Mahlzeit am Bollwerk
Die «Hauptstadt» war vom 2. bis 7. September im Tojo Theater der Reitschule zu Gast und hat das Gastroangebot in der Region Bollwerk getestet.
Kiflice, Pizza Marinara und Pasta Tomaten-Mascarpone
Mit dem Start des Wochenendes kommen in der Reitschule die Menschen. Es ist Freitagabend, und nach einer sehr ruhigen Arbeitswoche füllt sich mit der Toröffnung um 18 Uhr der Innenhof mit Leben. Das Restaurant Sous le Pont ist an diesem Spätsommerabend gut besucht, zumindest an den Aussentischen. Auch Leute, die das Tojo Theater, das Kino in der Reitschule und oder den queerfeministischen Raum besuchen, schlendern durch den Innenhof. Die Stimmung ist friedlich und das Publikum durchmischt.
Auf dem Papier-Tischset weisen die Betreiber*innen neben dem Programm der Rössli-Bar auf die finanziellen Schwierigkeiten der Reitschule hin. So werden auch die aktuell verkürzten Öffnungszeiten begründet. Mittags sowie am Dienstagabend bleibt das Sous le Pont im Moment geschlossen.
Meine Freundin und ich teilen uns eine Vorspeise aus dem wechselnden Tagesmenü: Kiflice (Gebäck mit Ziegenkäse) mit Salatbouquet an Beerendressing für 10.50 Franken. Das Gebäck ist leider etwas reich an Teig und etwas arm an Füllung. Saftig ist dafür das Beerendressing an der eher kleinen Portion Blattsalat.
Bei den Hauptgängen kommt das Menü des Tages unmissverständlich italienisch daher: Es gibt Pizza und Pasta. Meine Freundin ergänzt ihre Pizza Marinara (15 Franken) für einen Aufpreis von zwei Franken mit Cherrytomaten und Oliven. Der Pizzateig ist dünn ausgewallt und aussen fein knusprig. Der saftige Sugo wirkt laut meiner Freundin «frisch und handgemacht», und auch die grosse Anzahl Knoblauchstücke auf der «genau richtig grossen» Pizza gefällt ihr. Fazit: Rundum zufrieden zu einem guten Preis.
Meine Pasta Tomaten-Mascarpone für 15.50 Franken weist denselben Makel auf wie die Vorspeise: Bisschen viel Teig, bisschen wenig Sauce. Ich würze eher kräftig nach. Aber die Portion ist erfreulich gross – die optimale Vorbereitung auf eine lange Nacht.
Das gilt auch für die Evergreens des «Souli» wie etwa Pommes mit verschiedenen Saucen nach Wahl oder Falafel im Fladenbrot (10 Franken): Lecker, preiswert und gut gelaunt serviert.
Sowieso, da sind sich alle einig an unserer langen, spontan zusammengestellten Tischreihe, besticht das Sous le Pont vor allem mit der in Bern einzigartigen Stimmung. Der überwachsene, mit Plakaten behängte und mit Graffiti verzierte Innenhof ist einfach schön, und die vielen kulturellen Angebote in unmittelbarer Nähe machen die Beiz zum perfekten Ausgangspunkt für allerlei Ausgehpläne.
Oder, wie es das Kollektiv auf den Tischsets schreibt: «Wir hoffen, dass die Reitschule vielen Menschen am Herzen liegt und dass sie für euch mehr ist als ein Kultur- und Gastrolokal.» (Jana Schmid)
Linsen-Eintopf und Maisschnitte
Einen Katzensprung entfernt von der Crêperie La Chouette, in der die «Hauptstadt» ihre Gastrokritik-Serie diese Woche gestartet hat, befindet sich das «O’Bolles». Nach einer längeren Sommerpause kann man dort wieder einkehren – mittags tun das allerdings nur wenige. Das sei immer so um diese Jahreszeit, meint das Servicepersonal: «Wir sind eher ein Herbst- und Winterlokal».
An diesem kühlen und bewölkten Septembertag ist auch die «Hauptstadt»-Redaktion froh, in der Wärme essen zu können. Der gemütliche Raum mit Wänden in gelb, grün und blau ist mit farbenfrohen Bildern von Augen und Planeten dekoriert, an der Decke hängt eine Disco-Kugel. Das passt gut in die Party-Ecke nahe Le Ciel, Kapitel und Reitschule. Ebenso farbig und funky präsentiert sich das Essen.
Viele von uns bestellen den Eistee für 4.50 Franken. Wir finden: fruchtig, aber nicht zu süss.
Der Salat zur Vorspeise überrascht mit kleinen Scheibchen Essiggurke in der italienischen Sosse, die angenehm dickflüssig ist. Er ist im Mittagsmenü inbegriffen, das hier für 20 Franken zu haben ist. Zwei Varianten gibt es davon, wie der weissen Schrift auf einem Wandspiegel zu entnehmen ist. Wir haben etwas Mühe, die einzelnen Wörter zu entschlüsseln. Zum Glück stellt das Personal die beiden Gerichte noch vor.
Die Kollegen entscheiden sich für den Linseneintopf mit Paneerwürfeln und Auberginen-Chutney. Dazu gibts Focaccia. On top: Ein kleines Stängelchen Majoran. Da fehle allerdings ein einheitliches Konzept, findet ein Kollege. Die grossen Linsen würden mit einer Curry-Sosse besser zur Geltung kommen. Aber dazu die Focaccia? Etwas zu sehrzusammengewürfelt, so sein Fazit. Und nachsalzen tut er auch. Aber wie viel Würze sein muss, ist ja bekanntlich subjektiv.
Unter den Kolleginnen sind wir uns dafür einig: An der mit Parmesan überbackenen Maisschnitte gibt es nichts auszusetzen. Eine gelungene Mischung aus cremiger Polenta und knackigem Gemüse. Dazu Zucchini-Mousse und Bohnenkraut. Das Gemüse behält dank der simplen Zubereitungsart seinen Eigengeschmack. Die süssen Cherry-Tomätchen kann man im Mund zerplatzen lassen. Und wer das Kraut unter die restlichen Zutaten mischt, erlebt einen scharf-blumigen Geschmacksverstärker. «Super!», finde ich. Meine Kollegin jedoch meint, sie esse keine Blüten.
Ein Dessert wird uns nicht angeboten. Die Karte sei aktuell kleiner als sonst. Auch so sind fast alle von uns satt. Bloss eine Kollegin knabbert später noch an einem Biberli. Sie sei aber kein Massstab, da sie immer grossen Hunger habe.
Beim Rausgehen klaube ich mir ein Pack Zündhölzli, die in einer Schüssel bereitstehen. Lokale, die diese anbieten, bekommen von mir jeweils einen extra Pluspunkt. Und es passt auch zum «O’Bolles». Die Wärme, die das Lokal seinen Gästen an kalten Wintertagen bietet, begleitet sie so mit nach Hause. (Mara Hofer)
Süsse Ziege, Teriyaki, Marinara und Linsencurry
Die Crêperie La Chouette am Bollwerk hat Legendenstatus. Sie war lange Zeit bis frühmorgens offen an den Wochenenden. So konnten sich Partygänger*innen vor dem Nach-Hause-Torkeln mit einer Crêpe statt mit Burger oder Döner stärken. Ein gutes Anti-Kater-Mittel, wie viele fanden. Heute ist die Crêperie am Wochenende nur noch bis 24 Uhr offen.
Ausserdem bietet La Chouette seit 2013 vegane Crêpes an. Das war damals noch ein Novum für Veganer*innen, die Take Away essen wollten.
Ich kenne die beliebte Crêperie auch vom Gurtenfestival. Mindestens einmal pro Festival muss eine Crêpe her. Ich bin froh, bietet das Restaurant nicht nur vegane, sondern auch glutenfreie Crêpes an. Es hat ein Herz für Allergiker*innen – auch, weil man die Zutaten individuell zusammenstellen kann.
Wir setzen uns vor dem Restaurant an einen Tisch. Direkt daneben befindet sich die Haltestelle für den Bus ins Neufeld, weiter vorne die viel befahrene Kreuzung. Autos, Lastwagen und Busse fahren rauschend vorbei, bremsen knapp vor der Ampel und beschleunigen dann lautstark. Hier gibt es urbanen Lifestyle statt der Idylle, die wir in den Gastrobetrieben in der Matte erlebt haben.
Wer wie wir am Mittag einkehrt, profitiert vom Mittagsmenü: Crêpe nach Wahl mit kleinem Blattsalat an Balsamicodressing für 19 bis 21.50 Franken. Es gibt eine grosse Auswahl an süssen und salzigen, klassischen, saisonalen und speziellen Crêpes sowie Momos.
Die Kolleg*innen entscheiden sich alle für eine andere Crêpe: einmal süsse Ziege (Bûche de Chèvre, Spinat, Honig, Walnüsse), einmal Teriyaki (Pulled Planted, Teriyaki-Sauce, Chun Hee Kimchi, Gurken-Chili Salat, Noriblatt) und einmal Marinara (Tomatensugo, Spinat, Pilz, Tomate, Petersilie und Kernen-Nuss-Crunch) mit dem klassischen Crêpe-Teig (nicht vegan, nicht glutenfrei). Ich nehme das Linsencurry mit Spinat in der glutenfreien Crêpe-Teig-Option mit Buchweizenmehl.
Bestellt wird drinnen an der Theke, wo man auch dem «Crêpier» über die Schulter gucken kann. Danach geht es fix: Der Salat steht bald auf dem Tisch, das Balsamicodressing am Menüsalat mit roten und grünen Salatblättern sowie Karotten mundet allen. Es hat die richtige Balance zwischen süss und sauer.
Auch die Crêpes lassen nicht lange auf sich warten. Der klassische Crêpe-Teig sei solide, findet die Kollegin. Sie macht regelmässig selbst Crêpes und ist deshalb nicht ganz davon überzeugt. Die anderen beiden Kolleg*innen sind zufrieden mit dem Teig – nur die Blasenbildung wird leicht kritisiert.
Die Galette, so nennt man die Crêpes aus Buchweizenmehl in der Bretagne, unterscheidet sich farblich von der klassischen Crêpe. Sie ist gräulich und – wie auch das Original in der Bretagne – zu einem Viereck zusammengeklappt. Der Teig dürfte etwas mehr Salz vertragen. Die Füllung aus Linsencurry und Blattspinat ist grosszügig verteilt, das Curry mundet, die Linsen könnten etwas länger gekocht und cremiger sein.
Die Kolleg*innen, die die Marinara- und die Terriyaki-Crêpe bestellt haben, sind ebenso kritisch: Die Teriyaki-Sauce schmecke, genauso wie das Pulled Planted, nach Fertigprodukt. Einzig das Chun-Hee Kimchi gebe der Crêpe eine Aufwertung. In der Marinara meint die Kollegin statt Tomatensugo Ajvar zu erkennen und der Kernen-Nuss-Crunch habe ihre Erwartungen nicht erfüllt.
Einzig die Kollegin, die die Crêpe mit Geisskäse, Spinat und Honig gewählt hat, ist vollends happy: Es sei «klassisch und gut».
Die Portionen sind gut bemessen, alle sind satt. Eine halbe mehr oder eine süsse Crêpe mit Zimt und Zucker würde aber für die besonders Hungrigen noch drin liegen.
Fazit: Wer die Crêperie bisher nur spät nachts besucht hat, könnte bei Tageslicht von den Spezialitäten etwas enttäuscht werden. Wer sowieso lieber klassische Crêpes mag, kann wenig falsch machen. (Andrea von Däniken)