Musik muss er «fühlen»

Der Berner Musiker Edb steht in den Startlöchern. Dieses Jahr wird er auf grossen Schweizer Festivals auftreten. Wer ist der Mann hinter den drei Buchstaben?

edb - berner musiker eddie
Mit seiner Ironie bleibt er unnahbar: Der Berner Musiker Edb. (Bild: Manuel Lopez)

«Können wir ein Bild von mir mit Bernmobil machen?», fragt Edb den Fotografen. Er habe geträumt, dass er sich das Logo von Bernmobil auf den Oberschenkel tätowieren lasse, erzählt er und fügt an: «Vielleicht mache ich das auch. Der Traum war so real.» 

Es sind solche Aussagen, die sich durch das ganze Gespräch mit dem Berner Musiker und Newcomer ziehen. Ironisch, manchmal schon fast sarkastisch, lassen sie das Gegenüber schmunzeln und kommen gleichzeitig etwas verwirrlich daher. Sowieso gibt es einiges, das Edb lieber für sich behält.

Etwa seinen richtigen Namen. Edb nennt sich auch Eddie, mehr will er hingegen nicht preisgeben. Er ist 22 Jahre alt und wuchs im Kanton Bern und Kanton St. Gallen auf. Im November 2024 hat er den Berner Musikförderungspreis gewonnen, dotiert mit 500 Franken, einem Mastering für sein nächstes Projekt und einen Gutschein von Yeahman’s Guitars. Diesen Monat wurde er zum Best Talent auf SRF erkoren. Im Sommer spielt er auf vielen Schweizer Festivals – auch auf dem Gurten. Es sieht so aus, als würde der junge Musiker gerade voll durchstarten. 

Treiben lassen

Edb sagt, er mache «schon sein ganzes Leben lang» Musik. Seinen ersten Song hat er aber erst Anfang 2023 auf Spotify veröffentlicht. Weil es das erste Lied war, das er «gefühlt» habe. «Die Musik, die ich bis dahin gemacht hatte, war scheisse.»

Ab dem Punkt, als er diesen Song mit dem Titel «Crazy in Love» veröffentlichte, ging es ab: Auf der Social-Media-Plattform Tiktok folgten ihm plötzlich der Solothurner Rapper Manillio oder der Zürcher Rapper Luuk. Mit Luuk habe er einige Nachrichten ausgetauscht.  «Dann schlug er mir vor, an einer Talentwoche seines Labels No Hook teilzunehmen.» Das war im Frühsommer 2023 in Berlin. 

«In dieser Woche haben wir uns alle ein bisschen ineinander verliebt», sagt Edb. Und sie beschlossen, zusammenzuarbeiten. Es ging Schlag auf Schlag. Edb bekam einen Plattenvertrag, unterschrieb, brach seine Lehre als Altenpfleger ab und ging zwei Wochen später nach Deutschland, um Musik zu machen. Bis zu dem Zeitpunkt hatte er zwei Songs veröffentlicht. 

Was das mit ihm gemacht hat? «Ich bin einfach noch viel cooler geworden als ich vorher war», sagt er schelmisch, und versteckt sich wieder hinter seiner Ironie. Dann fügt er nachdenklich hinzu: «Ich glaube, ich habe es noch gar nicht richtig gecheckt. Ich habe einfach jede Tür geöffnet, die da war.»

In der Weihnachtszeit 2024 sei erstmals wieder etwas Ruhe eingekehrt und er habe realisiert, was in den letzten eineinhalb Jahren alles passiert sei. Sein Leben habe sich komplett geändert. Das sei «schon krass».

Voll von der Musik kann Edb, wie die allermeisten Schweizer Musiker*innen, nicht leben. Er arbeitet zu 40 Prozent in der Pflege. Das passe gut für ihn, sagt er. Das gebe ihm einen guten Ausgleich. 

Das Song-Gefühl

Mit Manillio war Edb letztes Jahr auf Tour, mit Luuk und Rapper Jule X hat er Songs veröffentlicht. Sie seien aber nicht seine Vorbilder gewesen, sagt der Musiker. «Ich habe keine Vorbilder. Ich finde, das ist ein komisches Konstrukt.» Ihre Musik «gehört und gefühlt» habe er aber schon. 

Für Edb ist es wichtig, dass Songs Gefühle hervorrufen. So entscheidet er auch, ob und wann er ein Lied veröffentlichen will. 

«Jeder kennt den Moment, wenn man unterwegs den Kopfhörer auf hat und sich plötzlich cooler bewegen will.» Das sei das Ziel, das er mit seiner Musik erreichen will. Dieses Gefühl sei für ihn sogar wichtiger als der Text eines Songs.

Dreckiger Pop

Seine Lieder produziert Edb in Hamburg mit Fayzen, einem Produzenten, der auch mit der deutschen Indie-Band Provinz, mit Helene Fischer und Nina Chuba zusammenarbeitet.

Auf die Frage, wie das Musikmachen bei ihm begonnen hat, antwortet er erst wieder ironisch: «Das ist sooo eine kreative Frage.» Er habe schon immer Musik gemacht, zuerst Cello. Später sei es «nicht mehr so cool» gewesen, nach Noten zu spielen. Also brachte er sich kurzerhand Gitarrespielen mit Youtube und Internet selbst bei und begann Texte zu schreiben. Es war eine Zeit, in der er noch Vorbilder hatte. Durch Rapper wie Mac Miller. wollte er auch Rapper werden. 

Davon ist er abgekommen. Edbs Musik lässt sich eher unter Indiepop verordnen, er singt – teilweise undeutlich – auf Berndeutsch über Liebe, Gefühle, «das Leben halt». 

Der junge Musiker beschreibt seine Musik als «authentischen und dreckigen Pop». Seine Musik sei nicht ganz so sauber wie Schweizer Mundart-Popmusik von Dabu Fantastic oder Hecht und bediene eine neue Sparte, die «zu mainstream» sei, um nur «Underground Hip-Hop» zu sein. Und das hole seine Generation ab, findet Edb.

Und was prägt diese Generation? «Droge nä», sagt er, einmal mehr ironisch. Um dann, es scheint sein Muster zu sein, doch noch ernst hinzuzufügen: «Die Leute meiner Generation haben mehr Möglichkeiten als frühere Generationen.» Das sei zum einen «mega cool», weil es auch mehr Platz gebe, seine Träume zu leben. Aber es gebe auch ein Zuviel an Auswahl, sagt Edb. «Man weiss gar nicht, was man überhaupt will. Niemand sagt einem, was man tun soll.» 

«Niemand denkt, er hat es geschafft» 

Wie Edb seine Generation erreicht, weiss er. Seine Videos auf Instagram werden rege von seinen Fans kommentiert. Ab und zu zeigt er sich auch dort ironisch: Zum Beispiel in einem Video, das er nach den starken Schneefällen Ende November gedreht hat und Bezug nimmt auf das grosse Schneechaos der öffentlichen Verkehrsmitteln. Seine Botschaft: «Bitte hört meinen Song.»

Ende Februar kommt die erste Hälfte einer neuen Doppel-EP von ihm raus – der zweite Teil folgt im Frühsommer. Mit insgesamt zehn Liedern, die, wie er sagt, «ehrlich» sind. Und aus seinen neuen Erfahrungen kommen, die er in den letzten Jahren gemacht hat. Er findet zwar nicht, dass er erwachsener geworden sei, aber «ich habe einen anderen Blick auf Dinge und bin vielleicht nicht mehr so naiv.»

Es wirkt so, als würde der Erfolg, der gerade über ihn hereinbricht, Edb nicht gross beeindrucken. «Es wäre krass, wenn ich einen Stein gewinnen würde», sagt er. Mit «Stein» meint Edb einen Preis, «einen Music Award zum Beispiel». Aber nicht einmal dann würde er das Gefühl haben, es geschafft zu haben. «Ich wohne im Keller meiner Eltern», sagt er und sinniert: «Wer definiert, wann man es geschafft hat?» Sogar eine Taylor Swift würde trotz ihres riesigen Erfolgs nicht denken, dass sie es «geschafft habe». Es sei immer eine «Journey». 

Aber «schon krass», wiederholt er. «Ich spiele auf dem Gurten, in St.Gallen, in Gampel. Das ist mehr als ich je hatte. Und ich möchte noch mehr.» 

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Diskussion

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Hanspeter Zaugg
13. Februar 2025 um 13:35

Schöne Aussage: "Ich wohne im Keller meiner Eltern" herrlich,

Das Problem beim heutigen Pop in der Schweiz: vieles tönt gleich(langweilig)oder je nach Sichtweise gut, es gibt viele schöne Fische im Popsee aber keine die glänzen. wenn dann jemand kommt wie EDB der etwas anderes probiert wenn auch nur im Ansatz wird er gehypt usw...

Es ist zu hoffen dass er die Grosswelle die in hochgespült hat zu brechen weiss und seine Karriere weiter blubbert. so dass aus einem Ausflug in den Popsee nicht plötzlich ein unerwartetes erwachen am ungewollten

Strand wird.

Edb

Good Luck

Hanspeter Zaugg
13. Februar 2025 um 13:23

Jeder hat Vorbilder vielleicht einfach nicht bewusstes!

Ich wünsche im dass beste und hoffe das er weiterkommt