zu erreichen, werden Sie auch viele öffentliche Container stellen müssen. In vielen Fällen geht das auf Kosten von Parkplätzen.
Parkplatzabbau ist eine Möglichkeit, ja. Wir haben aber eine Parkplatzquote, die von maximal 1,2 Parkkarten pro Parkplatz ausgeht. Das werden wir nicht überschreiten.
Bisher war die Innenstadt vom Projekt ausgenommen. Gemäss Ihren Projekt-Unterlagen prüft man nun auch, ob die Altstadt frei von losen Kehrichtsäcken wird.
Derzeit ist das nicht Teil des Projekts. Nun machen wir zuerst alle anderen Stadtteile, erst dann werden wir die Altstadt angehen.
Das Farbsack-Trennsystem hingegen wird beerdigt. Gemäss Ihrer Analyse wäre das ein System ohne ökologischen Nutzen gewesen, das rein der Bequemlichkeit gedient hätte.
Das System hätte nur funktioniert, wenn vor 90 Prozent der Liegenschaften Container stehen. So hätten die Kehrichtwagen nur noch einmal pro Woche fahren müssen. Im jetzigen System ist es weder ökologisch noch wirtschaftlich.
Das Container-Dossier war wohl eines der komplexeren, das Sie als neuer Gemeinderat zu beurteilen hatten. Was war Ihr Fazit, nachdem Sie es analysiert hatten?
Ich versuche, mit einem normalen Menschenverstand an komplizierte Geschäfte heranzugehen. Wenn andere Städte in Europa eine Containerpflicht haben, dann geht das in Bern auch. In Bern geht es vielleicht etwas weniger schnell, aber es geht.
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