Köniz, die Willensgemeinde
Ein Zusammenschluss mit Bern ist für Köniz kein Thema. Dabei hat die Gemeinde Vorbildcharakter für Fusionen, findet unsere Kolumnistin.
Auf den ersten Blick könnte man Köniz für eine fusionierte Gemeinde halten: ein grossflächiges Gebiet mit mehreren sehr unterschiedlichen Ortschaften. Oft ein Hinweis für einen Zusammenschluss von ehedem unabhängigen Gemeinden.
Doch von wegen. Zum Thema Fusionen kennen Könizer*innen nur eine Antwort: Nein, Nein und ein bekräftigtes Nein. Bereits 1929 lehnten sie den Vorschlag von Bern zur Eingemeindung in ein Grossbern ab. Und an den Fusionsgesprächen der letzten Jahre rund um die «Kooperation Bern», die inzwischen zur «Kooperation Bern-Ostermundigen» mutierte, beteiligte sich die Gemeinde trotz mehrmaliger Einladung nicht.
1000 Jahre Köniz
Tatsächlich ist die untypische Gemeindeform von Köniz nicht durch Fusionen entstanden. Sondern, stammtischmässig ausgedrückt: So war es schon immer. Die verschiedenen Dörfer gehörten alle zur Kirche Köniz und dem angegliederten Orden der Augustiner Chorherren (Könizer Patriot*innen müssen an dieser Stelle einwerfen: Selbst Bern gehörte damals zu Köniz). Der Ursprung von Köniz reicht der Überlieferung nach bis etwa ins Jahr 930 zurück (Köniz ist älter als Bern).
In den 1930er-Jahren wollte der Ortsverein denn auch das tausendjährige Jubiläum begehen. Wegen der Maul- und Klauenseuche und dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges fand die Feier «1000 Jahre Köniz» aber schliesslich erst im Sommer 1949 statt. Eine Woche lang gab es Festzüge, Konzerte, Vorträge, Ausstellungen und kirchliche Veranstaltungen.
Vielfalt und Zusammenhalt
Durch die lange Geschichte stellte sich den Ortschaften gar nie die Frage, ob sie zueinander gehören wollen. Sie taten es einfach, schon immer.
Würde Niederscherli heute mit Wabern fusionieren wollen, Schliern mit Oberwangen, wären sie nicht schon Ortsteile derselben Gemeinde? Oder wäre dies ebenso chancenlos wie eine Könizer Fusion mit Bern? «Kein Bedürfnis», «kein Handlungsbedarf», «kein Thema», hiess es zu Letzterem jeweils in der Könizer Kommunikation. Köniz arbeite bereits sehr gut mit der Stadt Bern zusammen und es funktioniere gut, so wie es ist.
Die Begründungen erinnern an die Schweizer Haltung, wenn es um den Zusammenschluss mit grösseren Gebilden geht, beispielsweise mit der EU. Passend dazu nannte Gemeindepräsidentin Tanja Bauer Köniz «eine Willensgemeinde, ähnlich wie die Schweiz eine Willensnation ist». Und so wie die Schweiz sich mit ihren vielfältigen sprachlichen und geographischen Regionen brüstet, preist auch Köniz regelmässig die Vielfalt der eigenen Gemeinde.
Damit leben die Könizer*innen eigentlich vor, dass nicht passieren muss, was viele Bürger*innen bei Fusionen befürchten: Dass die Besonderheit ihres Ortes, ihre Identität verloren gehen könnte.
Wie Köniz zeigt, können die einzelnen Ortsteile auch in grösseren Gemeinden ihren Charakter bewahren und ihre Bewohner*innen trotzdem ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entwickeln. Vielleicht nicht zu Beginn, aber spätestens nach 1000 Jahren.
Annatina Foppa hat als freie Journalistin bei der «Berner Zeitung» ein besonderes Interesse an Köniz entwickelt. Den Beruf hat sie vor Jahren gewechselt, die Faszination ist geblieben. Für die «Hauptstadt» rückt sie monatlich die «Nebenstadt» Köniz ins Zentrum.