Herr Schudel, wie schlafen Sie, wenn es regnet?

Bernhard Schudel reguliert seit 19 Jahren die Berner Gewässer. In dieser Zeit hat er fünf grosse Hochwasser erlebt. Wie blickt der oberste Schleusenwart des Kantons auf ein Wetter, das immer extremer wird?

Bernhard Schudel fotografiert am Montag, 7. Oktober 2024 in Bern. (VOLLTOLL / Manuel Lopez)
Bernhard Schudel reguliert seit fast zwanzig Jahre die Berner Gewässer. Dabei erlebte er viel mehr Hochwasser als seine Vorgänger. (Bild: Manuel Lopez)

Bernhard Schudel hat seine ganze Karriere dem Wasser gewidmet. 

In 19 Jahren als Leiter der kantonalen Gewässerregulierung musste er den Kanton Bern durch ein Vielfaches mehr an Hochwassern steuern als seine Vorgänger. Die Leidenschaft hat ihn das nicht gekostet. Wohl aber hat es seinen Blick auf die Gesellschaft geprägt – und auf den Klimawandel. Im März wird er pensioniert.

Schudel empfängt mich im Beamtenbüro, ausgeschlafen. Es ist ein Dienstagmorgen Anfang Oktober. Wenn er sonst mit Journalist*innen spricht, ist Schudel häufig übernächtigt: Weil den Menschen an den Aare- oder Seeufern des Kantons gerade das Wasser in die Tiefgaragen und Wohnzimmer läuft. Und er entscheiden muss, was zu tun sei mit den Schleusen, die den Abfluss der Berner Seen in die Aare steuern.

Bernhard Schudel, wie ist Ihre Beziehung zur Aare?

Die Aare begleitet mich durchs ganze Leben. Die Bänkli an der Aare wissen viel über mich, aber das gehört nicht hierhin. Und seit sie jedes Jahr wärmer wird, gehe ich auch häufiger baden.

Baden in der Aare – können Sie das entspannt tun, ohne immer Ihren Job im Hinterkopf zu haben?

Selbstverständlich, ich gehe ja nicht bei Hochwasser baden.

Wohin fahren Sie lieber in die Ferien: In die Berge oder ans Meer?

Lieber in die Berge.

Also doch nicht immer ans Wasser.

In den Bergen hat es auch Wasser, zum Beispiel in Form von Gletschern. Ich geniesse es, mich auf Gletschern bewegen zu können, solange es sie noch gibt. Es ist dramatisch, wie sie schwinden. 

Was interessiert Sie am Wasser?

Das ist tief verankert. Erstmals richtig gespürt habe ich das Interesse am Wasser als Student, in einem Feldkurs zu Hydrologie. Wir lernten Wasserstände messen und spürten mit farbigen Markierstoffen unterirdische Wasserläufe auf. Damals wurde mir klar: Ich muss mich beruflich mit Wasser beschäftigen. Das Wasser ist so faszinierend!

Was läuft bei der kantonalen Gewässerregulierung ab, wenn in Bern ein Hochwasser droht?

Mit den heutigen, verbesserten Wetterprognosen kann man ein Hochwasser häufig einige Tage voraussehen und frühzeitig reagieren. Wir können heute die Seepegel oft präventiv ein wenig absenken, um Platz für das erwartete Hochwasser zu schaffen. Früher konnte man wegen weniger präzisen Daten die Schleusen erst öffnen, wenn die Seestände bereits anstiegen.

Dann ist Ihr Job ruhiger geworden?

Nein, im Gegenteil. Weil es mehr Extreme gibt, sei es Hochwasser oder Trockenheit, ist viel häufigeres Eingreifen nötig. Ausserdem arbeiten wir oft unter grossem Zeitdruck, wegen der Nähe zu den Bergen. Wir sind quasi am Ursprung der Hochwasser. Wenn es im Oberland sehr stark regnet, ist das Hochwasser innert weniger Stunden hier in Bern. Trotzdem dürfen wir nicht überreagieren und die Seen zu häufig unnötig absenken. Da gäbe es diverse Unzufriedene.

Wen?

Viele Anspruchsgruppen haben Vorstellungen zur Seeregulierung. Wer an den Seen oder an der Aare wohnt, will nicht, dass die Wasserstände zu stark ansteigen. Beide Gruppen haben das gleiche Ziel, aber völlig verschiedene Ansichten, wie es zu erreichen sei: Die Leute an den Seen finden, wir sollten bei steigendem Seepegel bitte sofort alle Schleusen öffnen. Und die Anwohner*innen an der Aare unterhalb des Sees finden, wir sollten doch um Himmelswillen das viele Wasser im See zurückbehalten. 

Und wer hat sonst noch Vorstellungen?

Die Kraftwerke an der Aare wollen einen gleichmässigen Abfluss für eine optimale Stromproduktion. Die Schifffahrt will jederzeit genügend Wasser unter dem Kiel. Aber es darf auch nicht zu viel sein, zum Beispiel in der Aare unterhalb des Bielersees: Ist der Wasserstand dort zu hoch, können die Kursschiffe nicht mehr unter den Brücken durchfahren. Naturschutzkreise hingegen wünschen teilweise grössere Schwankungen der Seestände, wie dies vor den Gewässerkorrektionen der Fall war.

Zur Person und zur Berner Gewässerregulierung

Bernhard Schudel (64) ist seit 2005 Leiter der Abteilung Gewässerregulierung im Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern. Er hat an der Universität Bern Geografie studiert. Danach arbeitete er während gut zehn Jahren in einem Planungs- und Hydrologiebüro, bevor er zum Kanton Bern wechselte.

Die Abteilung Gewässerregulierung im Amt für Wasser und Abfall ist Teil der kantonalen Bau- und Verkehrsdirektion. Sie reguliert die Wasserstände des Brienzer- und Thunersees im Oberland und des Bielersees am Jurasüdfuss. Damit werden auch die Pegel von Neuenburger- und Murtensee sowie die Wasserführung der Aare beeinflusst.

Seit der zweiten Juragewässerkorrektion, die 1973 abgeschlossen wurde, regelt die sogenannte «Murgenthaler Bedingung», wie viel Wasser aus dem Bielersee mit Hilfe des Regulierwehrs Port in die Aare und damit in die Kantone Solothurn und Aargau abgelassen werden darf.

Bei jedem Hochwasser stecken Sie in einem Dilemma: Den See überschwemmen lassen oder das Wasser in die Aare ablassen. Wie gehen Sie mit den unterschiedlichen Interessen um?

Reglemente sorgen für den nötigen Kompromiss. Am Ende machen wir es dann gut, wenn niemand wahnsinnig zufrieden ist mit uns, aber auch niemand richtig wütend.

Wie in der Politik.

Ja, ich finde den Vergleich nicht schlecht. Gewässerregulierung ist eine ständige Suche nach Ausgleich und Konsens. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Kompromiss die beste Lösung ist. 

In den Medien wurden Sie auch schon «Herr der Fluten» genannt. Schätzen Sie die öffentliche Aufmerksamkeit?

Es ist eine Ambivalenz. Ich verstehe das öffentliche Interesse an unserer Tätigkeit. Die Öffentlichkeit und Betroffene haben ein Anrecht zu erfahren, was wir tun und weshalb. Andererseits gibt es mir zu denken, dass heute vieles zugespitzt wird. Wenn beispielsweise der nationale Wetterdienst eine Regenwarnung der Stufe drei (von fünf) für die nächsten Tage herausgibt, dann titeln bestimmte Medien: «Bund kündigt Sintflut an». Das stumpft die Leute ab. Es besteht die Gefahr, dass die Bevölkerung Warnungen mit der Zeit nicht mehr ernst nimmt. 

Bei Ihnen melden sich die Journalist*innen meist erst, wenn das Hochwasser schon da ist.

Das stimmt schon. Immer dann, wenn wir mitten in der Ereignisbewältigung und etwas übernächtigt sind, haben wir an Spitzentagen bis zu fünfzehn Medienanfragen.

Können Sie ruhig schlafen, wenn es regnet?

Nach dem grossen Hochwasser von 2005 habe ich jahrelang bei Regen schlecht geschlafen. Mittlerweile haben wir unseren Dienst ausgebaut und weiter professionalisiert. Dank dem Vertrauen in mein Team schlafe ich heute nur noch in Ausnahmefällen bei Starkregen schlecht. Sofern ich nicht ohnehin auf den Beinen bin.  

Für heute Nacht ist Regen angesagt. Was bedeutet das für Sie?

Gegen Abend wird der Regen einsetzen, und dann wird es die ganze Nacht stark regnen. Das bedeutet für unser Team Nachtdienst. Das wissen wir seit gestern. Deshalb haben wir frühzeitig mit einer leichten Vorabsenkung der Pegel am Bieler- und Thunersee angefangen. Aktuell spricht sich das Team mit den Wetterdiensten und dem Vorhersagedienst des Bundesamtes für Umwelt ab. Mitarbeitende, die heute Nacht arbeiten werden, gehen am Mittag nach Hause, um sich ein wenig auszuruhen. 

Was macht man konkret in so einer Nacht?

Irgendwann heute Nacht wird die Emme, die unterhalb von Solothurn in die Aare fliesst, mit einem kräftigen Hochwasser kommen. Dann müssen wir die Wassermenge der Aare beim Auslauf des Bielersees drosseln. Das muss zum richtigen Zeitpunkt geschehen. Also beobachten wir die Abflussmengen der Emme und anderer Zuflüsse ständig. Das Wasser kann jederzeit ansteigen. Meine Erfahrung zeigt, dass derartige anspruchsvolle Regulier-Operationen fast immer in der Nacht und häufig an Ostern, Pfingsten, Weihnachten oder einfach dann auftreten, wenn unsere Leute auch noch andere Dinge zu tun hätten.

Auf Sie wartet heute aber keine Nachtschicht?

Ich bin seit Jahren der Senior im Team. Eine fixe Schicht werde ich nicht haben. Aber ich trage die Gesamtverantwortung und werde die Entwicklung aus dem Hintergrund mitverfolgen. Das liegt in meinem Naturell.

Bernhard Schudel fotografiert am Montag, 7. Oktober 2024 in Bern. (VOLLTOLL / Manuel Lopez)
Bernhard Schudels Erfahrung zeigt: Hochwasser nehmen spürbar zu, auch im Kanton Bern. (Bild: Manuel Lopez)

Wie stark haben im Kanton Bern die Hochwasser zugenommen?

Hochwasserereignisse haben sich in den letzten 30 Jahren gehäuft. Nehmen wir als Beispiel den Bielersee. Nach Abschluss der zweiten Juragewässerkorrektion zu Beginn der 1970er-Jahre wurde die festgelegte Hochwassergrenze beim Bielersee während 30 Jahren nie überschritten. Seit ich die Verantwortung trage, also seit rund 20 Jahren, hat der See diese Hochwassergrenze bereits fünfmal überschritten: 2005, 2007, 2015, 2021 und 2023.

2005 war das Jahr, in dem Sie ihr Amt angetreten haben.

Im Januar fing ich an, und im August kam das bisher grösste gemessene Hochwasser beim Thunersee. Innert einer Nacht entstanden schweizweit Sachschäden von 3 Milliarden Franken. Die Nacht vom 21. auf den 22. August in der Regulierzentrale vergesse ich nie. Riesige Wassermengen, Schwemmholz vor den Schleusen, weggerissene Messstellen und eine Aare, die durch das Berner Mattequartier floss. Wir waren machtlos, genauso wie viele Einsatzkräfte. Das Wetter und die Naturgewalten machten mit uns, was sie wollten.

Ihre beiden Vorgänger hatten über dreissig Jahre lang keine Überschreitung am Bielersee, und Sie gleich fünf. Böse Zungen könnten sagen: Da wurde einfach schlechter reguliert.

Es gibt sicher Betroffene am Bielersee, die das so sagen oder denken. Aber so ist es nicht. Wir können heute wegen technischer Fortschritte besser und frühzeitiger regulieren. Und trotzdem stellen wir diese Häufung fest. Das zeigt: Heftigkeit und Häufigkeit der Hochwasserereignisse nehmen spürbar zu. 

Auch 2024 scheint ein Jahr der Hochwasser zu sein, wenn man über Bern hinausschaut. Wie blicken Sie darauf zurück?

Sie denken vielleicht an das grosse Hochwasser im September im Grossraum Wien, Deutschland, Tschechien und Polen. Mir kam die Lage dort ähnlich vor wie 2002 beim Elbe-Hochwasser in Deutschland. Ausmass und Häufigkeit der Hochwasser nehmen generell zu. Aber wenn man weit zurückschaut, kamen ähnliche Ereignisse auch schon vor. Allerdings nicht so oft wie heute.

Denken Sie an Ihre Kolleg*innen in anderen Ländern, wenn Sie im Fernsehen Bilder von Überflutungen wie kürzlich aus Österreich sehen?

Sicher, mit einer hohen Achtung für Leute, die in solch schwierigen Situationen Entscheidungen treffen müssen oder direkt an der Front gegen die Wassermassen kämpfen.  

Was ist Ihre Bilanz von fast 20 Jahren Hochwassermanagement: Haben Sie immer richtig entschieden?

Diese Frage beantworte ich gerne indirekt: Beim grossen Hochwasser von 2007 an der Aare unterhalb des Bielersees wurde ein Schuldiger gesucht. Gefunden hat man aber keinen. 

Wer hat einen Schuldigen gesucht?

Es ging durch gewisse Medien wie ein Lauffeuer, dass die Berner an den Überflutungen in den tiefer liegenden Kantonen schuld seien. Ich wusste von Anfang an, dass das nicht stimmt. Es kam einfach zu viel Wasser in sehr kurzer Zeit. Aber der mediale und teilweise auch der politische Druck waren gross. Die Ereignisse wurden dann wissenschaftlich aufgearbeitet durch die betroffenen Kantone, unter der Leitung des Bundesamtes für Umwelt. Das Resultat hat schliesslich alle Gemüter beruhigt. Und, viel wichtiger, substantielle Verbesserungen der Vorschriften und der Zusammenarbeit unter den Kantonen bewirkt.  

Erhalten Sie direkte Nachrichten aus der Bevölkerung?

Ja. 

Von wem kommen die mühsamsten Rückmeldungen?

Es gibt ein paar wenige Personen, die sich regelmässig im Ton vergreifen. Die allermeisten sind aber einfach besorgt oder haben Fragen. Am meisten kommt von Leuten, die sehr nahe am Wasser wohnen und dadurch selbst von Hochwasser betroffen sind. Sie schreiben schon mal, man solle bitte sofort handeln, bei ihnen laufe bald das Wasser ins Schlafzimmer. Wir tun immer, was wir können. Und unsere Arbeit ist sehr transparent. Wenn wir ein Wehr öffnen oder schliessen, ist das sofort in den hydrologischen Daten im Internet ersichtlich. 

Man kann heute das Wetter besser prognostizieren als zu Beginn Ihrer Karriere. Gibt es trotzdem noch Bauernregeln, an die Sie glauben?

Nein. Ich verfolge zwar, was die Muotathaler Wetterschmöcker voraussagen, aber nur, weil ich es lustig finde. Früher haben wir, basierend auf Erfahrungen, noch von der «Hochwassersaison» gesprochen: Man ging davon aus, dass es am Thunersee oder Brienzersee im Winter keine Hochwasser gibt. Das gilt heute nicht mehr in dieser Schärfe. Hochwassersaison ist mittlerweile potenziell das ganze Jahr.   

Weil sich das tatsächlich verändert hat?

Ja, weil es wärmer geworden ist. Wir können nicht mehr davon ausgehen, dass von Januar bis Ende Februar beim Thunersee nichts zu befürchten ist, weil im Oberland alles gefroren ist. 

Wie beurteilen Sie unsere Raumplanung? Bauen wir Strassen und Häuser zu nahe am Wasser?

Schudel nimmt eine Karte hervor. Er zeigt auf das Ufer des Bielersees.

Sie sehen hier: Mit der ersten Korrektion vor 150 Jahren wurde der See zweieinhalb Meter abgesenkt. Dadurch ist ein Streifen Land hervorgekommen. Und was hat man damit gemacht? Anstatt ihn als Pufferstreifen zu belassen, hat man ihn immer mehr überbaut. Am Anfang mit Ferienhäuschen auf Stelzen, weil die Leute damals noch wussten, dass der See kommen kann. Aber dann kam die sogenannte «Katastrophenlücke»: Es gab längere Zeit keine Hochwasser. Dadurch etablierte sich das Gefühl, das Problem sei gelöst. In der Folge wurde man wohl etwas übermütig und baute immer mehr und immer näher zum Wasser. In diesen Gebieten gibt es heute wiederholt grosse Schäden. Bei den anderen Seen ist das ähnlich wie beim Bielersee.

Sie würden heute kein Ferienhaus am Bielersee bauen?

Mit den richtigen Vorsichtsmassnahmen kann man in vielen dieser Gebiete durchaus noch bauen, aber bitte hochwassersicher. Eine Bemerkung dazu erscheint mir wichtig: Es ist zweifellos unangenehm, wenn Anwohner*innen an den Seen das Wasser in die Wohnung läuft. Aber es ist im Vergleich zu Ereignissen an Flüssen oder in den Bergen, wie im Oberland, zumindest nicht unmittelbar lebensgefährlich.

Bernhard Schudel fotografiert am Montag, 7. Oktober 2024 in Bern. (VOLLTOLL / Manuel Lopez)
Nicht immer so friedlich: die Aare im Mattequartier. (Bild: Manuel Lopez)

Hatten Sie mit den Unwettern im Oberland von diesem Frühjahr zu tun?

Die zerstörerischen Wasser- und Gesteinsmassen von Brienz wirken sich kaum auf den Brienzersee aus. Unsere Leute waren aber bei der Bergung und Entsorgung von Schwemmholz auf dem See engagiert.  

Ihr Vorgänger sagte zu Ihnen: So schlimm, wie er es 1999 erlebt habe, werde es Sie nie treffen. Denn so ein Unwetter gebe es nur alle 300 Jahre. Was würden Sie heute zu diesem ehemaligen Kollegen sagen?

Das war damals der Erfahrungsschatz und diese Einschätzung weit verbreitet. Man hielt das Hochwasser von 1999 für einen sehr seltenen Ausreisser. Ich staunte selbst Bauklötze, wie wenig Zeit verging, bis der Thunersee höher stand als damals. 

Was kommt noch auf uns zu?

Die Zeiten, in denen der Klimawandel angezweifelt werden kann, sind definitiv vorbei. Studien zeigen, dass noch wesentlich grössere Hochwasser als 2005 möglich sind. Forschende weisen schon seit mehr als 20 Jahren darauf hin, dass das Wetter extremer wird. Laut Klimawissenschaftler*innen wird die Schweiz noch lange genügend Wasser haben. Aber die Verteilung wird ungleichmässiger und damit zur Herausforderung. Es wird ein Wechselspiel von zu trockenen und zu nassen Perioden geben. Und tendenziell auch mehr Hochwasser im Winter.

Was ist gefährlicher für den Kanton Bern: Hochwasser oder Trockenheit?

Schwierig zu sagen. Wichtig finde ich, dass wir uns im Rahmen des Möglichen auf beides vorbereiten. 

Wie können wir uns darauf vorbereiten?

Der Kanton Bern überarbeitet seine Wasserstrategie. Dabei soll unter anderem auch der Umgang mit Hochwassern und Trockenheit verbessert werden. 

Was würden Sie der Bevölkerung raten? Sollen wir Sandsäcke kaufen?

Kein schlechtes Stichwort, aber bitte nicht kopflos. Wichtig ist, dass die Menschen wissen, ob sie in einem gefährdeten Bereich wohnen und was auf sie zukommen könnte. Mit Gefahrenkarten im Internet kann man sich informieren. Zentral ist auch, Unwetterwarnungen ernst zu nehmen. 

Macht Ihnen der Klimawandel Sorgen?

Langfristig ja. Nicht wegen mir als Einzelperson, ich bin schon zu alt. Doch die globale Dimension und die Geschwindigkeit der Veränderungen geben Anlass zur Sorge. Ich bezweifle, dass es gelingen wird, rechtzeitig Lösungen umzusetzen. Aber ich will auch nicht zu deprimiert sein. Die künftigen Generationen müssen schon mit vielem klarkommen. Ich hoffe auf ihre Anpassungsfähigkeit und auf Innovationen.

Sind Sie froh, kommt jetzt die Pension?

Ich bin hin- und hergerissen. Für mich war und ist meine Tätigkeit mehr Berufung als Job. Aber die Zeit ist reif für neue Ideen.

Ihren Nachfolger*innen werden Sie wohl nicht sagen: So schlimm wie mich wird es euch nicht treffen.

Oh nein, bestimmt nicht. Langweilig wird es ihnen nicht. Sie können sich auf eine spannende Aufgabe freuen.

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Diskussion

Unsere Etikette
Rahel Ruch
05. November 2024 um 11:44

Spannend! Mit diesen Aussichten fragt sich schon, wieso der Kanton die Klimastrategie und den Green New Deal trotz Grossratsbeschluss weiter vertrödelt...

Ruedi Muggli
05. November 2024 um 10:38

Super Interview - die bisherigen Gefahrenkarzen dürften wohl auch mehr stimmen, was meint da Herr Schudel bzw sein Amt?

Rolf Steiner
05. November 2024 um 09:52

vielen Dank für dieses spannende und informative Interwiew und vielen Dank an Bernhard und sein Team für die wertvolle Arbeit

liebe Grüsse Rolf Steiner

Barbora Neversil
05. November 2024 um 08:08

Super spannendes, informatives und differenziertes Interview. Vielen Dank, auch Bernhard Schudel und seinem Team