Ein Fest fürs Gaswerkareal

Institutionen vom Besetzer*innen-Kollektiv Anstadt bis zur Dampfzentrale veranstalten gemeinsam ein Fest. Sie wollen auch über die geplante Überbauung des Gaswerkareals diskutieren.

Gaswerk Areal fotografiert am Mittwoch, 8. Mai 2024 in Bern. (hauptstadt.be / Simon Boschi)
Die Brache beim Gaskessel wird am Samstag nach drei Jahren Bauarbeiten geöffnet. Das Gaswerkareal-Fest soll zeigen, wie lebendig das Gebiet bereits ist. (Bild: Simon Boschi)

Am Samstag, 18. Mai kommt endlich Leben auf die Brache hinter dem Berner Jugend- und Kulturzentrum Gaskessel im Sandrain. Drei Jahre lang sanierte die ehemalige Eigentümerin Energie Wasser Bern (EWB) dort den Boden. Er war verschmutzt von Altlasten aus der Zeit, als das städtische Energieunternehmen auf dem Gaswerkareal noch Gas produzierte.

Nun ist der Platz wieder frei von Schadstoffen. Lena Käsermann, Co-Leiterin des Gaskessels, sagt: «Wir wollen das feiern, indem Gruppen, die schon lange auf dem Areal tätig sind, gemeinsam die Brache bespielen.» Im Rahmen des «Gaswerkareal-Fest» finden am Samstag eine Tavolata, ein Flohmi und ein Graffity-Workshop auf der Brache statt.

Verschiedene Institutionen, die auf dem ehemaligen Gaswerkareal beheimatet sind, veranstalten das Fest gemeinsam. Den ganzen Tag über gibt es an zahlreichen Standorten auf dem Areal öffentliche Veranstaltungen, Workshops, Konzerte und Darbietungen. 

Initiiert hat das Fest das Besetzer*innen-Kollektiv Anstadt, das am südlichen Ende des Areals seit fast sechs Jahren haust. Mit dabei sind der Gaskessel, der Kultur- und Gastronomiebetrieb Dampfzentrale, die Kinemathek Lichtspiel sowie diverse Vereine, die auf dem Areal aktiv sind.

Debatten zur Überbauung

Mit dem Fest wollen die Veranstalter*innen aber nicht bloss das Ende der Sanierungsarbeiten auf der Brache feiern. Unter dem Motto «alles andere als brach» wollen sie auch eine Diskussion über die Zukunft der Gaswerkareals anstossen. Die Anstadt veranstaltet etwa in der Dampfzentrale eine Podiumsdiskussion zum Thema «demokratischer und nachhaltiger Städtebau».

Denn das Gaswerkareal soll überbaut werden. Die Stadt Bern plant, Wohnraum für rund 700 Menschen zu schaffen, daneben Gewerbeflächen und eine Parkanlage. Der Baustart ist frühestens für 2028 vorgesehen. Schon früher will die Stadt auf der Brache beim Gaskessel ausserdem provisorischen Schulraum bauen, weil die Volksschulen Kirchenfeld und Sulgenbach saniert werden. Über den Baukredit für das Provisorium stimmen die Berner Stimmberechtigten am 9. Juni ab.

Unterschiedliche Positionen, gemeinsame Liebe für den Ort

Die Veranstalter*innen des Fests haben nicht alle dieselbe Haltung zur geplanten Überbauung. «Unsere Positionen gehen auseinander», sagt Lena Käsermann vom Gaskessel. Es gebe unter den Institutionen keine konsolidierte Haltung zu den Entwicklungsplänen.

Der Gaskessel, dessen Weiterbestehen von der Stadt zugesichert wurde, befindet sich mit dieser in einem stetigen Aushandlungsprozess. Das Kollektiv Anstadt sieht das Areal als Freiraum an. Und die Dampfzentrale als etablierter Kultur- und Gastronomiebetrieb ist wiederum in einer ganz anderen Ausgangslage.

Deshalb sei die Veranstaltung nicht als gemeinsames politisches Statement zu verstehen, sagt Käsermann. Trotzdem hätten sich die verschiedenen Institutionen zusammengeschlossen, um mit dem Fest zu zeigen, dass das Gaswerkareal bereits jetzt ein lebendiger Ort sei. «Das Areal ist kulturell belebt, es hat eine reiche Biodiversität und es ist für viele Menschen ein Erholungsgebiet. Das wollen wir gemeinsam veranschaulichen», sagt Lena Käsermann.

Ihr Ziel wäre gewesen, das Fest zum Zeitpunkt der öffentlichen Auflage des Zonenplanes durchzuführen, die für das Überbauungsprojekt notwendig ist. Diese war ursprünglich für Mitte 2023 vorgesehen, danach für Anfang 2024. Nun verzögert sie sich weiter. Die Veranstalter*innen hielten aber an ihrem Datum fest.

Die Anstadt zeigt sich

Das Kollektiv Anstadt will mit dem Fest einerseits eine kritische Debatte zur geplanten Überbauung führen. Das Kollektiv hat einen Vertrag mit der Stadt Bern und darf noch bis mindestens 2026 auf dem Areal bleiben. «Uns geht es nicht primär darum, als Bewohner*innen die Anstadt im Eigeninteresse zu verteidigen», sagt Max Gnant vom Kollektiv. «Es geht um die Verteidigung des Freiraums an diesem Ort.» Darauf möchte das Kollektiv aufmerksam machen. «Auch wenn ich es persönlich als schwierig einschätze, die Überbauung zu verhindern», sagt Max Gnant.

Die Anstadt will mit dem Anlass aber auch das eigene Projekt vorstellen.

«Besetzungen können auf Aussenstehende abschreckend und verschlossen wirken», sagt Max Gnant. Die Anstadt wolle aber kein abgeschottetes Wohnprojekt sein, sondern ein Raum, der von diversen Akteur*innen genutzt wird. «Deshalb suchen wir den Austausch mit der Nachbar*innenschaft und mit einer breiteren Öffentlichkeit», sagt Gnant.

Im Rahmen des Gaswerkareal-Fests wird auch ein Buch über die Anstadt getauft. Die Autoren sind Max Gnant, der Berner Journalist und Fotograf David Fürst sowie Leo Nydegger. Das Buch zeigt Portraits aus dem Leben des Kollektivs in Wort und Bild.

 

Das Programm des Gaswerkareal-Fests findest du hier. Samstag, 18. Mai ab 11 Uhr. Eintritt mit Soli-Bändeli.

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