Kehrsatz Spezial

Einkehren in Kehrsatz

Die Redaktion der «Hauptstadt» hat eine Woche lang das Gastro-Angebot in Kehrsatz getestet.

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Fürs Auge und den Gaumen: Empanadas. (Bild: Nicolai Morawitz)

Topspin: Empanadas, Tomatensuppe, Burger, Pommes

Menschen, die gerne ein Racket schwingen, werden in Kehrsatz glücklich. Das Sportcenter Kehrsatz ist einer der Hot-Spots in der Agglomeration Bern für Tennis-, Tischtennis-, Badminton und Squashspieler*innen – ob Hobby oder Profi. Die Hobby-Variante habe ich selber schon ein paar Mal ausprobiert.

Was ich (ausser einem Rivella nach dem Sport) noch nie ausprobiert habe: Das Restaurant in der Tennishalle. Es hiess einst «Racket» und heisst nun «Topspin», eine zutreffende Umbenennung. Topspin ist im Tennis ein Angriffsschlag, der Ball wird beschleunigt. Man will es wissen, wenn man Topspin spielt. Das «Topspin» will es auch wissen: Menschen, die einen soliden Mittagshunger haben, werden hier glücklich, finden wir nach unserem Besuch.

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Sport und Relax: Gartenrestaurant Topspin. (Bild: Nicolai Morawitz)

Als wir im Gartenrestaurant eintreffen, lässt der Frühlingswind pittoresk rötlichen Staub über den Sandplatz wirbeln. Am Nebentisch lassen Sportfreund*innen das eben beendete Tennisspiel bei einem Halbeli Rosé ausklingen. Auf unserem Tisch grüsst aus der Vase eine rotviolette Pfingstrose, die im Wasser schwimmt.

Wir bestellen lateinamerikanische Empanadas (benannt nach dem chilenischen Ex-Tennisspieler Marcelo Rios), eine Tie-Break-Tomatencrèmesuppe sowie einen Topspin-Burger mit Pflanzenbratling. Allerdings sind wir schon hin und weg, noch bevor uns etwas serviert wird: Die Bedienung ist so freundlich und frühlingshaft gut gelaunt, dass jeder Gedanke an die Schwere des bevorstehenden Arbeitsnachmittags verfliegt.

Mein Kollege nickt zufrieden, als er in die erste der beiden Empanadas – einmal mit Poulet-, einmal mit Gemüsefüllung – beisst. Sie werden begleitet von einem Feldsalat (Fr. 16.50). Sorgfältig gemacht mit lateinamerikanischen Flair, findet er, auch wenn Letzteres wohl intensiver wäre, sässe man irgendwo an der chilenischen Pazifikküste. Aber ja, wir befinden uns in Chäsitz zwischen Bahnlinie und Schnellstrasse. Auch schön.

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Macht Freude: Tomatensuppe aus der Tennishalle. (Bild: Nicolai Morawitz)

Leicht entrückt löffelt meine Kollegin die Tomatencrèmesuppe mit Basilikum (9.50 Franken) und freut sich über den feinen Balsamicogoût, den sie herausspürt. Für ihren Geschmack hätte es den (farblich allerdings akkuraten) Rahmtupfer in der Mitte nicht gebraucht, die untergetauchten Feta-Stücke geben der Suppe schon genügend Substanz.

Ich mache mich mit Vergnügen über den Vegi-Burger (Fr. 15.50) her. Auch von einem «herzhaften Pflanzenbratling» erwartet man ja nicht die ultimative Gaumenfreude, sondern solide Sättigung. Die überraschend feurige Cocktailsauce versetzt mich allerdings unerwartet in euphorische Stimmung, so dass ich zum Nachbestellen einer kleinen Portion Pommes (mit «unserer legendären Sauce») gar nicht erst überredet werden muss.

Ich mache es einfach, mit der Selbstverständlichkeit eines Tennisspielers, der einen Topspin perfekt übers Netz spielt: Die Pommes sind ein Volltreffer – Game, Set, Match. (Jürg Steiner)

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Im Tanaka gibts am Mittag sehr gute japanische Küche für moderate Preise. (Bild: Linus Küng)

Tanaka: Zukedon, Sakedon und Sushi

«Grossartig! Viel spannender als Sushi.» Meine Kollegin hat grad zum ersten Mal Zukedon gekostet, dieses japanische Gericht, das sich hervorragend für eine Mittagspause im Büroalltag eignet. Es ist leicht und dennoch sättigend: Marinierte Stücke von rohem Fisch – Sashimi genannt – liegen zusammen mit Avocado- und Algen-Stückchen auf lauwarmen Reis. Die Marinade im japanischen Lokal Tanaka ist perfekt abgeschmeckt. Sie verleiht dem Fisch eine salzig-würzige und zitronige Note. 

Wir essen heute im besten Restaurant am Platz. Der Gastronomie-Führer Gault & Millau verleiht der Küche von Chefkoch Shinji Tanaka 14 Punkte. Mittags ist die Karte übersichtlich und das Essen angesichts der guten Qualität sehr preiswert. 25 Franken kostet die Schüssel mit Zukedon, 26 Franken der gebratene Lachs auf Reis (Sakedon) und 27 Franken der Chumaki-Mix (Sushi). Bei allen Mittagsgerichten sind ein Salatteller vom Buffet und eine Suppe inbegriffen. 

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Viel Umami: Eine Suppe und ein Teller vom Salatbuffet gehören mittags zum Menu. (Bild: Linus Küng)

Damit kommen auch hungrige Kolleg*innen auf ihre Kosten. Das Salatbuffet enthält neben Gurken- oder Karotten- auch Nudel- und Kartoffelsalat. Letzterer ist sehr cremig und grenzt schon fast an kalten Kartoffelstock. Alle Salate sind dezent, aber ansprechend gewürzt. Die japanische Salatsauce erhält an unserem Tisch einstimmig das Prädikat «sehr gut». Sehr kräftig ist zudem die kalte Suppe mit Nudeln. Sie strotzt vor Umami.

Ein einziger kleiner Wermutstropfen bietet heute das Gericht Sakedon. Der Lachs sei perfekt gebraten, jedoch schmecke die Sauce zu intensiv, urteilt der Kollege. Die Sushi-Teller – sowohl Vegi als auch Fisch – hingegen munden reihum. Überragend sei der dazu servierte frische Ingwer.

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Zukedon: Marinierte Stücke von rohem Fisch – Sashimi genannt – liegen zusammen mit Avocado- und Algen-Stückchen auf lauwarmen Reis. (Bild: Linus Küng)

(Stadt-)Berner*innen, die sich eine längere Mittagspause gönnen wollen, sei ein Ausflug nach Kehrsatz wärmstens empfohlen. Sie müssen sich aber sputen. Der 72-jährige Restaurantbesitzer Shinji Tanaka kocht hier nur noch bis im November. Dann schliesst er nach 18 Jahren das Restaurant an der Bernstrasse 70. 

Offen sei, ob er an anderer Stelle weiter am Herd stehen werde, sagt Tanaka, der auch mittags persönlich mitten im Restaurant die warmen Gerichte vor den Augen der Gäste zubereitet. Weiter betrieben werde sicher die Cateringfirma Koi Tanaka, ergänzt sein Schwiegersohn, der daneben grad zu Mittag isst. (Joël Widmer)

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Leicht angebrannt und wunderbar kross: Die Holzofen-Pizza im «Brunello» wird ihrem Namen gerecht. (Bild: Linus Küng)

Ristorante Il Brunello: Pizza mit Gemüse

Direkt neben der Bahnschranke, am Knotenpunkt von Kehrsatz, liegt das «Ristorante Brunello». Kurz nach zwölf Uhr sind die Tische hier gut besetzt, die Kundschaft durchmischt. Vom lokalen Handwerk bis zur Kleinfamilie finden alle einen Platz. Kurz nachdem wir uns setzen, landen schon warme Knoblauch-Brötchen aus dem Holzofen auf dem Tisch. Knusprig. Die Karte überrascht kaum: Pizza, Risotto, Spaghetti. Positiv fällt der schnelle Service auf. Zwischen Bestellung und Ankunft von Salat und Getränk passen knapp zwei Sätze. Der Menüsalat ist ein Menüsalat, die (natürlich) italienische Sauce aber sehr gut. 

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Lange muss man die Karte nicht studieren, Überraschungen gibt es wenige. Dafür besticht das «Brunello» mit zentraler Lage. (Bild: Linus Küng)

Prompt nach dem Salat steht dann der Hauptgang auf dem Tisch. Wir essen: Pizza mit Gemüse, Risotto mit Meeresfrüchten, Spaghetti aglio e olio. Aus den Boxen klingt Adriano Celentano und das Restaurant leert sich langsam wieder. Entweder kehrt die Kundschaft hier schon früher ein als wir, oder ist einfach gerne zeitig wieder an der Arbeit. 

Die Pizza aus dem Holzofen ist kross, die Grill-Streifen auf dem Gemüse zeugen von sorgsamer Zubereitung. Geschmacklich sticht die Aubergine heraus, über das rohe Tomaten-Rad in der Mitte der Pizza liesse sich wohl streiten, wir finden es aber einen schönen Touch. Die Spaghetti aglio e olio sind sehr gut, der Knoblauch sogar zurückhaltend genug, dass man sich danach ohne schlechtes Gewissen zurück ins Büro wagt.

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Für knapp 19 Franken im Menü: Salat, Pizza, Dessert. (Bild: Linus Küng)

Die Portionen sind grosszügig. Meine Kollegin bringt ihr Risotto nicht ganz zu Ende. Trotzdem gibt es für alle noch ein Dessert, kostenlos. Das ist über Mittag scheinbar immer so, wie wir Google-Rezensionen entnehmen. Der Kellner nennt den Nachtisch «eine Art Schoggi-Mousse». Wir finden, es wirkt eher wie eine Mousse-Schnitte mit Glasur. Was auch immer es ist, es ist lecker und passt auch noch in den voll geglaubten Magen meiner Sitznachbarin. 

Für rund 30 Franken pro Person gibt es im Brunello drei solide Gänge und Getränk, einen sehr guten Espresso und ebenso guten Service. Extra anreisen muss man dafür nicht – ein Zwischenstopp in der italienischen Oase am Bahnübergang legen wir den Durchreisenden aber gerne ans Herz. (Linus Küng)

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Zum Glück hat's im Dessert-Magen meistens noch Platz. Die kostenlose Nachspeise schmeckt. (Bild: Linus Küng)
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