«Die Tiefenau-Unterkunft ist ein Ankerzentrum»

Ein Jahr lang hat der Kanton im ehemaligen Spital Tiefenau umgebaut. Ab dem 14. Oktober wird dieses als Asylunterkunft genutzt.

Impressionen von der Kollektivunterkunft Tiefenau fotografiert am Donnerstag, 10. Oktober 2024 in Bern. (VOLLTOLL / Manuel Lopez)
(Bild: Manuel Lopez)

Im ehemaligen Spital Tiefenau riecht es nach frischer Farbe, vereinzelt stehen noch Gerüste herum. Es sind die letzten Spuren des einjährigen Umbaus: Ab dem 14. Oktober ziehen 218 Menschen dort ein. Für die Nutzung des Asylzentrums mietet der Kanton das Areal von der Stadt. Der Mietvertrag ist mit zehn Jahren langfristig. Den Betrieb des Zentrums übernimmt die Heilsarmee.

218 von 820 Betten belegt

Für die erste Phase hat die Heilsarmee 20 Personen angestellt, die sich 1400 Stellenprozente teilen, um die 218 Bewohner*innen zu betreuen. Im Falle steigender Auslastung würde das Personal auf maximal 80 Mitarbeitende aufgestockt, sagt Manuel Breiter, Leiter Migration und Integration der Heilsarmee an einer Medienkonferenz.

Theoretisch stehen 820 Betten zur Verfügung, erklärt Manuel Michel, Vorsteher des kantonalen Amts für Integration und Soziales. Mehr als 650 Betten auf einmal werden aber nie besetzt sein. Zu den Personen, die diese Betten nutzen, gehören sowohl Familien wie auch Einzelpersonen, allerdings keine unbegleiteten Minderjährige. Alle Betten befinden sich in Gruppenräumen. Zweierzimmer für Ehepaare gibt es auch: Diese schlafen gestapelt wie alle anderen.

Manuel Michel, Vorsteher AIS Kanton Bern bei einer Medienfuehrung durch die Kollektivunterkunft Tiefenau fotografiert am Donnerstag, 10. Oktober 2024 in Bern. (VOLLTOLL / Manuel Lopez)
Ist zufrieden: Manuel Michel, Vorsteher des kantonalen Amts für Integration und Soziales. (Bild: Manuel Lopez)

Die Unterkunft wird im 24/7-Betrieb und offen geführt. Bewohnende müssen sich an- und abmelden, wenn sie rein oder raus wollen. Grundsätzlich dürfen sie sich aber frei bewegen. Sie wohnen selbstständig. Das heisst: Sie verfügen über eigene Kühlschrank-Abteile und kochen selbst. Dafür wurden mehrere Gruppen-Küchen in das frühere Spital gebaut. Gegessen wird in einem Saal, der an eine Mensa erinnert.

«Eine gute Lösung»

Heilsarmee, Stadt und Kanton sind mit dem Resultat in der Tiefenau zufrieden. Auch die umliegenden Quartiere seien mit dem Zentrum einverstanden. Erfreulicherweise habe es keine Einsprachen gegeben, sagt Manuel Michel. «Uns ist das Miteinander wichtig», fügt er an. Deshalb gebe es auch für die Anwohner*innen noch drei Rundgänge durch die neue Anlage.

Claudia Haenzi, Leiterin Sozialamt Stadt Bern bei einer Medienfuehrung durch die Kollektivunterkunft Tiefenau fotografiert am Donnerstag, 10. Oktober 2024 in Bern. (VOLLTOLL / Manuel Lopez)
«Die Tiefenau-Unterkunft ist ein Ankerzentrum»: Claudia Hänzi, Leiterin Sozialamt Stadt Bern. (Bild: Manuel Lopez)

«Die Lage im Asylwesen ist dynamisch und kaum planbar», so Manuel Michel. Kanton und Stadt seien deshalb erfreut, eine langfristige und flexible Lösung gefunden zu haben. Das ehemalige Tiefenauspital gehöre schweizweit zu den grössten Asylunterkünften, sagt Claudia Hänzi, Leiterin des Sozialamts der Stadt Bern. Das gibt dem Kanton Spielraum. Je nachdem, wie viele Betten gebraucht werden, kann der Betrieb hoch- oder runtergefahren werden.  

Der Plan: Von den vier übrigen kantonalen Unterkünften (Muri Tannental, Zollikofen, Viererfeld und Köniz) wechseln Bewohner*innen in die Tiefenau. Das bedeutet: Die anderen Zentren werden zukünftig als Übergangsstrukturen oder für besondere Bedürfnisse genutzt, wie Claudia Hänzi erklärt. Die Kollektivunterkunft Tiefenau werde so zum «Ankerzentrum».

Schliessung aller unterirdischen Unterkünfte

Was dank der Grösse der Kollektivunterkunft Tiefenau auch realisierbar wird: Per Ende Oktober 2024 schliesst der Kanton alle unterirdischen Anlagen. Dazu gehören das Rückkehrzentrum in Brünnen sowie die Notunterkunft an der Effingerstrasse. Im Gegensatz zur Unterkunft in Brünnen ist die Kollektivunterkunft Tiefenau ein Integrations- und kein Rückkehrzentrum. 

Das heisst: In der Tiefenau werden nur Schutzsuchende, Asylsuchende und Flüchtlinge untergebracht, die in der Schweiz bleiben dürfen. Anders als bei Rückkehrzentren, ist klar, dass die Bewohner*innen Bleiberecht haben. Deshalb sind sie obligatorisch krankenversichert und werden bei der Arbeitssuche unterstützt. 

Platz für 100 Schüler*innen

Zudem gibt es eine interne Schule mit bis zu neun Klassen. Nach dem Vorbild der Container-Siedlung im Viererfeld zieht die Stadt zwei Lehrpersonen bei, die zuvor im Viererfeld tätig waren. Sie bereiten die Kinder auf den regulären Schulbetrieb vor. Sobald diese genug gut Deutsch sprechen, werden sie in eine städtische Schule überführt.

Impressionen von der Kollektivunterkunft Tiefenau fotografiert am Donnerstag, 10. Oktober 2024 in Bern. (VOLLTOLL / Manuel Lopez)
Im ehemaligen Notfallzentrum des früheren Spitals befindet sich jetzt eine Schule. (Bild: Manuel Lopez)

Anders als bei kleineren Unterkünften, würden die Kinder nicht so schnell in die Regelschule eingegliedert, erklärt Claudia Hänzi. Die Grösse der Schule im Tiefenau-Zentrum ermögliche es, die Kinder länger und besser auf den Schuleintritt vorzubereiten. 

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