Beachvolleyball – Stadtrat-Brief #35

Sitzung vom 15. August 2024 – die Themen: Überwachung, Gesundheit, Elektrofahrzeug, Viererfeld, Grundeinkommen.

Stadtrat-Brief
(Bild: Silja Elsener)

So leise wie gestern Abend ist es selten im Berner Rathaus, wenn das Stadtparlament tagt. Sogar die dezenten Anfeuerungsrufe von Parteikolleg*innen vor den Voten am Redner*innenpult drangen bis zur Medientribüne hoch. Nie musste Ratspräsidentin Valentina Achermann (SP) – wie sonst mehrmals pro Sitzung üblich – zur Ruhe mahnen.

Der Ruhepegel spiegelte sich bei den meisten Geschäften in einem friedvollen Diskussionston. Das beste Beispiel für Lob und Einigkeit ist die Vorlage über das Beachcenter Bern.

Neben dem Weyermannshausbad soll ein neues Beachvolleyballcenter gebaut werden. Geplant sind vier Innen- und fünf Aussenfelder sowie eine Tiefgarage mit 84 Parkplätzen. Die Skateanlage, die sich noch auf dem Grundstück befindet, soll an den Europaplatz verschoben werden.

Das aktuelle Beachcenter, in dem neben Breitensportler*innen und Schüler*innen auch die Schweizer Nationalteams trainieren, befindet sich auf der Goumoënsmatte im Weissenbühlquartier. Ursprünglich war geplant, das Beachcenter in den dortigen Schulneubau zu integrieren. Doch dagegen gab es Widerstand aus Politik und Bevölkerung, weshalb der Gemeinderat auf den Standort Weyermannshaus umschwenkte.

Als «absolut einmalig» stufte Janosch Weyermann im Namen der SVP-Fraktion das Projekt ein, «besser geht es nicht», ein «Leuchtturm für die Stadt Bern». Er sieht darin ein Vorbild für verdichtetes Bauen. Auf kleinster Fläche hole man das Maximum heraus. Und er bedankte sich bei den linken Parteien, dass sie die Parkplätze nicht torpedieren.

Tatsächlich gab es keine Anträge, die verlangten, die Zahl der Parkplätze zu reduzieren. Paula Zysset (Juso) erklärte es so: «Es tut weh, einen Kredit für eine Einstellhalle zu sprechen. Aber unter dem Strich ist es nötig, und es werden keine zusätzlichen Parkplätze geschafffen.» Mit den Plätzen in der Tiefgarage werden jene ersetzt, die abgebaut werden auf der Fläche der neuen Skateanlage.

Béatrice Wertli (Mitte) findet das Projekt so gut, dass es «alternativlos» sei. Auch Mirjam Arn (GB) sieht darin «alle Ansprüche erfüllt» und Mirjam Roder (GFL) lobte, dass die Kreislaufwirtschaft mitgedacht werde: Zum Beispiel sollen Holz aus der Region und Occasion-Sanitäranlagen verbaut werden.

Ohne Gegenstimme beschloss der Rat, das Grundstück im Baurecht an die Home of Beach AG abzutreten. Er sprach zudem Verpflichtungskredite für die Erstellung der Einstellhalle (5,14 Millionen Franken) und der Skateanlage (700’000 Franken).

Am Schluss der Debatte sagte Gemeinderat Michael Aebersold (SP), er träume davon, dass es auch bei der Budgetdebatte so einträchtig tönen werde. Ob sich sein Wunsch erfüllt, zeigt sich an der nächsten Ratssitzung am 12. September. Die Chancen stehen eher schlecht.

Portrait von Gabriela Blatter im Rathaus Bern, aufgenommen am 16.05.2024 für hauptstadt.be
Ratsmitglied der Woche: Gabriela Blatter

Gabriela Blatter sitzt seit 2018 für die GLP im Stadtrat. Die Chemikerin leitet den Bereich Internationale Umweltfinanzierung beim Bundesamt für Umwelt.

Warum sind Sie im Stadtrat?

Ich empfinde es als grosses Privileg, dass ich dank unseren demokratischen Institutionen und meinen Wähler*innen unsere Stadt und unseren Lebeort mitgestalten kann. Ganz nach dem Zitat von Mahatma Gandhi «Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt», setze ich mich dafür ein, dass Bern ein nachhaltiger, lebenswerter, offener und innovativer Wohn- und Arbeitsort ist und auch für zukünftige Generationen bleiben kann.

Wofür kennt man Sie im Rat – auch ausserhalb Ihrer Partei?

Ich bin bekannt für meine guten Fachkenntnisse und mein Engagement im Bereich Klima und Nachhaltigkeit, Sustainable Finance, Gleichstellung und liberale Gesellschaftspolitik. Ich arbeite mit Kolleg*innen aus allen politischen Lagern zusammen.

Welches ist Ihr grösster Misserfolg im Rat?

Es ist mir bisher leider nicht gelungen, die linke Ratsmehrheit davon zu überzeugen, dass finanzielle Anreize und liberalere Ansätze, wie Mobility Pricing oder tiefere Gebühren für ökologischeres Handeln, effizienter und wirksamer sind als Giesskannenmodelle oder Verbote.

Worauf sind Sie stolz bei Ihrer Ratsarbeit?

Die Verabschiedung des Klimareglements und die Annahme des Gegenvorschlags zur Stadtklima-Initiative haben mich sehr gefreut. Das war aber nicht mein alleiniger Erfolg, sondern ein Team-Effort von vielen engagierten Stadträt*innen für mehr Klimaschutz von links bis rechts.

Welches ist Ihr liebster Stadtteil und warum?

Es gibt sehr viele schöne Ecken in Bern. Mein eigener Stadtteil gefällt mir besonders gut: Die Elfenau ist ein wunderschönes Naherholungsgebiet mit viel Natur, einem tollen Spielplatz und einem netten kleinen Bistro. Den Egelsee finde ich auch toll und dank dem Café Riva gibt es jetzt richtig guten Kaffee direkt am Seeufer und etwas mehr Leben in unserem Quartier. Das Zentrum Paul Klee und Veranstaltungen wie die Berner Seefestspiele bringen die richtige Portion Kultur in unseren Stadtteil.

  • Überwachung: Selbst bei einem so kontroversen Thema wie der Videoüberwachung war sich der Rat einig: Die Becken in der Schwimmhalle Neufeld werden künftig mit Kameras überwacht (keine Gegenstimmen, drei Enthaltungen). Die Kameras sollen an der Decke installiert werden, nicht unter Wasser. Das System analysiert die Bewegungsmuster der Schwimmer*innen und alarmiert die Badeaufsicht bei Auffälligkeiten. Entgegen ihrer Grundhaltung zur Videoüberwachung stimmte sogar die SP der Vorlage zu: «Wir begrüssen das System, weil weder Personen identifizierbar sind noch persönliche Informationen gesammelt werden», argumentierte Dominic Nellen. Redner*innen sämtlicher Fraktionen betonten, wie sehr sie es schätzten, dass die Fach- und Aufsichtsstelle Datenschutz von Anfang an einbezogen worden sei. Diese kam zum Schluss, dass die Anlage datenschutzkonform betrieben werden könne. Die Anschaffung des Systems kostet 110’000 Franken, danach fallen jährlich rund 20'000 Franken für Betrieb und Wartung an. Eingesetzt wird das System, so der Gemeinderat, «baldmöglichst» – im Idealfall nach der Sommerrevision 2024.
  • Gesundheit: Der Gemeinderat muss prüfen, ob die Stadt anonyme Gratistests für sexuell übertragbare Krankheiten anbieten soll. Der Stadtrat hat ein entsprechendes SP-Postulat mit 57 Ja-Stimmen, einer Gegenstimme und sechs Enthaltungen für erheblich erklärt. Befürworter*innen argumentieren, dass Tests die beste Prävention seien. Derzeit lägen die finanziellen Hürden aber zu hoch und die bestehenden Angebote würden zu wenig beansprucht. In der Stadt Zürich läuft bereits ein Pilotprojekt: Menschen unter 25 Jahren und Inhaber*innen der Kulturlegi können sich seit Herbst 2022 gratis auf HIV, Syphilis, Chlamydien, Tripper und Hepatitis testen lassen.
  • Elektrofahrzeug: Der Diesel-Lastwagen von Logistik Bern muss ersetzt werden. Elf Jahre alt ist er, und seine Nutzlast entspricht nicht mehr den Anforderungen. Der Gemeinderat möchte ihn mit einem Elektrofahrzeug ersetzen. Dagegen wehrte sich die FDP: Zu gross sei das Risiko, weil es nur einen Anbieter von solchen Fahrzeugen gebe und die Lieferfristen lang seien. Sie schlug vor, zunächst einen «etablierten» Fahrzeugtyp zu mieten oder leasen. Der Elektrolastwagen solle erst gekauft werden, wenn die Preise gefallen sind. Der Antrag hatte keine Chance. Mit Zustimmung des Stadtrates darf der Gemeinderat nun für 355’000 Franken einen Elektrolastwagen kaufen.
  • Viererfeld: Nun sind wieder alle Baurechte auf dem Areal der geplanten Überbauung im Viererfeld vergeben. Der Stadtrat hat zugestimmt, dass die Pensionskasse der Technischen Verbände (PTV) jene Fläche übernimmt, von der sich die Pensionskasse der Berner Kantonalbank im letzten Sommer zurückgezogen hat. Im Viererfeld sind 50 Prozent der Wohnfläche für den gemeinnützigen Wohnungsbau reserviert. Die PTV ist eine marktorientierte Bauträgerin. Die Stadt sei auf Marktorientierte angewiesen, weil sie einen höheren Zins zahlen, konterte Finanzdirektor Michael Aebersold die Kritik des GB, das einen gemeinnützigen Bauträger vorgezogen hätte.
  • Grundeinkommen: Soll die Stadt Bern einen Pilotversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen durchführen? Diese Frage bleibt vorerst unbeantwortet. Weil die Diskussion über die Motion der Kommission für Soziales, Bildung und Kultur noch lange über das Sitzungsende um 22.30 Uhr gedauert hätte, wird sie in der Sitzung vom 17. Oktober weitergeführt. In den Voten zeichnete sich ab, dass die Linken dafür sind, der Rest dagegen. Auch die Argumente überraschten nicht: Zu teuer sei bereits ein Versuch, geschweige denn die Einführung eines Grundeinkommens für die ganze Bevölkerung. Befürworter*innen hingegen hoben die Überlastung der Sozialwerke hervor. Zudem könnten sich Menschen besser entfalten, wenn sie sich keine Gedanken übers Geldverdienen machen müssen.

PS: Nach zwei Jahren im Rat trat gestern Abend Mahir Sancar (JA!) zurück. Er geht für sechs Monate auf Reisen und will nicht, dass sein Sitz leer bleibt während dieser Zeit. Wäre die geplante Stellvertretungsregelung bereits in Kraft, hätte sich Sancar vertreten lassen und nach seiner Auszeit in den Rat zurückkehren können. Zuerst aber müssen die Stimmberechtigten über das fragliche Reglement befinden – voraussichtlich noch in diesem Herbst.

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Diskussion

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Peter Birrer
16. August 2024 um 11:59

Beachvolleyball ist immer gut. Eine Frage: Warum spielen zB. die jungen Frauen an Olympia in knappen Bikinis? Und warum die Männer gleichzeitig im Basketball-Outfit? Fragen über Fragen. Anzunehmen, dass dies im neuen Trainingszentrum nicht anders sein wird.